Schuldenkrise Bittgang Portugals nach Brüssel?

Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen treiben die Wirtschaft und die Regierung in Lissabon an den Abgrund. Die Regierungsparteien streiten, die OECD warnt, es droht als letzter Ausweg der EU-Rettungsfonds.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Proteste in Portugal Quelle: Picture Alliance/DPA

Es ist ein riskantes Kräftemessen, das sich die Köpfe der beiden größten politischen Parteien in Portugal derzeit liefern. Ende dieser Woche muss Premierminister José Sócrates dem Parlament das Budget für 2011 vorlegen. Aber bisher fehlt seiner Minderheitsregierung die Unterstützung der Opposition, die nötig ist, um den Sparhaushalt im Parlament durchzubringen. Pedro Passos Coelho, Chef der konservativen PSD, hatte zwar das vorige Sparpaket im Mai noch unterstützt. Doch jetzt stellt er sich quer – und das macht die Anleger nervös.

Investoren fürchten, dass es die Regierung nicht schafft, das hohe Defizit von mehr als neun Prozent im vergangenen Jahr wie versprochen bis 2012 auf unter drei Prozent zu senken – und zugleich noch die Wirtschaft in Schwung zu halten. Die Risikoaufschläge auf Portugals Staatsanleihen stehen auf Rekordhöhe, für zehnjährige Anleihen zahlte das Land zuletzt mehr als sechs Prozent Zinsen, fast vier Prozent mehr als die Bundesrepublik.

Rentenerhöhung fällt aus

Um die Finanzmärkte zu beruhigen, präsentierte die Regierung vergangene Woche schon mal Details des Etatentwurfs. Zum dritten Mal in diesem Jahr hatte der sozialistische Regierungschef den Staatshaushalt kräftig zusammengestrichen. Nächstes Jahr will er die Renten von rund 2,3 Millionen Portugiesen einfrieren. Die Gehälter von 675 000 Staatsbediensteten sollen um durchschnittlich fünf Prozent sinken, die Mehrwertsteuer erneut um zwei Punkte auf stolze 23 Prozent steigen. Eine Finanzmarktsteuer ist geplant.

Portugals Haushaltsdefizit muss schrumpfen

„Je höher die Steuern sind, desto mehr wächst die Schattenwirtschaft, die jetzt schon 30 Prozent ausmacht“, warnt José Alves de Silva, Präsident des Nationalen Mittelstandverbands. Doch Portugals Haushaltsdefizit muss 2011 auf 4,6 Prozent des BIPs schrumpfen. Um im Übrigen in diesem Jahr noch das Haushaltsziel von minus 7,3 Prozent einzuhalten, legt die Regierung Hand an die Rentenfonds des halbstaatlichen Konzerns Portugal Telecom. Das spült mal kurz 2,6 Milliarden Euro in die Kasse.

„Die Sparmaßnahmen sind jetzt angemessen“, lobt Tullia Bucco von UniCredit. Doch bisher verweigert die größte Oppositionspartei PSD, die der Regierung ideologisch noch am nächsten steht, ihre Unterstützung für weitere Steuererhöhungen.

Inhalt
  • Bittgang Portugals nach Brüssel?
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%