Abstimmung im Bundestag Fondslobby gegen stärkere Regulierung

Die großen Verbände drängen drei Tage vor der Abstimmung im Bundestag auf eine weitere Entschärfung der Regeln für Investmentfonds. Unter anderem soll der Freibetrag für Investoren von 30.000 Euro gekippt werden.

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Die Investment-Lobby drängt auf eine Entschärfung der Regeln. Quelle: dpa

Frankfurt Vor der Abstimmung des Bundestages über eine strengere Regulierung von Investmentfonds in Deutschland dringen die großen Verbände auf eine weitere Entschärfung der Regeln. Im Mittelpunkt stehen abermals die Offenen Immobilienfonds, wie aus Stellungnahmen der Branche vor der für Mittwoch angesetzten öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss hervorgeht. Er wird sich mit dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie für Anbieter Alternativer Investmentfonds (AIFM) beschäftigen, die bis zum Sommer in nationales Recht gegossen werden muss. Zwar ist ein Verbot neuer Offener Immobilienfonds inzwischen vom Tisch. Doch der Fondsverband BVI und die Deutsche Kreditwirtschaft, in der die Banken zusammengeschlossen sind, stören sich an den strikten Haltefristen, die nach ihrer Einschätzung vor allem die Kleinsparer von den Produkten fernhalten dürften.

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen Offene Immobilienfonds künftig neue Anteile nur noch vier Mal im Jahr ausgeben dürfen, nicht mehr börsentäglich. Die Rücknahme von Fondsanteilen soll sogar auf einmal jährlich begrenzt werden, damit die Vehikel nicht mehr durch anhaltende größere Abflüsse in existenzbedrohende Schieflagen kommen können. „Bislang kann an circa 250 Tagen im Jahr Geld in die Fonds fließen. Eine Beschränkung auf vier Tage würde den Zugang behindern und das Liquiditätsmanagement des Fonds unnötig belasten“, kritisierte BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. „Dabei hat sich in der Krise gerade das Liquiditätsmanagement als die zentrale Herausforderung erwiesen.“

SORGE VOR ZWEI-KLASSEN-GESELLSCHAFT

Auch den Freibetrag von 30.000 Euro will die Regierung für neue Investoren kippen. Nach den bisherigen, gerade erst eingeführten Regeln können Anleger diese Summe pro Kalenderhalbjahr ohne Berücksichtigung von Mindesthalte- und Kündigungsfristen zurückgeben. Denn Schwierigkeiten machten den Fonds seit der Finanzkrise nicht etwa die Kleinsparer, sondern milliardenschwere Abflüsse institutioneller Gelder. Der BVI befürchtet dennoch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, sollte das AIFM-Umsetzungsgesetz in der jetzigen Form Wirklichkeit werden und nach alten und neuen Anlegern, nicht aber nach alten und neuen Fonds unterscheiden: „'Altfonds' müssen vollen Bestandsschutz erhalten. Ansonsten würden Anleger in ein und demselben Fonds ungleich behandelt“, erklärte Richter. „Die einen könnten bis 30.000 Euro im Halbjahr sofort raus, die anderen erst nach einem Jahr.“ Die Abflüsse wären am Ende wahrscheinlich größer als die Zuflüsse. „Die Fonds würden mehr oder weniger schnell austrocknen. Aus vitalen Produkten mit insgesamt 61 Milliarden Euro Volumen würden Nischenprodukte.“

Ähnlich sieht es die Deutsche Kreditwirtschaft: "Eine derartige Ausgestaltung der gesetzlichen Anforderungen wäre für die Kleinanleger mit erheblichen Nachteilen verbunden", hieß es in der Stellungnahme der Banken. „Offene Immobilienfonds würden damit erheblich an Attraktivität für diese Anlegergruppe verlieren. Dies kann nicht gewollt sein.“

Mit dem AIFM-Regelwerk brauchen künftig alle Arten von Investmentfonds und deren Verwalter eine Zulassung der Finanzmarktaufsicht. Dafür müssen sie ein angemessenes Risikomanagement nachweisen und umfassende Transparenzpflichten erfüllen. Die Politik will als Lehre aus der Krise keinen Finanzmarktakteur mehr unbeaufsichtigt lassen. Betroffen sind neben Immobilienfonds auch Private-Equity-Fonds und Hedgefonds. Allerdings setzen manche EU-Staaten die Beschlüsse forscher um als andere. Deutschland etwa will Privatanleger aus Hedgefonds aussperren, um sie vor Verlusten zu schützen. Das will der Bundesverband Alternative Investments (BVAI) verhindern, wie er in seiner Stellungnahme bekräftigte: „Diese Anlegergruppe wird faktisch von modernen Anlagestrategien ausgeschlossen und dadurch bei der effektiven Streuung ihrer Vermögensanlagen behindert.“

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