Adler Modemärkte "Steilmann ist für uns nicht systemrelevant"

Lothar Schäfer, Chef der Adler Modemärkte, erklärt im Interview, wieso ihn die Pleite des Großaktionärs Steilmann nicht trifft und wie Adler trotz des widrigen Umfelds in der Modebranche wachsen soll.

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Lothar Schäfer Quelle: PR

WirtschaftsWoche: Herr Schäfer, Ihr Großaktionär Steilmann ist pleite – in welchen Bereichen trifft das Adler?

Steilmann ist für uns nicht systemrelevant – allerdings ist Steilmann mit seinen Marken für uns ein Lieferant. Und für den Einkauf in Asien nutzen wir die Steilmann-Tochter NTS. Dieses Jahr haben wir dort Ware im Wert von 20 Millionen Euro bestellt, das ist wenig. Selbst wenn es zu Problemen mit der Belieferung käme, können wir relativ schnell auf die Metro Group Buying MGB umstellen, bei der wir bereits jetzt deutlich mehr einkaufen.

Laut Geschäftsbericht 2015 schuldet Steilmann Adler noch eine Million Euro und Sie schulden Steilmann 3,3 Millionen Euro – wie ist der Stand heute?

Das waren Forderungen gegenüber Steilmann etwa aus einem Filialverkauf. Die Forderungen wurden Anfang des Jahres beglichen. Wir haben nach wie vor Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber Steilmann im geschäftsüblichen Rahmen.

Zur Person

Die Steilmann-Zahlung kurz vor der Pleite könnte der Insolvenzverwalter anfechten – müssten Sie dann Geld zurückzahlen?

Inwieweit das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters greift, bleibt abzuwarten. Derzeit rechnen wir damit nicht.

Sie sind bei Adler für Übernahmen zuständig. Interessieren Sie sich für Teile von Steilmann?

Einzelne Standorte der zu Steilmann gehörenden Boecker-Modehäuser würden gut in unser Filialnetz passen. Außerdem verkauft sich die Kleidermarke Steilmann in unseren Läden gut. Für uns wären daher die Rechte an der Marke Steilmann interessant.

Haben Sie sich schon beim Insolvenzverwalter gemeldet?

Wir haben Gespräche geführt. Für uns ist es wichtig, dass wir weiter Ware von Steilmann bekommen. Findet der Insolvenzverwalter einen Investor, der den gesamten Konzern kauft, wäre mir das am Liebsten. Wir haben dem Verwalter daher zugesagt, dass wir weiter Kunde von Steilmann bleiben.

Anleger mit Steilmann-Anleihen

Steilmann hat seine Adler-Aktien an Anleger mit Steilmann-Anleihen verpfändet. Die Aktien, stolze 53 Prozent aller von Ihnen ausgegebenen Anteile, liegen in einer Gesellschaft, an der auch ein Finanzinvestor beteiligt ist. Er hat sich für den Fall der Steilmann-Pleite fünffache Stimmrechte gesichert. Was heißt das für Adler?

Die Situation ist für uns nicht relevant. Es entzieht sich auch meiner Kenntnis, wer aktuell Zugriff auf die Aktien hat. Relevant wäre es erst, wenn sich an den Besitzverhältnissen etwas ändert.

Dann könnte Ihr Aktienkurs unter Druck kommen...

Ja, aber daran wird keiner Interesse haben. Wahrscheinlicher wäre, dass größere Pakete an Investoren verkauft werden. Vielleicht bekommen wir aber auch einen höheren frei gehandelten Aktienanteil. Das wäre für unser Unternehmen okay.

Ihre Dividendenpolitik war in den letzten Jahren großzügig, Ihre Dividendenrendite liegt um die fünf bis sechs Prozent. Halten Sie diese Politik aufrecht?

Unsere künftige Politik hängt davon ab, wer neuer Großaktionär wird und welche Anforderungen der stellt. Grundsätzlich wollen wir unsere Dividendenpolitik beibehalten. Für das Geschäftsjahr 2015 zahlen wir wie im vergangenen Jahr 50 Cent.

Ihr Ergebnis pro Aktie lag 2014 bei 77 Cent, 2015 waren es nur noch 43. Zahlen Sie Dividende dieses Jahr aus der Substanz?

Bezogen auf den Einzelabschluss zahlen wir die diesjährige Dividende nahezu vollständig aus dem in 2015 erwirtschafteten Ergebnis. Die von Ihnen genannten 43 Cent beziehen sich auf das Konzernergebnis.

2015 ist Ihr Umsatz auch durch Übernahmen gewachsen – was steht da aktuell an?

Wir sind immer im Gespräch mit Unternehmen, die sich von Beteiligungen trennen wollen. Und wir halten immer Ausschau nach eigentümergeführten Fachhändlern. In Deutschland haben viele ein Nachfolgeproblem. In den nächsten Jahren stehen einige Fachhändler zum Kauf. Die sprechen wir gezielt an. Oft sind das die Platzhirsche in kleinen und mittleren Städten. Wenn die sich zur Ruhe setzen, stimmt auch das Alter der Kundenstruktur – denn wer bei uns kauft, ist im Schnitt 60 Jahre alt.

Kleinere Übernahmen

Gibt es ein namhaftes Unternehmen, mit dem Sie im Gespräch sind?

In der Pipeline sind kleinere Übernahmen; denkbar wäre aber auch eine größere mit einem dreistelligen Millionen-Umsatz. Von der Finanzkraft her wären wir in der Lage, einen zweistelligen Millionenbetrag zu finanzieren. Aber wir sind in keiner finalen Verhandlung. Der Mode-Markt ist ja gerade nicht einfach und da ist es vielleicht gut, noch zu warten.

Warum lag Ihr Verlust Im ersten Quartal bei 15 Millionen Euro?

Auch wir sind nicht verschont geblieben vom milden Winter. Schaut man sich die Situation mit Schnee und Hagel noch Ende April an, ist dies nicht gut für die Branche. Wetterbedingt liegen wir daher im ersten Quartal noch zurück. Wir rechnen in diesem Jahr allerdings mit einem soliden, kleinen Wachstum. Ich bin guter Dinge, dass wir uns im derzeitigen Markt gut behaupten.

Welchen Umsatz planen Sie 2016 und welchen Gewinn?

Der Umsatz soll mit einem einstelligen Prozentwert wachsen, im unteren Bereich. Das wollen wir schaffen, indem wir neue Läden eröffnen und auf der bisherigen Verkaufsfläche mehr absetzen. Unser Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, das Ebitda, soll dabei überdurchschnittlich zum Umsatz wachsen – und zwar im oberen einstelligen Prozentbereich. Beim Gewinn wollen wir uns ein bisschen mehr steigern als beim Umsatz. 2015 lag der Konzernjahresüberschuss bei 7,9 Millionen Euro.

Wie kurbeln Sie den Umsatz an?

Wir haben zum Beispiel funkgesteuerte Chips eingeführt. Diese RFID-Chips sind an jedem Kleidungsstück angebracht und optimieren Bestell- und Nachfüllprozesse. Der Umsatz mit Ware, die immer verfügbar sein muss, konnte zum Beispiel um drei Prozent gesteigert werden. Unsere Verkäufer wissen dadurch nicht nur, welche Kleidungsstücke sie nachfüllen müssen – wir sehen auch, welches Teil wie häufig in der Kabine anprobiert aber nicht gekauft wird. So können wir unser Sortiment optimieren. Intelligente Spiegel in der Kabine erkennen außerdem, wenn ein Kunde etwa mit einer roten Bluse in die Kabine geht. Der Spiegel zeigt dann zum Beispiel, welche Hose zu der roten Bluse passt, die eine Kundin gerade anprobiert. Per Knopfdruck kann sie diese dann anfordern – und schon bringt ein Verkäufer die Ware in die Kabine. Wir testen das System gerade, wollen das aber flächendeckend einführen.

Vorerst ist Ihr Aktienkurs angesichts der schlechten Lage in der Branche unter die Räder gekommen. Nutzen Sie das jetzt und kaufen Sie Adler-Aktien?

Sagen wir mal so: Ich habe noch nie welche verkauft. Insgesamt habe ich aber bereits einen ordentlichen Anteil gekauft, sodass ich bereits gut dabei bin.

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