Schlechte Nachrichten für den norwegischen Finanzminister: Der Energiekonzern Statoil leidet unter den niedrigen Ölpreisen und lässt dafür jetzt auch die Aktionäre bluten. In diesem und dem kommenden Jahr dürfen sie statt einer Bardividende alternativ Aktien des Unternehmens wählen. Was wie ein nettes Zusatzangebot klingt, ist in Wahrheit ein Akt der Verzweiflung: Statoil will irgendwie gleichzeitig die Geldreserven schonen und dennoch die Dividende nicht senken. Genug Gründe für eine Senkung gäbe es: Am Donnerstag gab der Konzern bekannt, dass der Umsatz 2015 um mehr als ein Drittel gefallen ist. Statoil machte 4,7 Milliarden Dollar Verlust, nachdem es im Vorjahr noch 3,5 Milliarden verdient hatte. Das Unternehmen gehört zu zwei Dritteln dem Staat Norwegen. Und wenn es blöd läuft, bekommt der demnächst 15,4 Milliarden Kronen (etwa 1,6 Milliarden Euro) weniger Dividende von Statoil überwiesen als noch 2014.
Schwere Zeiten für Ölanleger
Der Ölpreis fällt inzwischen seit gut anderthalb Jahren mehr oder weniger rasant und immer drastischer schlägt das auch auf die Bilanzen Ölmultis durch. Am Donnerstag präsentierte neben Statoil auch die britisch-niederländische Shell ihre Jahreszahlen – und die sahen nicht viel besser aus.
Der Umsatz bei Shell sank um knapp 40 Prozent, der Gewinn brach noch dramatischer um fast 90 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar ein. Pro Aktie bleiben nach 2,36 Dollar im Vorjahr diesmal nur 30 US-Cent. Schuld ist natürlich der niedrige Ölpreis – aber auch die Unternehmen selbst. Denn dass der Gewinn etwa bei Shell oder Statoil so heftig einbrach, lag nur zum Teil daran, dass das Unternehmen weniger Geld für das geförderte Öl bekam und dadurch der operative Gewinn kleiner wurde.
Abschreibungen drücken das Ergebnis
Satte 7,4 Milliarden Dollar Verlust entstanden, weil Shell im dritten Quartal außerplanmäßig abschreiben musste. Denn der Wert etwa der Öl- und Gasreserven in den Bilanzen der Konzerne hängt vom Ölpreis ab. Fällt der, sinkt auch der Wert des Unternehmensvermögens. Unternehmen müssen diesen Wert also berichtigen, wenn er nicht mehr stimmig ist. Viele Ölmultis hatten sich allerdings in der Hoffnung auf höhere Preise lange davor gedrückt. Das mussten Shell und Statoil nun angesichts des weiteren Preisverfalls nachholen – und einen Minigewinn respektive einen Verlust ausweisen.
Trotzdem ist Shell bei Analysten die beliebteste Ölaktie: 18 von 27 raten zum Kauf, nur zwei zum Verkauf. Wer sich den Chart der Briten anschaut, ahnt, warum: Die Aktie wurde deutlicher heruntergeprügelt als alle Konkurrenten, aktuell ist Shell an der Börse weniger wert als die Summe seiner Einzelteile. Für einen Euro Unternehmensvermögen zahlen Anleger 82 Cent. So billig ist kein anderer westlicher Ölkonzern. Auch die Dividendenrendite erscheint mit über sieben Prozent äußerst attraktiv. Der Spottpreis hat allerdings auch seine Gründe: Shell hat im vergangenen April bekannt gegeben, den Flüssiggas-Konzern BG zu übernehmen – für 47 Milliarden Pfund (etwa 61 Milliarden Euro). Der Kauf lässt die Schulden steigen und belastet daher die Bilanz.
Außerdem ist unsicher, ob tatsächlich die erhofften Synergien erzielt werden können oder die Elefantenhochzeit erstmal nur weitere Kosten verursacht. Die Börse jedenfalls ist skeptisch: Seit der Deal bekannt gegeben wurde, sackte der Shell-Anteilsschein dramatisch ab. Trotzdem kostet die Aktie noch den 74-fachen Nettogewinn der vergangenen zwölf Monate. Das ist eigentlich viel zu teuer, relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass dafür auch die oben erwähnte Riesen-Abschreibung verantwortlich ist. Dieser Effekt sollte sich im laufenden Jahr zwar nicht wiederholen. Dennoch taugt die Aktie nur für spekulative Naturen.