Anleger versuchen meist, Übernahmekandidaten möglichst früh zu kaufen, um von Kurssteigerungen zu profitieren. "Sie glauben: Ist die Nachricht erst mal im Markt, dann sind auch die Kursgewinne schon gemacht", sagt Schlote von Solventis, "aber das stimmt so nicht." Es kann sich auch lohnen, bei bereits laufenden Übernahmeversuchen noch einzusteigen.
„Das Übernahme-Karussell dreht sich immer schneller“
Schlote hat 38 Übernahmen von 2011 bis 2013 untersucht. Anleger verdienten im Schnitt 20,8 Prozent, obwohl erst nach einem Übernahmeangebot gekauft wurde. Bei einigen lag die Rendite über 100 Prozent, etwa bei Heiler Software. Schlote: "Es gibt zwar ein Restrisiko, dass ein Übernahmeversuch scheitert, wie etwa beim Klinikkettenbetreiber Rhön, und der Kurs dann wieder in sich zusammenfällt; aber die meisten Übernahmen gelingen." Und: Fast immer laufen die Aktien der Ziele auch dann noch gut, wenn die Börse in schwieriges Fahrwasser gerät. "Strategische Firmenkäufer lassen sich nicht so leicht von ihren Zielen abbringen", so Schlote.
Bahntechnik im Visier
Interessant sind auch Spekulationen mit Aktien von Unternehmen, an denen Großaktionäre bereits größere Pakete halten. Mit Vossloh zum Beispiel. Die Sauerländer sind führend in der Bahntechnik. Die Branche wächst stark, bevölkerungsreiche Schwellenländer wie Indien und China bauen ihre Bahnnetze aus. Großaktionär Heinz Hermann Thiele überschritt erst Anfang März die Schwelle von 30 Prozent der Vossloh-Aktien. Er muss laut Gesetz den übrigen Vossloh-Aktionären ein Kaufangebot machen. Bislang bietet Thiele ihnen nur den gesetzlichen Mindestpreis, derzeit knapp 49 Euro. Dabei kommt ihm zupass, dass der Vossloh-Kurs gerade im Keller ist. Obwohl Thiele Komplett-Übernahmepläne stets dementiert (WirtschaftsWoche 51, 2013), kann es gut sein, dass er noch einmal nachlegen muss und sein Angebot erhöht. Thiele, der bereits Vossloh-Aufsichtsratschef ist und den kompletten Vorstand austauschte, könnte die Hauptversammlungsmehrheit anstreben. Dazu braucht er 40 bis 45 Prozent der Vossloh-Aktien.
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
Selbst Übernahmen, die seit Jahren laufen, können sich für Anleger noch auszahlen. Seit 2011 ist VW am Lkw-Bauer MAN dran, will die eigene Lkw-Sparte mit MAN und der VW-Tochter Scania zusammenlegen. Weil VW 75 Prozent an MAN hält, hat der Konzern mit den Münchnern einen Beherrschungsvertrag abgeschlossen. MAN-Aktionären muss VW seither 3,07 Euro je Aktie Garantiedividende bezahlen.
Noch nicht das letzte Wort
Das letzte Angebot VWs lag mit 80,89 Euro zwar unter dem aktuellen Kurs. Aber es sichert die MAN-Aktie ab: Unter das derzeit geltende Kaufangebot wird der Kurs kaum fallen. "Gut möglich ist, dass VW noch mal nachlegt", sagt Dirk Sammüller, Manager des TBF Special Situations Fonds, der auf laufende Übernahmen spezialisiert ist. "Oft klagen die Minderheitsaktionäre auf eine höhere Barabfindung. Die Chance ist gut, dass ein Gericht den MAN-Aktionären diese dann zuspräche." In den vergangenen Jahren sei dies in mehr als 80 Prozent Verfahren der Fall gewesen. Und wenn nicht? Dann kassieren MAN-Aktionäre immerhin noch knapp vier Prozent Dividendenrendite - garantiert. Allemal besser als nichts, in Zeiten von Null- und Strafzinsen.