Aktien für mehr Schutz Börsenboom für die Sicherheitsbranche

Einbrüche, Terrorangriffe und Cyberattacken bescheren Sicherheitsunternehmen volle Auftragsbücher. An der Börse entwickelt sich das Geschäft mit dem Schutz überdurchschnittlich. Mit welchen Aktien Anleger profitieren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Sicherheitsbranche boomt Quelle: Collage

Sicherheit kostet Geld. Das mag angesichts der Toten und Verletzten durch den Anschlag in Berlin am vergangenen Montag kalt und zynisch klingen. Zu frisch ist die Trauer um die Opfer. Doch die Diskussion um die Verantwortung des Staates und der Steuerzahler hat längst begonnen. CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte kurz nach dem Anschlag in einem Fernseh-Interview: „Wir werden über eine bessere personelle Ausstattung der Polizei nachdenken müssen.“ Er kritisierte, dass einige Bundesländer in den vergangenen Jahren Stellen bei der Polizei abgebaut hätten.

Tatsächlich haben einige Bundesländer die Zahl der Sicherheitskräfte reduziert, andere haben sie dagegen aufgestockt. Unter dem Strich gab es im vergangenen Jahr bundesweit nicht weniger Polizisten als 2014.

Mehr Personal allein wird allerdings nicht reichen. Oft können mutmaßliche Attentäter nicht identifiziert werden, weil Filmaufnahmen fehlen und Zeugenaussagen zu ungenau sind. So forderte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bereits Monate vor dem Attentat in Berlin die Videoüberwachung im öffentlichen Raum auszuweiten. Schon jetzt kontrollieren mehrere Hunderttausend Kameras in Deutschland Plätze, Bahnhöfe oder Einkaufscenter.

Freiheitsliebende Menschen sind beunruhigt. Experten zweifeln, ob allein mehr Kameras Terroranschläge und Kriminalität verhindern können. Solche Bedenken werden den Ausbau der Sicherheitstechnik jedoch nicht aufhalten. Zu groß ist der Wunsch, Bedrohungen kontrollierbar zu machen oder sie zumindest einzudämmen. In Westeuropa soll der Markt für Sicherheitstechnik laut einer Studie des Hamburger Weltwirtschafts Instituts bis 2020 von derzeit 85 auf 146 Milliarden Dollar wachsen.

Auch diffuse Ängste treiben den Boom an. „Nach den Straftaten am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht 2014/2015 hat der Verkauf von Reizgas und Schreckschusspistolen deutlich angezogen“, sagt der Frankfurter Waffenhändler Andreas Engels. Die Angst vor Gewalt breitet sich aus: Laut einer Allensbach-Umfrage fürchten 74 Prozent der Deutschen Terroranschläge, 82 Prozent eine Zunahme der Kriminalität.

Die Furcht der Bürger ist verständlich. Schockstarre wird die Sicherheitslücken jedoch nicht schließen. Investitionen sind nötig, um die Infrastruktur an die neuen Bedrohungen anzupassen. Dieses Geld wird in Produkte innovativer Unternehmen fließen. Nicht verwunderlich, dass Aktien der Sicherheitsindustrie an der Börse hoch gehandelt werden. So legte der Branchenindex SGI Global Security in den vergangenen zwei Jahren um 27 Prozent zu. Zum Vergleich: Der Industrieländer-Aktienindex MSCI Welt stieg im gleichen Zeitraum nur um zwei Prozent.

Sicherheitstechnik mit reichlich Renditepotenzial

Wem als Anleger einzelne Titel zu riskant sind, der kann über aktiv gemanagte Fonds oder Indexfonds einsteigen. Vorteil: Viele innovative Sicherheitsunternehmen sind so klein, dass jede Nachricht, ob positiv oder negativ, ihren Aktienkurs heftig schwanken lässt. In einem Fonds-Portfolio mit Dutzenden von Aktien lassen sich solche Ausreißer besser abfedern.

Bei der Auswahl der richtigen Aktien aus der Sicherheitsbranche sind zwei Kriterien besonders wichtig: politischer Einfluss und technologischer Vorsprung. Die Politik schafft Gesetze – wie den Ausbau der Videoüberwachung in Deutschland – und sorgt so für zusätzliches Geschäft. Sie kann Unternehmen aber auch schaden: Die US-Regierung entschied im August, auf private Bundesgefängnisse zu verzichten. Die Kurse der Knastbetreiber GEO Group und Corrections Corporation brachen ein. Jetzt, nach dem Sieg von Donald Trump, könnte die Wende kommen. Vorsorglich hatte die GEO Group vor der Wahl schon mal 100.000 Dollar für Trumps Kampagne gespendet.

Schlösser gegen Einbrecher

Von der Politik fast unberührt sind die Hersteller privater Sicherheitstechnik für zu Hause. Derzeit geben die Deutschen pro Jahr 3,7 Milliarden Euro dafür aus. Es dürfte mehr werden. Viele Wohnungsbesitzer sind durch Einbrüche aufgeschreckt: 160 000 im vergangenen Jahr. 2010 waren es nur 120.000. Das schwedische Unternehmen Assa Abloy profitiert. Es stellt Schlösser und Schließanlagen her. Nach langer Kursrally gerieten die Schweden jüngst aber unter Druck, weil Chinas Wirtschaft lahmt. Aktionäre fürchten, dass im Reich der Mitte – mit 9,5 Prozent Umsatzanteil 2015 – weniger Immobilien gebaut werden. Inzwischen ist die China-Angst wieder abgeflaut.

Das sind die Geheimcodes der Einbrecher
Am Fensterbrett, der Türklingel oder der Hauswand: Einbrecher, Betrüger oder Bettler benutzen gerade in Städten mit hohen Wohnungseinbruchzahlen häufig diese Art der Kommunikation. So teilen Diebesbanden ihresgleichen mit, wo etwa nichts zu holen ist, wo ein bissiger Hund das Grundstück bewacht oder wo nur Frauen im Haus sind. In den vergangenen Monaten werden vermehrt diese aus dem 12. Jahrhundert stammenden „Gaunerzinken“ in deutschen Städten, etwa Berlin entdeckt, teilt die Deutsche Polizeigewerkschaft mit. Quelle: dpa
„Hier gibt es Geld“ Quelle: Handelsblatt
„Achtung, bissiger Hund“ Quelle: Handelsblatt
„Abhauen“ Quelle: Handelsblatt
„Leute rufen Polizei“ Quelle: Handelsblatt
„Nur Männer im Haus“ Quelle: Handelsblatt
„Gefährlich; Hände weg“ Quelle: Handelsblatt

Terroranschläge sind zwar weit weniger häufig als Wohnungseinbrüche, verursachen aber höhere Schäden: 2014 sollen es weltweit 53 Milliarden Dollar gewesen sein. Um die Kosten einzudämmen, versuchen Staaten, Gewalttäter abzuschrecken. An dieser Stelle setzt das US-Unternehmen OSI Systems mit Geräten zur elektronischen Personen- und Gepäckkontrolle an. Es übertraf zuletzt die Erwartungen der Anleger und profitiert immer dann, wenn mehr Fluggäste unterwegs sind.

Auch in der digitalen Welt gibt es unerwünschte Gäste. Hacker richten großen Schaden an. Die Vernetzung ihrer Maschinen macht Unternehmen anfälliger für Angriffe. „Die Sicherheitsinfrastruktur hinkt der Digitalisierung hinterher, jetzt besteht Nachholbedarf“, sagt Patrick Kolb, Fondsmanager bei Credit Suisse Asset Management. Laut der Unternehmensberatung Gartner werden Unternehmen dieses Jahr weltweit 82 Milliarden Dollar für IT-Sicherheit ausgeben, 7,9 Prozent mehr als im Vorjahr.

Zu den Spezialisten für Netzwerksicherheit gehört Palo Alto Networks. Anders als die Wettbewerber schließen die Kalifornier größere Deals mit mehr Gewinn je Kunde ab. Hauptgrund ist die derzeit technologisch führende Firewall, die digitale Angriffe von außen abhält. Zudem hat Palo Alto einen hohen Anteil stetiger Softwareabogebühren. Und was die Kunden absichern soll, sichert auch den Gewinn des Unternehmens.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%