Aktien So gewinnen Anleger mit der zweiten Reihe

Seite 2/5

„Geld machen“

Großküchenherde Rational Quelle: AP

„Gefragt sind in dieser Phase vor allem Unternehmen, die noch wachsen, wenn die Konjunktur nicht mehr läuft“, sagt Conzatti. Beispiele dafür sind der Weltmarktführer für Großküchenherde, Rational, dessen Aktie allerdings schon sehr stark gestiegen ist, oder der Medizin- und Atemschutztechniker Dräger – Krankenhäuser und Feuerwehren investieren weitgehend konjunkturunabhängig.

Schwerer haben es extrem konjunktursensible Werte, so etwa der Bauzulieferer Bauer, Stahlhändler Klöckner oder Autovermieter Sixt: „Ihnen gewährt die Börse kaum eine Prämie auf den Buchwert“, sagt Martin Wirth, Fondsmanager bei FPM in Frankfurt. Anleger bezahlen also nur die Maschinen, Immobilien und Fahrzeuge minus der Schulden. „Wer bereit ist, das Risiko zu tragen, könnte Geld machen, wenn die Konjunktur nicht so stark einbricht wie erwartet“, sagt Wirth.

Generell gilt, dass Nebenwerte-Anleger einen noch längeren Atem brauchen als Dax-Aktionäre. Der Kölner Dachfondsmanager Eckhard Sauren sieht deutsche Nebenwerte gar als Ewigkeits-Posten im Depot: „Wir haben Small-Cap-Fonds eigentlich durchgängig in den Depots, weil gute Fondsmanager bewiesen haben, dass sie mit ihnen langfristig einen Mehrwert gegenüber Standardaktien erzielen.“

Diagramm: Kleine Langfristig klar im Vorteil... Quelle: Thomson Reuters

Von Börsenstimmungen und politischen Wirren lassen sich erfahrene Nebenwerte-Manager gewöhnlich nicht irritieren – zumindest so lange nicht, wie plötzlich abfließende Anlegergelder sie nicht zu Verkäufen zwingen. Frank Lübberstedt vom Lübecker Researchhaus Ehrke & Lübberstedt und Berater des Aktienfonds Acatis Aktien Deutschland ELM, gibt zu, dass er gar nicht beurteilen kann, ob der Markt weiter steige oder falle. „Das erwarten meine Investoren auch nicht von mir. Ich versuche meine Hausaufgaben bei den von mir analysierten Unternehmen gut zu machen.“ Wenn Lübberstedt den Eindruck hat, eine Aktie könnte günstig zu haben sein, wühlt er sich unter anderem durch die Bilanz des Unternehmens, um dessen fairen Wert aufzuspüren. „Ich fühle mich wohl, wenn er 30 bis 50 Prozent über dem aktuellen Börsenkurs liegt.“

Von den 40 Unternehmen im Acatis-Portfolio haben derzeit zwei Drittel mehr Geld auf dem Konto als Verbindlichkeiten bei einer Bank. Erfüllt ein Unternehmen allerdings die Erwartungen an die operative Entwicklung nicht, fackelt Lübberstedt nicht lange und stellt die Aktie zum Verkauf: „Das war immer richtig, danach entwickeln sie sich meist nur unterdurchschnittlich.“

Wer passt ins Beuteschema?

Ihre kleinen Werte halten die Fondsmanager genau im Blick, weil es sonst nur wenige tun: Banken verdienen mit Nebenwerten nicht viel im Börsenhandel und haben deshalb kaum Analysten auf sie angesetzt. Neue Informationen gelangen nicht so schnell in den Markt und fließen erst mit Verzögerung in den Aktienkurs ein. Christian Struck, Aktienexperte bei Discover Capital in Augsburg, achtet deshalb verstärkt auf Aktienkäufe und -verkäufe von Unternehmensinsidern. „Man erkennt gleich, dass ein Vorstand nur tolle Geschichten erzählt, aber nicht an die eigene Story glaubt, wenn er selbst Aktien verkauft“, sagt er.

Diagramm: ...kurzfristig sind sie zurückgeblieben Quelle: Thomson Reuters

Im Grunde suchen alle Fondsmanager Ähnliches: Gesunde Finanzen mit wenig Schulden und ein im Vergleich zu Wettbewerbern niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bringen Pluspunkte. Wichtig sind auch ein gutes Management und stabile Geschäftsmodelle, die vor Konjunkturschwankungen schützen und bestenfalls bei einem geringen Wirtschaftswachstum Gewinne abwerfen. „Wachstumsunternehmen haben eine starke Position in ihrem Markt und machen Wettbewerbern den Markteintritt schwer“, sagt Frank Hansen, Chef der Nebenwerte-Sparte bei Allianz Global Investors. Weil Marktführer Preise vorgeben können, bleiben ihre Gewinne kalkulierbar. Zyklische Schwankungen im Heimatmarkt fangen sie durch Exporte ab. „Auch kleine Unternehmen haben globale Geschäftsmöglichkeiten und sie müssen – anders als Großunternehmen – nicht teuer zukaufen, um noch zu wachsen“, sagt Hansen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%