Aktiencrash Weltweite Börsen-Talfahrt

Nach dem Kurseinbruch von gestern ist kein Ende der Talfahrt in Sicht. Top-Investoren wie Marc Faber sehen darin Panikverkäufe – und eine deftige Korrektur.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Marc Faber Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

Die Talfahrt der Weltbörsen hat sich in Asien ungebremst fortgesetzt. Nach dem Ausverkauf an den Aktienmärkten in Europa und den USA brachen die Kurse in Fernost auf breiter Front ein. Händler verwiesen auf die Sorgen um die Weltwirtschaft und die europäische Schuldenkrise. Anleger stießen Aktien ab und retteten sich in die vermeintliche Sicherheit von Währungen und Staatsanleihen.

Einige Börsen brachen mehr als fünf Prozent ein. "Das ist wie ein Kniereflex: Wir verlieren, weil alle Angst haben, dass Italien seine Schulden nicht mehr bezahlen kann", sagte Michael Heffernan von der australischen Austock Gruppe. Am Markt wurde auch mit weiteren Verlusten der wichtigen europäischen Börsen wie dem Dax gerechnet. In Tokio schloss der 225 Werte umfassende Nikkei-Index 3,7 Prozent im Minus bei 9299 Zählern. Der breiter gefasste Topix-Index büßte bis zum Handelsschluss 3,1 Prozent auf 800 Punkt ein. Die Aktienmärkte in Südkorea, Taiwan und Singapur und Shanghai verloren ebenfalls deutlich.

Angst vor US-Rezession

Am Donnerstag waren die Kurse an der Wall Street abgerutscht. Der Dow Jones fiel mehr als vier, der Nasdaq-Index sogar mehr als fünf Prozent. Auch die Börsen in Lateinamerika und Europa gaben kräftig nach. In Frankfurt sank der Dax um 3,4 Prozent. Neben den Sorgen vor einer Ausweitung der Schuldenkrise in Europa befürchten die Anleger, dass die US-Wirtschaft in die Rezession zurückfallen könnte und damit auch die Weltwirtschaft mitreißt. Starinvestor Marc Faber sagte in einem Telefon-Interview im US-Fernsehen, dass er für dieses Jahr keine neuen Höchststände an der Wall Street erwartet. Nach den aktuellen Panikverkäufen könne es zwar zu einer kurzen Erholungsrally am Aktienmarkt kommen, aber die Indexstände von Februar und März würden nicht mehr erreicht werden. Entscheidend für die Entwicklung sei die kommende Woche. "Ich kann QE3 förmlich riechen", sagte Marc Faber mit blick auf die lockere Geldpolitik in den USA. Er geht davon aus, dass US-Notenbank-Chef Ben Bernanke noch mal die Notenpresse anwirft.

Schwellenländer in guter Form

An den Märkten kamen Spekulationen auf, die japanische Notenbank greife erneut am Devisenmarkt ein. Das japanische Finanzministerium wollte dies nicht kommentieren. In Tokio kamen vor allem Export- und Finanzwerte unter die Räder. Ein institutioneller Fondmanager mit einem Portfolio von rund 400 Milliarden Yen sagte, er versuche, Papiere loszuwerden, die von einer ausländischen Nachfrage abhingen. Wie andere Anleger auch stieß er Aktien von Autoherstellern, Handelsunternehmen und Elektronik-Herstellern ab und versorgte sich mit Titeln von Einzelhändlern und Textilherstellern. Mark Mobius, Fondsmanager und Schwellenländerexperte bei Templeton, sagte im TV-Interview, angesichts der Unsicherheit an den Märkten mit Blick auf US-Konjunktur und Euro-Krise sei die Reaktion nachvollziehbar. "Die Investoren wollen Cash. Niemand weiß, ob es besser oder schlechter wird." Er befürchtet, dass sich die Europäer aufgrund der Ferienzeit auch kaum bewegen werden, um die Schuldenkrise zu lösen. Die Schwellenländer seien hingegen in guter Form verglichen mit den westlichen Industriestaaten. Für Schwellenländer-Aktien bleibt Mobius optimistisch. Die Kurseinbrüche seien vor allem eine Panikreaktion.

Die Furcht vor einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise brachte auch den Euro erneut unter Druck. Zum Schweizer Franken fiel die Gemeinschaftswährung auf ein Rekordtief von 1,0710 Franken, erholte sich aber wieder leicht. Zur US-Währung gab der Euro auf ein Drei-Wochen-Tief von 1,4059 Dollar nach, machte aber ebenfalls etwas Boden gut und tendierte bei 1,4084 Dollar.

Wall Street stürzt auf niedrigsten Wert seit 2008

Wall Street stürzt auf niedrigsten Wert seit 2008Die Kurse an der New Yorker Börse waren gestern auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise im Jahr 2008 gesunken. Der deutsche Leitindex DAX stürzte um fast 250 Punkte auf ein neues Jahrestief. Die Stimmung an den Finanzmärkten erinnerte mitunter an die Panik im September und Oktober vor drei Jahren. Der Goldpreis erreichte kurzzeitig einen Rekordwert, während der Ölpreis noch deutlicher fiel als die Werte der Aktien - um sechs Prozent oder 5,30 Dollar (3,70 Euro). Der Dow-Jones-Index der 30 führenden Industriewerte fiel um 512,76 Punkte oder 4,3 Prozent und schloss bei 11.383,68 Zählern. Nach Punkten war dies der neuntgrößte Verlust seit dem Jahr 1900. Die in diesem Jahr erzielten Gewinne waren damit wieder verloren. Der Index der Technologiebörse Nasdaq sank um 136,68 Punkte oder 5,1 Prozent auf 2.556,39 Zähler. Alle wichtigen Indizes verloren mindestens zehn Prozent gegenüber ihren jüngsten Höchstwerten vom April.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%