Die angesehene Londoner Research- und Beratungsgesellschaft Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF) hat ermittelt, dass 400 öffentliche Institutionen in 162 Ländern ein Anlagevermögen von insgesamt 29.100 Milliarden Dollar halten. Zu den öffentlichen Institutionen gehören neben 156 Pensionskassen und 87 Staatsfonds auch 157 Notenbanken. Nachdem letztere bereits die Marktkräfte an den internationalen Anleihemärkte durch den Einsatz ungedeckter Papiergeldmengen nahezu ausgehebelt haben, geht frisch gedrucktes Geld aus den Notenpressen nun auch vermehrt in die Aktienmärkte.
Die Folgen der EZB-Niedrigzinspolitik
Werden die Zinsen künstlich abgesenkt, so verringert sich der Reformdruck auf Regierungen und Banken, ihre Haushalte beziehungsweise Bilanzen zu verbessern.
Ein künstlich tief gehaltener Zins verhindert, dass unprofitable Investitionsprojekte also Fehlinvestitionen aufrecht und befördert werden.
Künstlich tiefe Zinsen lösen (inflationäre) Spekulationswellen aus, führen zu „Boom-and-Bust“-Zyklen: überhitzte Situationen, in denen, wenn niemand mehr bereit ist, Kredite zu finanzieren, alles in sich zusammenbricht.
Künstlich niedrig gehaltene Zinsen befördern die Schuldenwirtschaft, insbesondere die der Staaten und der Bankenindustrie.
Noch dürfte der Anteil der von Notenbanken gehalten Aktienbestände an der weltweiten Aktienmarktkapitalisierung von derzeit 65.069 Milliarden Dollar gering sein. Exakte Daten werden nicht genannt. Aber das OMFIF kommt zu dem Schluss: „A cluster of central banking investors have become majors players on world equity markets“. So habe etwa die People’s Bank of China schätzungsweise mehr als 160 Milliarden Dollar in Aktien angelegt, die Bank of Japan etwa 45 Milliarden Dollar. In Europa hätten vor allem die Notenbanken Dänemarks, Italiens und der Schweiz ihre Aktienbestände ausgeweitet.
Wenn sich neben Banken jetzt offenbar auch Notenbanken kaum noch von Hedge Fonds unterscheiden lassen, ist es höchste Zeit über die Zukunft des Banken- und Zentralbankensystem nachzudenken – bevor es wieder einmal zu spät ist. Kein Politiker wird später behaupten können, er habe von der Geld- und Anlagepolitik der Notenbanken nichts gewusst.
Zentralbanken sind so ziemlich die letzten Adressen, denen eine korrekte Einschätzung der Finanzmärkte zuzutrauen wäre. Die Serie ihrer Fehlprognosen ist lang, vor allem weil sie die Probleme, die von ihnen selbst verursacht wurden, in der Regel nicht antizipieren. Schließlich müssten sie dann ihr eigenes Handeln in Frage stellen.
Ironischerweise könnten genau die von Bernanke, Kuroda, Draghi & Co. gedrückten Zinsen die Zentralbanken jetzt in die Aktienmärkte zwingen. Denn nach Berechnungen des OMFIF drohen den Zentralbanken wegen der tiefen Zinsen weltweit zwischen 200 und 250 Milliarden Dollar an Zinseinnahmen aus ihren Anleihenbeständen wegzubrechen. Die zunehmenden Aktienkäufe bei gleichzeitig immer weiter steigenden Börsen sind das wohl auffälligste Beispiel einer durch Nullzinspolitik herbeigeführten Fehlallokation von Kapital.
Trotz Finanz- und Schuldenkrise legte das weltweite Vermögen der so genannten „high net worth individuals“ (HNWI) seit 2008 um knapp 60 Prozent auf den Rekordwert von 52.620 Milliarden Dollar zu. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Beratungsgesellschaft Cap Gemini und des Finanzinstituts RBC Wealth Management. Als HNWI gelten Personen, die über ein investierbares Vermögen von mindestens einer Million Dollar verfügen – Immobilienvermögen nicht berücksichtigt. Dieser Personenkreis legte seit 2008 von 8,58 Millionen auf 13,73 Millionen zu. Der stärkste Treiber dieser Entwicklung waren die Aktienmärkte. Gemessen am Tief der Finanzkrise vom März 2009 legte die globale Aktienmarktkapitalisierung um mehr als 40.000 Milliarden Dollar zu. Größter Kurstreiber waren die Notenbanken – indirekt über ihre Nullzinspolitik und Anleihenkäufe und direkt über Aktienkäufe.
Je mehr ungedecktes Geld die Notenbanken aber drucken, desto ungleicher verteilen sich Einkommen und Vermögen in einer Gesellschaft und desto schwächer entwickelt sich die Wirtschaft. Von der monetären Planwirtschaft profitiert lediglich ein Geldadel, dessen Privilegien einzig und allein auf Kapitalbesitz und dem leichten Zugang zum billigen Geld der Notenbanken beruhen. Auf der Strecke bleiben die Mittelklasse, die um Jobs und Einkommen fürchten muss, die Geringverdiener, für die alles teurer wird sowie die Arbeitslosen, die in den Überlegungen der Regierungen und Notenbanken offenbar überhaupt keine Rolle mehr spielen.
Laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) befinden sich inzwischen 42 Prozent der weltweiten Vermögenswerte einschließlich Lebensversicherungen und Pensionsansprüchen in den Händen von nur einem Prozent der Haushalte. Das sind die sauren Früchte der von den Regierungen geduldeten Umverteilungspolitik der Notenbanken von unten nach oben.