Aktienkauf Sicher anlegen mit den wichtigsten Börsenstrategien

Aktienstrategien wie saisonales Kaufen oder cost averaging sind bei Anlegern beliebt, damit lässt sich die Rendite steigern. Bedingung dafür sind Beharrlichkeit und Konsequenz, ohne in Dickköpfigkeit auszuarten.

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Börsenstrategie Quelle: imago/montage

„Sell in May and go away“, „Kaufen und liegen lassen“, oder auch „The trend is your friend“, jeder Anleger kennt sie, die eingängigen, aber meist recht kruden Börsenbonmots. Sie stammen aus den unterschiedlichsten Epochen, manche sind gut hundert Jahre alt, andere recht jung, doch gemeinsam haben die Erfolgsrezepte eines: Sie alle sind schon mehr als einmal gescheitert.

Dennoch ist für viele Anleger besser, mit einer vielleicht nicht perfekten, aber klaren Strategie an der Börse zu agieren, als mit gar keiner. Der Grund dafür liegt hauptsächlich in der Anlegerpsyche: Jedem Aktienkauf geht ein Kampf zwischen Angst und Gier voraus. Klar: am Ende gewinnt immer die Gier, sonst würde nicht gekauft. Aber die Angst kann erheblich blockieren, verzögern, aufschieben.

Das führt dazu, dass Anleger, die ohne eine Strategie agieren, in der Regel zu spät einsteigen (nachdem bereits ein Gutteil der Kursgewinne gelaufen ist). „80 Prozent der Privatanleger kaufen immer erst dann, wenn die Kurse schon eine Weile gestiegen sind; dann weichen die Bedenken nach und nach der Gier“, sagt der Münchner Anlageforscher Andreas Beck, der jahrelang mehrere zehntausend private Anlegerdepots beobachtet und ausgewertet hat.

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Schlimmer noch wirkt die Anlagepsychologie dem rechtzeitigen Ausstieg entgegen: „Ich warte noch, bis ich wenigstens wieder auf Einstiegskurs bin“, sagen sich viele Spontan-Käufer, wenn sie nach den ersten 20, 30 Prozent Kursverlust erstmals dünkt, dass ihre Investment-Idee vielleicht nicht aufgehen könnte. „Nun warte ich, bis ich wenigstens einen Teil der Verluste wieder wettgemacht habe“, sagen sie sich dann nach 50 Prozent Verlust, und „ach, nun ist es eh schon egal“, denkt so mancher dann nach 80 Prozent.

Eine klare Strategie funktioniert vielleicht nicht immer und in jeder Marktphase; aber sie schafft immerhin Leitplanken, bietet ein Raster, an dem sich die Anleger orientieren können. Langfristig zahlt sich das aus. Denn so vermeiden Anleger immerhin, dass sie nur mit der Masse schwimmen und zu teuer einsteigen. WirtschaftsWoche Online stellt die wichtigsten Börsenstrategien vor.

Saisonal kaufen und den Trend beachten

Kleine Börsenchronik - Dax auf Rekordjagd
Dax-Höchststand Quelle: dpa
Foto vom roten Platz in Moskow Quelle: AP
Foto der US-Notenbank Quelle: dapd
Foto von Verona Pooth Quelle: dpa/dpaweb
Foto des Anschlages auf das World-Trade-Center am 11. September 2001 Quelle: REUTERS
Foto des Irakkrieges Quelle: dpa
Schriftzug IKB Quelle: dpa

1. Saisonal

Diese (einfache) Strategie basiert auf nur einem einzigen Parameter: Dem Kalendermonat. Die Historie etwa des Deutschen Aktienindex, Dax, zeigt, dass der August und der September die statistisch mit Abstand schwächste Durchschnittsrendite aufweisen; so fielen die Dax-Aktien seit 1988 im August um durchschnittlich mehr als zwei Prozent, im September gingen sie im Schnitt gar um 3,4 Prozent zurück. Bei den meisten anderen großen Weltbörsen ist es ähnlich.

Der alte Spruch „Sell in May“ stammt aus den USA der 1950er Jahre. Damals hatten Broker und deren Kunden im Sommer schlicht Ferien und keine Lust, jeden Tag die Kurse mühsam abzufragen; der Handel war entsprechend mau. Viele nahmen zudem vor der Sommerpause noch Gewinne mit oder wollten mit den Verkäufen vermeiden, nach dem Urlaub vor einer bösen Überraschung im Depot zu stehen.

Das ist heute, in Zeiten von Smartphone und kostenlosen Internetzugängen in fast jedem Hotelzimmer, kaum noch ein triftiger Grund. Dennoch funktionierte das Muster auch in den meisten Jahren der jüngeren Vergangenheit.

Anleger können es sich zunutze machen und die beiden Spätsommermonate einfach aussparen, also erst im Oktober Aktien kaufen und sie im Hochsommer wieder verkaufen. Dann aber auch unabhängig von der jeweils aktuellen Stimmung und Nachrichtenlage, und über einen möglichst langen Zeitraum. Hätte man sie 15 Jahre lang zum Beispiel mit Dax-Aktien durchgezogen, hätte diese einfache Strategie immerhin fast 15 Prozent jährliche Rendite eingebracht – doppelt so viel wie der Dax.

2. Trendfolge

„The trend ist your friend“, sagen sich viele Anleger: Sie setzen – vereinfach gesagt – auf Aktien, die bereits gut laufen. Es gibt unzählige verschiedene Trendfolgemodelle. Das Kalkül ist immer ähnlich: dass diese Aktien durch ihre Kursgewinne andere Anleger auf sich aufmerksam machen und daher die Kursgewinne sich beschleunigen.

Das Spiel funktioniert erstaunlicherweise auch recht gut – bis es irgendwann in Heulen und Zähneklappern endet. Denn klar ist auch, wohin diese Reise geht: früher oder später sind zu viele Anleger in den Trend-Aktien investiert, es kommt zu ersten Gewinnmitnahmen. Die häufen sich, der Kurs schwächt sich ab, der Trend zerbricht, was dann wiederum viele weitere Anleger aussteigen lässt, und so weiter.

Besser als die krude „Gewinner“-Strategie ist eine Orientierung an so genannten gleitenden Durchschnitten. Der am häufigsten gebrauchte ist die 200-Tage-Linie. Sie wird gebildet vom gleitenden Durchschnitt der Schlusskurse der jeweils letzten 200 Börsentage. Durchbricht ein Aktienkurs diese Linie von unten nach oben, steigen Käufer ein, fällt der Tageskurs der Aktie darunter, wird rigoros verkauft. So vermeiden die Anleger immerhin große Kursverluste, was wohl die 4 bis 6 Prozentpunkte Mehr-Rendite gegenüber dem allgemeinen Markt erklären dürfte, die viele Studien dieser Strategie attestieren.

Der Nachteil ist: die Strategie scheint sich abzunutzen, je neuer die Untersuchungen und je aktueller der Betrachtungszeitraum, desto schlechter funktionierte sie.

Dogs of the Dow

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Im Jahre 2012 hatten die deutschen Bürger ein Gesamtvermögen von rund 4,94 Billionen Euro. Bis auf die Jahre 2002 und 2008 stieg das Vermögen der Deutschen stetig. Wie stark es zugenommen hat, zeigt ein Vergleich mit dem Jahr 1991. Zu dieser Zeit kumulierten die privaten Haushalte ein Kapital von gerade einmal 1,9 Billionen Euro. Die Übersicht zeigt, wo sich das Geld der Deutschen befindet. Quelle: dpa
In festverzinsliche Wertpapiere wurden im vergangenen Jahr nur 238 Milliarden Euro investiert. Zwar gelten zum Beispiel Staatsanleihen aus Deutschland als besonders sicher, doch die Rendite bewegt sich oft sogar unter dem Inflationsniveau. Staatsbonds aus den Euro-Krisenländern Spanien und Italien werfen hingegen recht hohe Zinsen ab, doch das Verlustrisiko ist dementsprechend hoch. Quelle: dpa
Seit 2007 nimmt das angelegte Geld in festverzinsliche Finanzprodukte ab. 2011 lagen noch 247,1 Milliarden Euro in Staats-, Wandel, und Indexanleihen, um nur einige festverzinsliche Anlagemöglichkeiten zu nenne. Indexanleihen werden in Deutschland bisher allerdings nur selten vergeben. Emissionen solcher Anleihen erfolgen nur unter Genehmigung der Bundesbank. Quelle: dpa
Rund 259 Milliarden Euro liegen in Aktien. In Relation zum Gesamtvermögen sind das gerade einmal fünf Prozent. Anfang der 1960er-Jahre betrug der Aktienanteil noch 20 Prozent. Die Scheu, Geld in Aktien anzulegen, kann nicht mit den Renditen erklärt werden. Denn 1987 notierte der Dax noch bei 1.000 Punkten, mittlerweile hat sich der Kurs, trotz mehrfacher Rückschläge, mehr als verachtfacht. Keine andere Analagemöglichkeit bietet langfristig so hohe Renditen. Quelle: dpa
Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass der Aktienanteil zyklischer Veränderung unterliegt. Je nach Börsengeschehen verändert sich der Anteil. Während 2007 knapp 371 Milliarden Euro in Aktien investiert waren, verringerte sich das Volumen im darauffolgenden Jahr auf 182 Milliarden Euro. Die Veränderung von 2011 auf 2012 hingegen war von 222 Milliarden auf 259 Milliarden Euro wieder eine positive. Quelle: dpa
Investmentfonds unterliegen den gleichen Schwankungen wie Aktien. Im vergangenen Jahr investierten die Deutschen rund 420 Milliarden Euro in solche Fonds und damit knapp 25 Milliarden mehr als noch 2011. Doch bereits 2007 lagerten die Bundesbürger über 467 Milliarden Euro in Investmentfonds. Quelle: dpa
Geldanlagen bei Versicherungen stehen bei den Deutschen hoch im Kurs. Rund 1,5 Milliarden Euro des Geldvermögens liegen bei den Versicherungen. Besonders beliebt sind Lebensversicherung, Pensionskassen und Versorgungswerke. Quelle: dpa

Generell eignen sich gleitende Durchschnitte wie die 200-Tage-Linie als Ein- und Ausstiegssignal nur in deutlichen Aufwärts- und Abwärtstrends. In stark schwankenden Märkten erzeugen sie hingegen in der Regel zu viele Fehlsignale, zum Beispiel fällt eine Aktie dann häufig unter ihre 200-Tage-Linie, nur um gleich darauf wieder nach oben zu drehen. Und umgekehrt.

Die Strategie lässt sich, statt auf einzelne Aktien, aber auch auf Indizes wie den Dax anwenden, was die Gefahr von Fehlsignalen deutlich mindert. Anleger können auch – je nach persönlicher Risikoneigung – mehr oder weniger große Puffer einbauen, also zum Beispiel erst kaufen bzw. verkaufen, wenn eine Aktie 10 Prozent von der 200-Tage-Linie entfernt ist.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

3. Dogs of the Dow

Das Gegenteil der Trendfolge sind so genannte antizyklische Investmentstrategien. Eine der ältesten und einfachsten ist Dogs of the Dow. Sie funktioniert, wie alle einfachen Strategien, nur über Regelmäßigkeit, das heißt: Anleger müssen sie ein paar Jahre lang durchziehen. Der Investor kauft dabei einmal im Jahr die fünf oder die zehn Aktien mit der aktuell höchsten Dividendenrendite aus einem Index, ursprünglich dem Dow Jones, wie der Name schon verrät. Es kann jeder beliebige Blue-Chip-Index sein, etwa Dax, S&P 500 oder der EuroStoxx 50. Nebenwerte-Indizes eignen sich nicht für diese Strategie.

Das Kalkül ist nämlich, dass große Blue-Chip-Unternehmen niemals für immer aus der Anlegergunst geraten, sondern immer nur zeitweise. Die Dividende, die bei dieser Strategie eine wichtige Rolle spielt, ist außerdem nur bei Blue Chips halbwegs planbar und stabil. Die Strategie beruht nun auf der Annahme, dass der Aktienkurs großer Bluechips wie Siemens, GE, Apple oder Daimler viel stärker schwankt als deren Dividende. Ist die Rendite also aktuell hoch, so muss der Kaufkurs unter der Prämisse, dass die Dividende ja eine Konstante bilde, günstig sein.

Der US-Investor Michael O'Higgins hat die Strategie bis in die 1920er Jahre zurück getestet und eine erheblich bessere relative Rendite als der Gesamtmarkt festgestellt. Zum Beispiel schlug die Dogs-Strategie in den 20 Jahren von 1992 bis 2011 den S&P 500 Index mit einer jährlichen Rendite von 12,6% gegenüber 10,8 im Index. Allerdings: In den Krisenjahren 2007 bis 2009 versagte die Strategie kläglich. Grund dafür waren sehr hohe Kursverluste bei Aktien mit zuvor hoher Dividendenrendite, etwa den ex-Telekom-Monopolisten.

Cost Average und Dividenden-Hamster

Blick auf den Kurs des Deutschen Aktien Index Quelle: dpa

4. Cost Average

Diese Strategie, auf Deutsch auch „verbilligen“ genannt, könnte nicht simpler sein: Man investiert regelmäßig einen fixen Betrag zu einem fixen Datum, etwa jeden 1. des Monats 200 Euro in einen Dax-Indexfonds. Weder der jeweils aktuelle Punktestand des Dax, noch die Nachrichtenlage spielen eine Rolle. Die Strategie funktioniert natürlich auch mit Einzelaktien, aber wegen der günstigen Handelsgebühren und der bereits enthaltenen Risikostreuung auf viele Titel bieten sich Indexprodukte wie ETFs an.

Die Strategie ist sehr simpel, hat aber zwei große Vorteile gegenüber dem „Ich muss mal wieder was tun“ oder „ich hab gerade Geld übrig“-Ansatz der meisten Anleger. Erstens diszipliniert das regelmäßige Beiseite-Legen eines bestimmten Betrages und stellt sicher, dass überhaupt Vermögensaufbau betrieben wird. Andernfalls macht der innere Schweinehund mit typischen Ausreden wie „es ist schon wieder zu teuer” oder „ich traue mich noch nicht wieder rein“ dieses Unterfangen oft zunichte. Zweitens : Sind die Börsen im Sinkflug, kauft man mehr Aktien oder Fondsanteile für sein Geld, sind sie im Steigen begriffen, kauft man zwar weniger, aber immerhin ist man dabei in der Hausse. Und die im letzten Niedergang zahlreich billig eingeheimsten Titel liefern noch Schub.

5. Dividenden-Hamster

Einigen Langfriststudien zufolge machen die Dividenden allein mehr als die Hälfte des langfristigen Anlageerfolges mit Aktien aus. Eine simple Dividendenstrategie, die allerdings viel Disziplin erfordert ist, die jährlichen Ausschüttungen umgehend in die selben Unternehmen zu reinvestieren. Hatte ein Anleger zum Beispiel dieses Frühjahr 10.000 Euro in BASF, 10.000 in Bayer, 10.000 in Allianz und 10.000 in BMW investiert, so hätte er für die dann enthaltenen rund 1000 Euro Dividende (eigentlich 1330 Euro, aber 25 % Abgeltungssteuer müssen natürlich auch auf Dividenden entrichtet werden) fünf BMW-Aktien, drei Bayer, drei Allianz und fünf BASF–Aktien nachkaufen müssen. Im kommenden Frühjahr erhält er dann entsprechend mehr Dividende, da er mehr Stücke besitzt. Auch diese Strategie erfordert einige Jahre Durchhaltevermögen. Dafür kommt der Anleger auch bei Dividenden in den Genuss des Zinseszins-Effekts. Der willkommene Nebeneffekt dieser Strategie: Unternehmen, die die Dividenden häufig kürzen, werden auf Dauer immer kleiner im Gesamtdepot, der Anteil jener, die ihre Dividende regelmäßig erhöhen oder wenigstens konstant halten, wächst.

Freilich erfordert dieser Ansatz ein einigermaßen großes, liquides Vermögen; mit Kleckerbeträgen funktioniert es, wegen der dann relativ hohen Handelsgebühren, schlecht. Zudem führt die Strategie im Extremfall zu einer starken Übergewichtung einzelner Titel im Depot, alle paar Jahre sollte daher die Aktienauswahl überprüft werden.

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