Anlageberatung Nicht ohne meinen Berater

Anlageberatung ist für Privatinvestoren im turbulenten Börsenumfeld wichtiger denn je. Dabei schneiden die meisten großen Filialbanken ordentlich ab, zeigt eine Studie von S.W.I. Finance für das Handelsblatt.

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Vertragsabschluss: Gute Beratung ist in unsicheren Zeiten extrem wichtig. Quelle: dpa

Das vergangene Jahr glich für Anleger einer Achterbahnfahrt. Zum Jahresbeginn 2016 brachen die Aktienkurse ein, im Lauf der folgenden Monate sorgten das Brexit-Votum und die US-Präsidentschaftswahl für starke Schwankungen. Im laufenden Jahr dürfte es nicht viel anders laufen. Noch sieht es an den Märkten vielversprechend aus: Die Weltwirtschaft wächst, die Schwellenländer erholen sich dank stabilerer Energiepreise, die Kurse von US-Aktien haben neue Allzeithochs erreicht. In den kommenden Monaten sollten sich Investoren aber auf neue Turbulenzen einstellen, sagen Marktbeobachter.
So könnte die Trump-Rally am US-Aktienmarkt schon bald ein Ende finden, warnt Klaus Kaldemorgen, Star-Fondsmanager der Deutschen Asset Management, im Interview mit dieser Zeitung. Anleger hätten dem designierten US-Präsidenten reichlich Vorschusslorbeeren geschenkt und müssten mit einer Ernüchterung rechnen. Sollte Trump seine protektionistischen wirtschaftspolitischen Pläne umsetzen, könnte diese härter ausfallen als gedacht.
Gleichzeitig geraten die Anleihemärkte unter Druck. Anleger rechnen damit, dass die Inflation klettern wird, durch steigende Energiepreise und Trumps angekündigtes Infrastrukturprogramm bei gleichzeitigen Steuersenkungen. Sollte es so kommen, könnte die US-Notenbank gezwungen sein, die Leitzinsen schneller und stärker anzuheben als gedacht. In der Folge würden die Kurse von US-Schuldtiteln fallen. Eine solche Entwicklung dürfte auch auf den europäischen Bond-Markt abstrahlen. Lediglich für Sparer wären steigende Zinsen eine gute Nachricht.

Investitionsentscheidungen zu treffen, wird in Zukunft nicht leichter. In Zeiten, in denen weder Aktien noch Anleihen Selbstläufer sind, ist eine kluge Anlagestrategie besonders wichtig. Für Privatanleger heißt das: Eine kompetente Anlageberatung ist ein Muss. Dabei müssen Bankberater zuerst die persönliche und finanzielle Situation ihrer Kunden sorgfältig analysieren. „Die meisten Berater machen das gut“, lobt Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. „Sie ziehen aus ihren Ergebnissen allerdings nicht immer die richtigen Schlüsse.“

Oelmanns Erfahrung zufolge vernachlässigen Berater hier oft die grundlegenden Dinge. Sie erklären zum Beispiel nicht den Zusammenhang zwischen Zinshöhe und Inflation. „Vielen Verbrauchern ist gar nicht bewusst, dass sie zurzeit mit Sparanlagen Geld verlieren“, sagt die Expertin. Und: Statt konkret auf die Situation und Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen, empfehlen viele Berater Finanzprodukte von der Stange.


Welche Bank am besten abschneidet

S.W.I. Finance hat für das Handelsblatt die Anlageberatung der sechs größten bundesweit aktiven Filialbanken, der größten Sparkasse und der größten Volks- und Raiffeisenbank untersucht. Das Analysehaus hat dabei sowohl die Beratung für Wertpapier-Interessenten als auch jene für Sparer unter die Lupe genommen. Beide Varianten flossen jeweils zur Hälfte in die Gesamtnote ein. Unterm Strich erzielten die getesteten Institute ein gutes Ergebnis. Die Beratungsgespräche zu Wertpapieren bekamen etwas bessere Bewertungen als die Gespräche zu Sparanlagen, weil die Berater dabei den Bedarf ihrer Kunden im Schnitt gründlicher analysierten.
Die Tester untersuchten bei der Anlageberatung beiderlei Couleur jeweils drei Aspekte. Erstens: die Qualität der Bedarfsanalyse. Dabei schauten sie sich an, wie gründlich die Berater die Lebens- und Finanzsituation der Kunden untersuchten. Zweitens: die Lösungskompetenz. Die Bank-Experten sollten Fragen ihrer Kunden möglichst vollständig und korrekt beantworten und individuell beraten. Drittens: die Serviceorientierung. Hier wurden Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft bewertet – etwa, wie viel Zeit sich die Berater für das Gespräch nahmen.

Die Commerzbank schnitt unter den Testkandidaten insgesamt am besten ab. Ihre Mitarbeiter punkteten vor allem bei der Beratung zu Sparanlagen. „Die Berater gingen individuell auf ihre Kunden ein und überzeugten mit passenden Produktvorschlägen“, heißt es von S.W.I. Finance. Auch bei der Wertpapierberatung erzielte das Institut ein gutes Ergebnis.
Auf Platz zwei der Gesamtwertung steht die Deutsche Bank. Sie schnitt bei der Wertpapierberatung am besten ab. Vor allem die Bedarfsanalyse konnte die Tester überzeugen. „Die Mitarbeiter gingen ausführlich auf die Lebenssituation ein und erfragten die persönlichen Anlageziele sowie die Risikobereitschaft überdurchschnittlich gut“, so das Fazit des Analysehauses. Weiterer Pluspunkt: die Berater stellten die Kosten von Anlageprodukten transparent dar. Bei der Sparanlageberatung schnitt die Deutsche Bank etwas schlechter ab, lieferte aber immer noch eine ordentliche Leistung.
Den letzten Platz belegt die Targobank. Ihre Beratung zu Wertpapieren war zwar nicht die schlechteste unter den getesteten Instituten – diese zweifelhafte Ehre kommt der Postbank zu. Allerdings zog eine schlechte Bewertung bei der Sparanlageberatung die Targobank in der Gesamtwertung nach unten. „Defizite zeigten sich unter anderem bei der Analyse der finanziellen Rahmendaten der Kunden. Die Angestellten erkundigten sich in keinem einzigen der insgesamt vier Gespräche nach den laufenden Darlehen ihrer Kunden“, monieren die Tester.


Gesamtergebnis Anlageberatung

Institut

Gesamtpunktzahl*

Rang

Punktzahl Wertpapierberatung**

Punktzahl Sparanlageberatung***

Commerzbank79,2180,877,7
Deutsche Bank77,7282,473
Hamburger Sparkasse75,1376,873,3
Berliner Volksbank71,8474,669,1
HypoVereinsbank68,756869,5
Santander Bank65,6667,863,4
Postbank61,4761,960,9
Targobank61866,455,6

*max. 100 Punkte

**Gewichtung 50 Prozent

***Gewichtung 50 Prozent

Quelle: S.W.I. Finance

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