Haben Sie sich auch mal gefragt, was eine Investor-Relations-Abteilung eigentlich den ganzen Tag so macht? Aus Sicht von Privatanlegern ist diese Frage berechtigt, denn sie sind nur eine von vielen Zielgruppen, um die sich die Investorenbetreuer von Aktiengesellschaften kümmern müssen. Allein die Tatsache, dass durchschnittlich 64 Prozent des Kapitals der 30 wichtigsten deutschen Börsenunternehmen des Dax in den Händen institutioneller Investoren liegen, macht die Privatanleger auf dem Kapitalmarkt eher zu einer Randgruppe. Diese Zahlen stammen aus einer Analyse der Aktionärsstruktur des Dax, durchgeführt von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft EY.
Direkter Draht für Großaktionäre
Ein großer Teil der vielfältigen Aktivitäten der Investorenbetreuer geht schon allein aufgrund dieser Zahlenverhältnisse mehr oder weniger zwangsläufig an den Klein- und Kleinstaktionären vorbei. Die Profis dagegen werden mit Roadshows oder Telefonkonferenzen bedient, bei denen Analysten dem Vorstandsvorsitzenden (CEO) oder dem Finanzchef (CFO) kritische Fragen stellen dürfen.
Natürlich wird kein Unternehmen je zugeben, seine Privatanleger eher stiefmütterlich zu behandeln. Doch Großaktionäre haben nun einfach mal die Position eines Schlüsselkunden, der dichter betreut werden muss als die Masse der kleineren Eigentümer.
„Privataktionäre handeln häufig langfristig und sind als treue Aktionäre beliebt und wichtig“, sagt Kay Bommer, Geschäftsführer beim Deutschen Investor Relations Verband (DIRK). Investor Relations meint im wörtlichen Sinn die Beziehungen zwischen einem Unternehmen und dessen Investoren, also dessen Eigentümern. Entsprechend definiert der DIRK den Begriff als „die strategische Managementaufgabe, Beziehungen des Unternehmens zu bestehenden und potenziellen Eigen- und Fremdkapitalgebern sowie zu Kapitalmarktintermediären zu etablieren und zu pflegen.“
Pflege wertvoller Beziehungen
Moderne kapitalmarktorientierte Unternehmen legen Wert auf diese Beziehungen, weil sie wollen, dass Kapitalgeber bei ihnen investieren und nicht bei der Konkurrenz. Der DIRK hat auch einige Kriterien herausgearbeitet, was eine gute Beziehungspflege mit Investoren ausmacht.
Zunächst gehe es darum, die gesetzlichen Kapitalmarktregeln einzuhalten. So muss das Unternehmen bei einschneidenden Ereignissen seine Aktionäre ad-hoc, also unverzüglich, informieren. Zudem sind regelmäßig, also quartalsweise, Geschäftszahlen zu veröffentlichen. Wenn ein Unternehmen diesen Pflichten nicht nachkommt, droht ein Ausschluss von der Börse. Das ist laut DIRK-Verband allerdings nur die erste und unterste Stufe der Investor Relations. Diese Stufe ist unverzichtbar, aber noch lange nicht ausreichend.
Die höheren Sphären im positiven Sinne erreichen die Investor Relations laut DIRK, wenn sie als Teil der Unternehmenskommunikation die Vermarktung von Aktien oder Anleihen ihrer Gesellschaft vorantreibt, um damit die Finanzierung und Kapitalaufnahme des Unternehmens zu unterstützen. IR-Aktivitäten nach diesem Idealbild wenden sich nicht nur an bestehende und potenzielle Aktionäre, sondern reichen auch stark ins Innere des Unternehmens hinein, etwa bei der strategischen Beratung des Vorstands.
Eine derart ganzheitliche Sicht des Begriffs Investor Relations beantwortet auch die Frage, was nun Privatanleger von der ganzen Veranstaltung haben. Sie profitieren weniger direkt als indirekt von der Kapitalmarktnähe ihrer Unternehmen. Wenn die IR-Experten es schaffen, dass die Vorstände sich bei ihren Entscheidungen immer auch fragen, was die Aktionäre davon haben, wirkt sich das auch auf Privat- und Kleinanleger aus.
Es geht überspitzt formuliert also eher um eine kapitalmarktnahe Form der Unternehmenskultur als um die Frage, ob man jedem einzelnen Mini-Aktionär eine eigene Standleitung in die Vorstandsetage einrichten muss.
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