Anlegerschützer zum Fall Hoeneß „Hoher Schaden für Konzerne im Bayern-Aufsichtsrat“

Im Steuerbetrugsfall Hoeneß gerät nicht nur der Angeklagte zunehmend unter Druck. Auch die im Bayern-Aufsichtsrat vertretenen Konzerne stehen nun im Fokus. Anlegerschützer werfen ihnen verfehltes Handeln vor.

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Hoeneß (l.) mit VW-Chef Winterkorn: Haben die Dax-Konzernchefs im Bayern-Aufsichtsrat zu lange an dem Fußball-Manager festgehalten? Quelle: Reuters

Berlin Nach Einschätzung  der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ist durch den Steuerbetrugsfall Uli Hoeneß schon jetzt ein erheblicher Schaden für die dem Bayern-Aufsichtsrat angehörenden Firmen entstanden. „Der Schaden für die beteiligten Unternehmen beziehungsweise deren Vertreter im Aufsichtsgremium dürfte als sehr hoch einzuschätzen sein“, sagte SdK-Vorstandsmitglied Daniel Bauer Handelsblatt Online. 

„Zunächst ist es sicherlich nicht von Vorteil, ständig mit der Straftat von Herrn Hoeneß auf Seite eins und zur besten Sendezeit erwähnt zu werden“, sagte Bauer weiter. „Ferner dürften es die Konzerne in Zukunft schwer haben, gegenüber Mitarbeitern, die Verfehlungen begangen haben, Konsequenzen zu ziehen, wenn man gegenüber einem, wenn auch geständigen, Steuerstraftäter, keine Konsequenzen verlangt.“ Fraglich sei zudem, inwieweit Hoeneß dem Aufsichtsrat gegenüber alle Karten auf den Tisch gelegt habe. „Insgesamt wäre es sicherlich wohl besser gewesen, Herr Hoeneß wäre damals freiwillig zurückgetreten oder hätte sein Amt ruhen lassen, denn dann gäbe es diese Diskussion nun gar nicht.“

Für das Ansehen des FC Bayern München schätzt Bauer den Schaden als „eher begrenzt“ ein, „sofern sich nicht doch noch herausstellen sollte, dass die Herkunft der Gelder in Verbindung mit dem FC Bayern stehen sollte“. Der Imageverlust dürfte aus Bauers Sicht aber schnell wieder aufgrund der kommenden sportlichen Highlights des Jahres in den Hintergrund rücken.

Im Aufsichtsrat des FC Bayern München sitzen außer dem Vorsitzenden Hoeneß die Konzernchefs Rupert Stadler (Audi), Herbert Hainer (Adidas), Timotheus Höttges (Telekom), Martin Winterkorn (VW) sowie Bayern-Vize Karl Hopfner, Helmut Markwort (Herausgeber des Magazins „Focus“), Dieter Rampl (Ex-Verwaltungsratsvorsitzender der Unicredit Group) und der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber.


„Unhaltbarer Zocker“

Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, wirft den Bayern-Aufsichtsräten vor, im Fall Hoeneß falsch gehandelt zu haben: „Man hätte früher reagieren müssen. Schon nachdem die Richter das Strafverfahren zur Verhandlung zugelassen hatten, hätte Hoeneß zurücktreten müssen“, sagte Hocker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.  Sobald der Bayern-Präsident verurteilt sei, müssten die Aufsichtsräte ihre schützende Hand wegziehen und ihren Fehler korrigieren. Hoeneß könne nach einer Verurteilung nicht Aufsichtsrat bleiben. „Sonst ist der Schaden für die Bayern München AG zu hoch. Und dies strahlt dann auch negativ auf die an dem Verein beteiligten Unternehmen Audi, Adidas, Telekom und Allianz aus“, sagte Hocker.

Christian Strenger, Fachmann für gute Unternehmensführung,  legte Hoeneß  nach den jüngsten Erkenntnissen zur gewaltigen Höhe seiner Steuerschuld nahe, den Bayern-Aufsichtsrat schleunigst zu verlassen: „Hoeneß ist mit seinem zu späten Mega-Geständnis endgültig zum unhaltbaren Zocker geworden. Der Aufsichtsrat sollte ihn nun eindringlich auffordern, endlich die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten“, sagte Strenger der FAZ. Dass die übrigen Aufsichtsräte Hoeneß im November ihr Vertrauen ausgesprochen hatten, sei ein Fehler gewesen. „Die Herren Hainer, Höttges, Stadler & Co. haben Hoeneß vertraut. Dieses Vertrauen hat er missbraucht. Wenn er den übrigen Aufsichtsräten schon vor einem Jahr erzählt hätte, dass es in der Steueraffäre um ganz andere Hausnummern geht, hätten sie ihn wohl längst weggeschickt“, sagte er. Strenger, der in den Aufsichtsräten der TUI und der Fondsgesellschaft DWS sitzt, glaubt, dass mit Hoeneß´ Abschied auch dem Wirtschaftsunternehmen Bayern München AG geholfen wäre.

Die Verteidigung von Hoeneß hat derweil die Steuerschuld in Höhe von 27,2 Millionen Euro anerkannt. Hoeneß' Anwalt sagte vor dem Landgericht München, man halte die gestern vorgelegten Zahlen der Finanzbeamtin für sachgerecht.

Der Fußball-Manager hatte zum Prozessauftakt zunächst eine Steuerschuld von 18,5 Millionen Euro eingeräumt. Heute wurden zwei zusätzliche Zeugen, ein Betriebsprüfer und ein EDV-Mitarbeiter des Finanzamts Rosenheim, befragt. Nach den Anhörungen will das Gericht entscheiden, ob das Urteil gegen den Fußball-Manager wie ursprünglich geplant morgen fällt.

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