Anleihen unter Druck Österreichs Banken verlieren ihre Anleger

Die Sanktionen gegen Russland belasten auch österreichische Banken. Sie gehören zu den größten Instituten in Osteuropa. Aus Angst vor Verlusten stoßen Investoren Anleihen ab – und setzen die Banken weiter unter Druck.

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Zentrale der österreichischen Erste Group. Die Anleihe der Bank ist zuletzt kräftig abgestürzt. Quelle: Reuters

Wien Investoren in österreichische Banken stoßen aus Sorge vor Verlusten in den ehemals kommunistischen Ländern Europas ihre Bankanleihen ab – just während die Aufseher neue Befugnisse erhalten, um die Gläubiger im Falle eines Zusammenbruchs der Finanzhäuser an Verlusten zu beteiligen.

Nachrangige Schuldverschreibungen von Kreditinstituten aus Österreich haben in der vergangenen Woche die schlechteste Entwicklung unter entsprechenden Papieren von Banken aus den Nicht-Peripheriestaaten des Euro-Raums aufgezeigt, wie Daten von Bloomberg belegen.

Die Erste Group Bank sah sich infolge von Verlusten in Rumänien und Ungarn dazu gezwungen, die Kuponzahlungen auf bestimmte Kapitalinstrumente auszusetzen. Das veranlasste die Händler dazu, auch den Wert der Schuldtitel der Raiffeisen Bank International herabzusetzen.

„Die Ankündigung von Erste, keinen Kupon zu zahlen, hat den Markt ein wenig erschüttert“, erklärt Gregory Turnbull Schwartz, Portfoliomanager bei Kames Capital in Edinburgh. „Das geschieht gleichzeitig mit der Entscheidung zur Bankenabwicklung. Das Timing hätte besser sein können.“

Österreichs Banken haben nach dem Ende des Kalten Kriegs nach Osten expandiert. Sie wurden zu den größten Kreditinstituten der Region, in der Volkswirtschaften und Ausleihungen boomten. Doch nach der Rezession im Jahr 2009 häuften sich die notleidenden Schulden. Zwei österreichische Banken mussten vom Steuerzahler gerettet werden, bei anderen wurden die Gewinne aufgezehrt.

Erste wird von zwei ihrer größten Sparten in Mitleidenschaft gezogen: Rumänien, wo ein Fünftel der Kredite notleidend sind, und Ungarn, wo Ministerpräsident Viktor Orban die Banken Milliardensummen an Verlusten schultern lässt. Erste bestätigte am 30. Oktober, dass sie in diesem Jahr mit einem Verlust von bis zu 1,6 Milliarden Euro rechnet.

Raiffeisen hatte bis zur Ukraine-Krise noch schwarze Zahlen geschrieben. In diesem Jahr steht die Bank allerdings vor dem ersten Jahresverlust ihrer Geschichte im Umfang von voraussichtlich bis zu 500 Millionen Euro. Grund sind die steigenden Risiken in dem ehemals sowjetischen Staat und Ungarn.


Viele Anleger überdenken ihr Investment in Österreich

Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft wird im laufenden Jahr wahrscheinlich um 57 Prozent steigen, erklärte das Wiener Finanzinstitut am 20. November. Die Belastungen könnten weiter steigen, wenn sich die Lage in Russland - ihrem lukrativsten Geschäftsfeld - und der Ukraine verschlechtern sollte, hieß es.

Der Kurs der 132 Millionen Euro schweren Anleihe von Erste Bank zu 5,294 Prozent mit unbegrenzter Laufzeit, die Teil ihres verlustabsorbierenden Tier-1-Kapitals ist, war laut Bloomberg- Daten letzte Woche um 13,6 Cent je Euro Nominalwert auf 82 Cent eingebrochen. Die Papiere rentieren bis zu ihrem nächsten möglichen Kündigungstermin im September 2016 mit 18,8 Prozent.

Die Tier-1-Papiere von Raiffeisen Bank ohne Laufzeitende zu 5,169 Prozent im Volumen von 307 Millionen Euro verloren 8,1 Cent je Euro auf 78,9 Cent, zeigen die Daten. Raiffeisen, dessen Muttergesellschaft mit RZB abgekürzt wird, hat nach Aussage einer Banksprecherin die Absicht, Zinsen auf ihre hybriden Kapitalinstrumente zu zahlen.

Die RZB wendet sich an nahestehende Geschäftspartner und Kunden, um bis zu 500 Millionen Euro über nachrangige Anleihen aufzunehmen, wie Bloomberg News von zwei Personen erfuhr, die mit dem Vorgang vertraut sind.

„Wenn etwas bei Erste passiert, dann passiert das tendenziell auch bei RZB“, sagt Simon Adamson, Kreditanalyst bei CreditSights in London. „Angesichts des Engagements der Bank in Russland sind die Anleger nervös, was noch herauskommen könnte.“

In Österreich haben die steigenden Kosten bei den verstaatlichten Banken Hypo Alpe-Adria-Bank International und Österreichische Volksbanken zu politischen Widerstand geführt, was zu strengeren Bankinsolvenzgesetzen beigetragen hat. Hypo Alpe hat den österreichischen Steuerzahler bislang 5,5 Milliarden Euro gekostet – und bis zur kompletten Abwicklung wird sich die Rechnung noch erhöhen.

Finanzminister Hans Jörg Schelling hat zwar weitere Hilfen für die ÖVAG ausgeschlossen, die sich seit ihrer Rettung zu 43 Prozent im Staatsbesitz befindet. Doch bei ihr klafft eine Kapitallücke von 865 Millionen Euro, die es nach dem Stresstest der Europäischen Zentralbank zu schließen gilt.

Österreich ist einer von drei Staaten in der Europäischen Union, die bei der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) aufs Gaspedal drücken. Der Nationalrat in Wien verabschiedete letzte Woche ein Gesetz zur Umsetzung dieser EU-Regelung. Die Regierung wird damit in die Lage versetzt, den Anleihegläubigern von abgewickelten Banken ab dem 1. Januar Verluste aufzuerlegen.

„Aufgrund der frühzeitigen Umsetzung des Bail-In- Instruments überdenken einige Investoren Jurisdiktionen wie Österreich“, sagt Philipp Jäger, Anleiheanalyst der Berenberg Bank in Frankfurt. „Sie beobachten die Emittenten und Wertpapiere genauer, die schneller als andere betroffen sein könnten.“

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