Anleihenmarkt Der lange Marsch zurück zur Normalität

Auf dem Weg zurück zur Normalität können die europäischen Anleihenmärkte Erfolge verzeichnen. Die fünfjährige Bundesanleihe wirft wieder positive Rendite ab – und diesem Vorbild könnten bald andere Papiere folgen.

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Der Weg zur Normalisierung ist noch lang. Quelle: dpa

Frankfurt Anleger am Anleihenmarkt atmen immer öfter auf. Mit Renditen unter null Prozent sind viele Papiere dort seit Jahren ein Verlustgeschäft. Wegen der steigenden US-Zinsen und dem nahenden Ende der Geldspritzen durch die Europäische Zentralbank (EZB) könnte dieser Abschnitt aber bald Geschichte sein. Zu Wochenbeginn rentierten die fünfjährigen Bundesanleihen erstmals wieder knapp im Plus. „Viele Investoren wollen aber einen nachhaltigen Vorstoß in positives Territorium sehen, bevor sie die“ Sektkorken knallen lassen, sagt Anlagestratege Andy Cossor von der DZ Bank.

Niedrige Anleihe-Renditen setzen Versicherern und Pensionsfonds besonders hart zu, da diese verpflichtet sind, einen Teil ihres Geldes in als sicher geltende Schuldtitel anzulegen. Auch in den Bilanzen der Banken liegen viele Bonds. Da sich die Kreditzinsen an den Anleihe-Renditen orientieren, verdienen die Institute im klassischen Geldverleih-Geschäft weniger als früher.

Der Handelsplattform Tradeweb zufolge legen Investoren derzeit bei europäischen Anleihen mit einem Gesamtvolumen von sieben Billionen Euro Geld drauf. Dies seien 42 Prozent aller ausgegebenen Schuldtitel. Im Sommer 2016 habe die Quote allerdings noch bei 52 Prozent gelegen.

Damals trieben Spekulationen über einen Zerfall der EU im Zusammenhang mit dem britischen Brexit-Referendum und die Furcht vor einer Rezession Investoren in „sichere Häfen“ wie Anleihen. Die massiven EZB-Käufe, mit denen die Notenbank für mehr Inflation und letztlich auch mehr Wirtschaftswachstum sorgen will, trieben die Kurse zusätzlich und drückten im Gegenzug die Renditen. Dadurch rentierte die richtungweisende zehnjährige Bundesanleihe zeitweise bei minus 0,204 Prozent. Selbst die Rendite der 15-jährigen Papiere rutschte im Juli 2016 knapp unter null Prozent.

Weltweit wiesen damals Bonds im Volumen von umgerechnet 10,5 Billionen Euro Renditen unter null Prozent aus. Schätzungen der Rating-Agentur Fitch zufolge hat sich dieser Wert auf aktuell acht Billionen Euro verringert. Das entspricht etwa dem Vierfachen der Gesamtverschuldung Deutschlands.

Europas Konjunktur brummt wieder

In den vergangenen eineinhalb Jahren ist die europäische Wirtschaft wieder kräftig gewachsen. Der Ifo-Index, der die Stimmung in den deutschen Chef-Etagen widerspiegelt, markiert ein Rekord nach dem nächsten. Auch im Rest der Welt geht es aufwärts. In den USA hat die Notenbank Fed die Leitzinsen 2017 mehrfach angehoben und für 2018 drei weitere Schritte signalisiert. Vor diesem Hintergrund rentieren zehnjährige US-Bonds mit gut 2,7 Prozent derzeit so hoch wie zuletzt vor knapp vier Jahren.

Der Weg zu einer wirklichen Normalisierung der europäischen Anleihenmärkte ist aber noch lang. Denn die EZB will ihre Käufe von derzeit 30 Milliarden Euro monatlich noch mindestens bis September 2018 fortsetzen. Außerdem wird sie voraussichtlich die Gelder aus fällig werdenden Papieren auf absehbare Zeit noch reinvestieren. Die Währungshüter betonen zudem stets, dass die Zinsen weit über die Zeit der Anleihenkäufe hinaus auf dem aktuellen Rekordtief von null Prozent bleiben werden.

Doug Peebles, Chef-Anleger für Anleihen beim Vermögensverwalter Alliance Bernstein, sagt eine erste EZB-Zinserhöhung für das erste Quartal 2019 voraus. In diesem Fall könnte die Rendite der zweijährigen Bundesanleihen bereits in den kommenden Monaten die Null-Prozent-Hürde überwinden. Aktuell liegt sie bei etwa minus 0,5 Prozent.

Aber auch bei den Bonds anderer Staaten zögen die Renditen an, ergänzt Mark Dowding vom Vermögensverwalter BlueBay. Die Kontrakte am Terminmarkt signalisierten, dass in zwei Jahren kein einziger europäischer Schuldtitel mehr unter null Prozent rentieren werde.

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