Normalerweise läuft das Spiel so: In den USA gründet sich ein Tech-Unternehmen, kurze Zeit später kopiert ein deutsches Startup das US-Modell. Sind beide erfolgreich, kauft das US-Unternehmen das deutsche auf: So wie Ebay einst den deutschen Klon Alando, kaufte oder Ende Oktober das US-Bewertungsportal Yelp den deutschen Konkurrenten Qype, für rund 50 Millionen Dollar.
Doch diesmal ist nicht normal. Lange Zeit spekulierten Börsianer, ob das US-Profi-Netzwerk LinkedIn das deutsche Pendant Xing übernehmen würde. Aber Hubert Burda war schneller. Der Münchner Großverleger ("Focus", "Bunte") war frühzeitig beim Hamburger Netzwerk eingestiegen und hatte sich im März dieses Jahres weitere Optionen auf eine Aufstockung seines Altanteils von knapp 30 Prozent gesichert. Nun, vor gut zwei Wochen, überschritt Burda die Schwelle von 30 Prozent an Xing und war gezwungen, allen anderen Aktionären ein Übernahmeangebot vorzulegen. Das lag mit 44 Euro je Aktie immerhin 18 Prozent über dem Xing-Kurs vom Vortag.
Kurs von Heiler Software hat sich verdoppelt
Nach einer langen Sommerpause ist an der Börse wieder Schwung ins Übernahmekarussell gekommen, nicht nur wegen Burda und Xing. "Wir haben am deutschen Markt schon im dritten Quartal eine leichte Aufwärtstendenz gesehen. Die setzt sich derzeit fort", sagt Michael Ulmer, Experte für Übernahmen (Mergers and Acquisitions/M&A) bei der Anwaltssozietät Allen & Overy in Frankfurt.
Anleger, die Anfang Juli auf einen potenziellen Aufkauf des Softwarehauses Itelligence durch seinen Großaktionär NTT setzten (WirtschaftsWoche 28/2012), können jetzt einen Gewinn von 60 Prozent einstreichen. Der japanische Großkonzern will den Bielefelder Mittelständler für 10,80 Euro je Aktie komplett übernehmen. Mehr als verdoppelt hat sich der Kurs der Stuttgarter Heiler Software, die vom US-Unternehmen Informatica geschluckt werden soll.
Übliches Vorgeplänkel
So weit ist Heinz Hermann Thiele noch nicht. Der Eigner des Münchner Bremsenherstellers Knorr-Bremse stockte gerade seine Beteiligung am MDax–notierten Bahntechnikkonzern Vossloh auf 25 Prozent auf – ab einem Anteil von 30 Prozent müsste auch Thiele allen anderen Aktionären ein freiwilliges Übernahmeangebot machen. Vossloh ist eine heiße Spekulation. Nicht nur, weil Thiele zugekauft hat, sondern auch, weil die Familiengemeinschaft Vossloh 34 Prozent der Aktien hält und der Konzern selbst noch einmal zehn Prozent eigene Anteile gebunkert hat.
Zwar arbeitet Milliardär Thiele nach eigenen Angaben "nicht an einem Übernahmeangebot". Doch dürfte es sich bei seiner Aussage eher um das übliche Verbalgeplänkel handeln. Anleger können darauf wetten, dass es früher oder später zu einem Kampf um die Anteile zwischen der Vossloh-Familie und dem bei den Sauerländern unerwünschten Investor Thiele kommen dürfte. Die Aktie, derzeit bei 76 Euro, könnte dann wieder in Richtung der alten Höchstkurse bei 100 Euro springen.
Keine Blase
Wichtig: Die Avancen der meisten Aufkäufer sind aktuell nicht spekulativ getrieben, Anleger investieren also nicht in eine Blase. "Die derzeit laufenden Übernahmen entspringen nahezu alle einer industriellen Logik, um die Wertschöpfung zu verbessern", sagt Ulmer.
Mit knapp 59 Milliarden Dollar in den ersten neun Monaten 2012 liegt das Volumen an angekündigten Übernahmen in Deutschland zehn Prozent höher als 2011 und auf dem höchsten Niveau seit 2009. Große Übernahmen sind der Kauf von 50,1 Prozent an Porsche durch VW für umgerechnet 8,8 Milliarden Dollar und der ankündigte Einstieg der Telekom bei der amerikanischen MetroPCS. Zwei Ligen darunter will die niederländische Technologie-Holding THK den Münchner Konkurrenten Augusta schlucken, und die Luxemburger Redline Management Capital versuchte gerade, den Online-Kunsthändler Artnet feindlich zu übernehmen. Freundlich erwarb vor gut einer Woche der Regensburger Immobilienunternehmer Johann Vielberth zehn Prozent am Computerhändler Cancom – da könnte kurssteigernd noch mehr gehen.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Keine Gewinne im Wildwest-Segment
Doch auch bei vielen mittelständischen Industrieunternehmen sind für Anleger lukrative Gewinne nach Übernahmen drin. So hat sich der Kurs des Kranbauers Demag seit 2009 mehr als vervierfacht, nachdem US-Wettbewerber Terex sukzessive 82 Prozent der Aktien eingesammelt hat. Zuletzt boten die Amerikaner 45,50 Euro je Demag-Aktie, der Kurs jedoch notiert um gut zehn Prozent über dem Angebot, weil der gefürchtete Londoner Hedgefonds Elliott gegen die Offerte vor Gericht gezogen ist, um mehr Geld herauszuschlagen.
Elliott hält 12,7 Prozent an Demag. Sollten sich Terex und Elliott auf eine höhere Abfindung einigen, hätten Privataktionäre in diesem speziellen Fall möglicherweise nichts davon. Denn Demag hat kürzlich das regulierte Börsensegment verlassen und ist in das Wildwest-Segment Entry Standard mit schlaffen Regeln gewechselt. Dort müssen Unternehmen nicht alle Aktionäre gleich behandeln. Ein Trost aber bleibt: Alle Aktionäre erhalten zukünftig jedes Jahr 3,33 Euro je Aktie, zumindest bis 2017. Erst dann kann ein Beherrschungsvertrag, den Terex und Demag dieses Jahr geschlossen haben, erstmals gekündigt werden.
Höchste Chancen in der ersten Phase
Grundsätzlich läuft eine Übernahme in vier Phasen ab, die unterschiedlich hohe Kursgewinne für Aktionäre versprechen.
In der ersten Phase erwirbt ein Aktionär einen wesentlichen, aber nicht dominierenden Anteil. Ab einem Anteil von drei Prozent am Unternehmen ist ein Käufer erstmals verpflichtet, seine Beteiligung zu melden. Die weiteren Schwellen sind 5, 10, 15, 20, 25, 50 und 75 Prozent. Zudem sind Derivate, über die später Aktien erworben werden können, ebenfalls meldepflichtig, ab einer Schwelle von fünf Prozent. In der Phase des Ersteinstiegs eines potenziellen Aufkäufers sind generell die Chancen auf hohe Kurssteigerungen am höchsten einzuschätzen. "Privatanleger können beobachten, wann und zu welchem Preis größere Aktionäre einsteigen, aufstocken oder bestimmte Schwellen überschreiten und sich dann entscheiden, mitzuziehen oder eventuell bei höheren Kursen im Übernahmeprozess auch auszusteigen", sagt Ulmer von Allen & Overy.
In der dritten Phase wird es spannend
Die zweite Phase startet, wenn ein Aktionär wenigstens 30 Prozent aller Anteilsscheine hält. Dann ist er verpflichtet, allen anderen Aktionären ein freiwilliges Übernahmeangebot zu machen. Der Mindestpreis, den er bieten muss, ist der Durchschnittskurs während der letzten drei Monate vor Bekanntgabe des Überschreitens der 30-Prozent-Schwelle. Die Kurschancen für Anleger hängen davon ab, welche Ziele der Großaktionär verfolgt. Will er mächtig aufstocken, winkt eine üppige Prämie. Möchte er seinen Anteil eigentlich gar nicht oder noch nicht ausbauen, wie möglicherweise Burda bei Xing, sind die Zuschläge zunächst überschaubar.
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
Spannend wird es wieder, sobald der Großanteilseigner drei Viertel aller Aktien hält. Dann kann er in der dritten Phase einer Übernahme einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in die Wege leiten. Die Gewinnabführung beinhaltet regelmäßig eine garantierte Dividende, die per Gutachten festgelegt wird – für alle Aktionäre. Zudem erhalten die Minderheitsaktionäre erneut ein Übernahmeangebot. "Als Minderheitsaktionär habe ich die Wahl: Verkaufe ich gegen eine Abfindung oder logge ich mir die Garantiedividende ins Depot", sagt Ulmer. Vorteil: Die Dividenden sind sicherer als Ausschüttungen, die jedes Jahr neu festgelegt werden müssen und vom Geschäftsverlauf des Unternehmens abhängen.
Oft Klagen nach Squeeze-Out
Die Komplettübernahme mit Rückzug von der Börse ist die letzte Phase. Hat der Mehrheitsaktionär je nach Fall 90 oder 95 Prozent der Aktien erworben, kann er die verbliebenen Anteilseigner aus ihren Papieren drängen. Dieser Squeeze-out führt regelmäßig zu Streitigkeiten. Klage-Profis wie der Würzburger Wirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger gehen auch nach Ende der Börsennotiz noch gegen Unternehmen vor, um im sogenannten Spruchverfahren eine höhere als die zuletzt gezahlte Abfindung herauszuholen. 21 Jahre etwa mussten sich Aktionäre der Nürnberger AEG gedulden, bis die letzte Gerichtsakte gegen die ehemalige Mutter Daimler geschlossen war.
Dirk Lorenz, Anwalt bei Taylor Wessing in München, hat sich alle 89 zwischen 2009 und 2011 abgeschlossenen Spruchverfahren angeschaut. In 54 Fällen waren Anteilseigner per Squeeze-out abgefunden – und erhielten später noch einmal "eine durchschnittliche Erhöhung der vorherigen Barabfindung über 26 Prozent", so Lorenz. Allerdings müssen Investoren Geduld mitbringen: Knapp sieben Jahre dauerte es im Durchschnitt, bis der letzte Zuschlag aufs Konto geflossen war. Die Frankfurter Solventis Wertpapierbank ermittelte für 2006 bis 2009 Renditen zwischen 15,2 und 23,1 Prozent in denjenigen Fällen, die statt im Spruchverfahren über Vergleiche nach Anfechtungsklagen beigelegt worden waren.
Nicht jedes Gerücht wird zur Übernahme
Rund 40 Prozent machten Anleger gut, die auf das zu Jahresanfang aufkommende Gerücht setzten, die Drogeriekette Douglas werde attackiert. Die US-Beteiligungsgesellschaft Advent strebt mit Unterstützung der Noch-Großaktionärsfamilien Oetker, Kreke und Müller eine Dreiviertelmehrheit am MDax-Wert an. Dass es in absehbarer Zeit mehr geben wird als die aktuell gebotenen 38 Euro je Aktie glauben Investoren nicht. Der Kurs jedenfalls notiert sogar unterhalb des Angebotes, weil die Offerte noch scheitern kann.
Nicht jedes Börsengerücht materialisiert sich eben am Ende auch in einer Übernahme. Heiß gehandelt werden derzeit unter anderem der Netzwerktechniker Adva Optical mit dem Münchner Finanzinvestor Egora als bisher einzigem größerem Aktionär und der Stahlhändler Klöckner & Co, ganz ohne Großanteilseigner. Am TecDax-Wert Adva wird dem US-Konzern Juniper Interesse zugeschrieben, der sich für nur 200 Millionen Euro plus Zuschlag technische Innovation made in Germany sichern könnte. Bei Klöckner könnte US-Konkurrent Reliance Steel mit Sitz in Los Angeles zuschlagen. Der größte US-Stahlhändler ist hierzulande kaum vertreten. Klöckner ist in diesem Jahr in die roten Zahlen gerutscht, die Aktie kostet nur ein Drittel des Preises vom Frühsommer 2011.
Es rumort bei WMF
Ähnlich hohe Kursverluste binnen gut eines Jahres mussten Deutz-Aktionäre hinnehmen, darunter die beiden Großanteilseigner Same Deutz-Fahr und Volvo. Der Kölner Motorenbauer kostet derzeit inklusive Nettoschulden gut eine halbe Milliarde Euro – nur rund ein Drittel des Jahresumsatzes 2011. Selbst ohne Übernahmefantasie ist das nicht teuer und sichert ab.
Mächtig rumort es bei WMF. Erst bestätigte der damalige Großaktionär Capvis gegenüber der WirtschaftsWoche, dass sich der Schweizer Investor von seinem 52-Prozent-Paket trennen wolle. Dann folgten prompt Avancen der US-Private-Equity-Gesellschaft KKR, die bis dato 47 Euro je Stammaktie und 31,80 je Vorzugsaktie des Küchenwarenherstellers bietet.
Anleger können wieder mitspekulieren
Zwar hat der zweite große Altaktionär von WMF, der Österreicher Andreas Weißenbacher mit seiner Beteiligungsgesellschaft Fiba, seinen Anteil von 37 auf noch gut 25 Prozent reduziert. Aber damit ist die von KKR gewünschte Beteiligungsquote von 75 Prozent nach wie vor blockiert. Nachdem die Stammaktien jetzt deutlich unter den Angebotpreis von 47 Euro gerutscht sind, können Anleger wieder mitspekulieren.
Generell kann es sich lohnen, auch bei übernommenen und beherrschten Unternehmen bei der Stange zu bleiben. So etwa bei der Kölner Interseroh. Großaktionär Alba hat mit dem Recyclingunternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Aktionäre erhalten für jedes volle Geschäftsjahr eine Ausgleichszahlung von 3,94 Euro je Interseroh-Aktie, die seit Kurzem unter dem Namen Alba an der Börse notiert ist. Bei einem Kurs von 64 Euro, sind das sechs Prozent Rendite. Garantiert, nicht nur versprochen.