Die zweite Phase startet, wenn ein Aktionär wenigstens 30 Prozent aller Anteilsscheine hält. Dann ist er verpflichtet, allen anderen Aktionären ein freiwilliges Übernahmeangebot zu machen. Der Mindestpreis, den er bieten muss, ist der Durchschnittskurs während der letzten drei Monate vor Bekanntgabe des Überschreitens der 30-Prozent-Schwelle. Die Kurschancen für Anleger hängen davon ab, welche Ziele der Großaktionär verfolgt. Will er mächtig aufstocken, winkt eine üppige Prämie. Möchte er seinen Anteil eigentlich gar nicht oder noch nicht ausbauen, wie möglicherweise Burda bei Xing, sind die Zuschläge zunächst überschaubar.
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
Spannend wird es wieder, sobald der Großanteilseigner drei Viertel aller Aktien hält. Dann kann er in der dritten Phase einer Übernahme einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag in die Wege leiten. Die Gewinnabführung beinhaltet regelmäßig eine garantierte Dividende, die per Gutachten festgelegt wird – für alle Aktionäre. Zudem erhalten die Minderheitsaktionäre erneut ein Übernahmeangebot. "Als Minderheitsaktionär habe ich die Wahl: Verkaufe ich gegen eine Abfindung oder logge ich mir die Garantiedividende ins Depot", sagt Ulmer. Vorteil: Die Dividenden sind sicherer als Ausschüttungen, die jedes Jahr neu festgelegt werden müssen und vom Geschäftsverlauf des Unternehmens abhängen.
Oft Klagen nach Squeeze-Out
Die Komplettübernahme mit Rückzug von der Börse ist die letzte Phase. Hat der Mehrheitsaktionär je nach Fall 90 oder 95 Prozent der Aktien erworben, kann er die verbliebenen Anteilseigner aus ihren Papieren drängen. Dieser Squeeze-out führt regelmäßig zu Streitigkeiten. Klage-Profis wie der Würzburger Wirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger gehen auch nach Ende der Börsennotiz noch gegen Unternehmen vor, um im sogenannten Spruchverfahren eine höhere als die zuletzt gezahlte Abfindung herauszuholen. 21 Jahre etwa mussten sich Aktionäre der Nürnberger AEG gedulden, bis die letzte Gerichtsakte gegen die ehemalige Mutter Daimler geschlossen war.
Dirk Lorenz, Anwalt bei Taylor Wessing in München, hat sich alle 89 zwischen 2009 und 2011 abgeschlossenen Spruchverfahren angeschaut. In 54 Fällen waren Anteilseigner per Squeeze-out abgefunden – und erhielten später noch einmal "eine durchschnittliche Erhöhung der vorherigen Barabfindung über 26 Prozent", so Lorenz. Allerdings müssen Investoren Geduld mitbringen: Knapp sieben Jahre dauerte es im Durchschnitt, bis der letzte Zuschlag aufs Konto geflossen war. Die Frankfurter Solventis Wertpapierbank ermittelte für 2006 bis 2009 Renditen zwischen 15,2 und 23,1 Prozent in denjenigen Fällen, die statt im Spruchverfahren über Vergleiche nach Anfechtungsklagen beigelegt worden waren.