Bafin untersucht Anteilskauf Finanzaufsicht prüft Geely-Einstieg bei Daimler

Die Finanzaufsicht Bafin nimmt die Beteiligung des chinesischen Autoherstellers Geely an Daimler unter die Lupe. Im Zentrum steht ein komplexer Derivatedeal.

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Ein Frau putzt die Frontpartie eines Autos der Marke Geely im Hauptquartier des chinesischen Autokonzerns Geely in Hangzhou, China. Mit einer komplizierten Derivatestruktur ist dem Automobilhersteller der Einstieg bei dem deutschen Hersteller Daimler gelungen. Quelle: dpa

Frankfurt Der schnelle und überraschende Aufstieg von Geely zum Daimler-Großaktionär ruft die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan. Die Bonner Behörde habe eine Routineprüfung eingeleitet, sagte eine Bafin-Sprecherin am Montag dem Handelsblatt. „Wie in anderen vergleichbaren Fällen sehen wir uns natürlich an, ob die Stimmrechtsveränderungen bei Daimler rechtzeitig gemeldet wurden.“

Wenn ein Investor einen bestimmten Prozentsatz der Stimmrechte an einem börsennotierten Unternehmen über- oder unterschreitet, muss er dies dem Unternehmen und der Bafin innerhalb von vier Handelstagen mitteilen. Ob sich Geely an diese Regeln gehalten hat und welche Rolle die Banken bei dem Deal gespielt haben, will die Bafin nun genauer unter die Lupe nehmen.

So lief der Deal ab

Finanzkreisen zufolge lief das Geschäft in zwei Schritten ab: Zunächst strukturierte der chinesische Automobilhersteller seinen Einstieg bei dem Stuttgarter Konzern so, dass die normalerweise für reine Aktienkäufe geltende Meldeschwelle von drei Prozent umgangen werden konnte.

Der Konzern nutzte dafür die Kombination aus Aktien und Optionen. Eine solche gemischte Position ist erst ab fünf Prozent meldepflichtig. Finanzkreisen zufolge erwarb Geely eine Beteiligung, die aus Aktien und Derivaten bestand und knapp unter fünf Prozent lag, also unterhalb der Meldeschwelle.

In einem weiteren Schritt hat der chinesische Konzern seine Position auf einen Schlag offenbar auf rund 9,7 Prozent ausgebaut. Damit war die Meldegrenze am Freitag vergangener Woche überschritten. Diese Entwicklung werde daher der Finanzaufsichtsbehörde Bafin innerhalb der dafür vorgesehen Frist und damit bis Mittwoch mitgeteilt, verlautete aus Kreisen, die mit der Sache vertraut sind.

Für diesen zweiten Schritt nutzte Geely nach Angaben aus Finanzkreisen einen so genannten Aktien-Collar. Dahinter verbirgt sich eine komplexe Derivatestruktur, die es dem Konzern ermöglicht, sein Daimler-Aktienpaket mit Hilfe von Fremdkapital auszubauen. Bei dem Aktien-Collar verkauft das Unternehmen die Möglichkeit, ab einem gewissen Aktienkurs Gewinne zu erzielen und kauft mit dem Geld Put-Optionen, um sich gegen einen Aktienkursverfall unter einer bestimmten Grenze abzusichern.

Der Aktienkurs, zu dem Geely Daimler-Anteile kauft, bekommt eine Art Schutzkragen. Der chinesische Konzern begrenzt so seine Gewinn- und seine Verlustmöglichkeiten mit Daimler-Papieren. So sind die Aktien abgesichert und können beliehen werden.

Um ein solches Derivategeschäft für Geely auf die Beine zu stellen, muss die Bank im Prinzip ein Gegengeschäft eingehen und so ihre Risiken begrenzen. Daher sei es in solchen Fällen für die Banken üblich, sich diese Aktien zu besorgen, heißt es in Kreisen.

Die Bank habe dann die Möglichkeit, diese Papiere in ihren eigenen Büchern zu halten oder sie dem Kunden, der den Aktien-Collar nutzt, anzudienen. Es sei im Fall von Geely sehr wahrscheinlich, dass die beratenden Banken Daimler-Aktien kauften, um ihre Risiken im Collar-Geschäft zu begrenzen und diese Aktien an Geely weiterreichten.

„Die Chinesen haben damit einen Teil ihrer Daimler-Beteiligung wohl nur für die Dauer des Derivategeschäft erworben“, sagt ein Investmentbanker, der mit solchen Derivategeschäften vertraut sind. In der Regel seien das drei bis fünf Jahre. „Das Instrument ist durchaus etabliert und wird gerne von Investoren aus dem Nahen Osten genutzt“, heißt es.

Grundsätzlich gibt es noch eine weitere Möglichkeit, wie Geely seine Beteiligung von unter fünf auf 9,7 Prozent ausgebaut haben könnte. Die beratenden Banken können im Vorfeld bei Daimler-Investoren ausloten, wer Anteile verkaufen will und so die Veräußerung eines größeren Aktienpakets an Geely vorbereiten.

Finanzkreisen zufolge gilt diese Option in dem Fall aber als weniger wahrscheinlich, da Geely das Instrument des Aktien-Collars nutzte und in diesem Fall die Banken wohl Daimler-Aktien zur eigenen Absicherung des Geschäfts gekauft haben dürften, die sie dann an Geely weitergaben.

Die Bank of America Merrill Lynch sowie Morgan Stanley haben den Deal für Geely nach Informationen aus Finanzkreisen gestemmt. Sie wollten sich dazu aber nicht äußern.

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