Barron's Roundtable 2018 "Aktien sind so teuer, dass es wehtut"

Barron's Roundtable 2018: Jeff Gundlach, Scott Black, Abby Joseph Cohen, Mario Gabelli, Meryl Witmer,Oscar Schäfer, Henry Ellenbogen, Bill Priest und Paul Wick. Quelle: Illustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein

Neun Starinvestoren diskutieren am runden Tisch unseres Partnermagazins "Barron's" über Aktien, Bitcoin und die Gefahr steigender Zinsen. Was Anleihekönig Jeff Gundlach und die anderen Gurus empfehlen, wie deutsche Anleger die Tipps umsetzen.

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Abby, Meryl, meine Herren: 2017 war ein perfektes Jahr. Geht es 2018 so weiter?
Abby Joseph Cohen: Ja und nein. Ja, weil die Wirtschaftsdaten gut sind, die Zeichen stehen überall auf nachhaltiges Wachstum. Wenn aus dem Ausland rückgeführtes Kapital für Kapitalinvestitionen und andere langfristige Investments eingesetzt wird, könnte uns das für die Zukunft viel nützen. Nein, weil die Steuersenkung zu einem Zeitpunkt kommt, an dem die US-Wirtschaft keine Stimulierung braucht. Und langfristig wird das Haushaltsdefizit weiter nach oben gehen.

Jeff Gundlach: Im Grunde haben wir den Aktienmarkt mit Schulden nach oben getrieben. In den Bewertungen steckt eine Menge Optimismus. Es sieht so aus, als trete der S&P 500 in eine Übertreibungsphase ein.

Mario Gabelli: Die Steuersenkung hilft – psychologisch und wirtschaftlich.

Gundlach: Ja, aber Ende 2018 könnte sich die Geschichte drehen, in Richtung Defizitängste. Die Steuereinnahmen in den USA werden geschätzt 280 Milliarden Dollar niedriger ausfallen. Gleichzeitig steigen die Militärausgaben, und es könnte noch ein Infrastrukturprogramm kommen. Das kann das Defizit auf 1,2 Billionen Dollar hochjagen. Gleichzeitig wirft die Fed Anleihen im Volumen von 600 Milliarden Dollar auf den Markt. Und 2019 werden dazu noch eine Menge Unternehmensanleihen fällig. Das könnte für den Anleihemarkt problematisch werden, es drohen Kursverluste.

Best of Wall Street: Die Experten

Bill Priest: Ohne Lohninflation werden die Renditen nicht stark anziehen und die Kurse nicht stark fallen. Der Dollar ist nach wie vor Leitwährung, höhere Defizite können wir aktuell verkraften. Das größte Thema ist die wachsende Bedeutung der Technologie. Technologie ist das neue Makro. Wenn Arbeitskräfte durch Technologie ersetzt werden, steigen die Margen. Wenn Gebäude und Anlagen durch Technologie ersetzt werden, steigt der Umsatz je Dollar Anlagevermögen. Werden weniger Sachanlagen benötigt, muss weniger Eigenkapital vorgehalten werden. Ausschüttungen an die Aktionäre können dadurch steigen. Wer kein kapitalschonendes Geschäftsmodell verfolgt, verliert an Boden. Geschäftsmodelle, die auf Bits aufbauen, werden sich gegenüber denen, die nur auf Atomen aufbauen, durchsetzen.

Henry Ellenbogen: Es hat Gründe, warum die sieben Top-Aktien der Welt – neben der „FAANG“-Gruppe aus Facebook, Apple, Amazon, Netflix und der Google-Mutter Alphabet gehören dazu noch Alibaba und Tencent aus China – Techplattformen sind. Diese globalen Plattformen erzeugen massiven Deflationsdruck. Amazon drückt die Preise von Konsumgütern und für Unternehmenstechnologie. Die sozialen Medien und Google sorgen für globale Informationstransparenz. Der technologische Wandel setzt sich in unterschiedlichsten Branchen durch. Kleine, wendige Unternehmen profitieren von diesen Plattformen. Im Wesentlichen schalten sie den Zwischenhandel aus und wenden sich direkt an die Kunden. Was die Steuerreform angeht, stimme ich Abby zu. Kapital wird in die USA fließen. Aber die zweite Ableitung ist noch wichtiger.

Die Investmentideen von Anlageguru Scott Black

Die zweite Ableitung?
Ellenbogen: Wenn wir die Steuersätze an die international üblichen angleichen, konzentrieren sich Manager nicht mehr auf Steuervermeidung, sondern auf Investitionen und Effizienzsteigerung. Gewiss, Inflation ist ein Risiko, doch man muss den S&P 500 positiv sehen, selbst nach 102 Monaten Hausse.

Gundlach: Die Aussagen über den deflationären Effekt des Techsektors werden durch die Inflationsstatistik bestätigt.

Ellenbogen: Amazon verdient je ausgeliefertes Paket vor Steuern und Zinsen etwa ein bis zwei Dollar und macht Jagd auf Firmen, die pro ausgeliefertes Paket 150 Dollar verdient haben. Diese Mentalität führt dazu, dass Firmen in allen Branchen mehr über Effizienz nachdenken.

Die Investmentideen von Anlageguru Abby Joseph Cohen

Priest: Man will diese Plattformunternehmen besitzen. Sie werden alle Branchen dominieren. Der Deflationseffekt der Technologie ist einer der Gründe, warum die Renditen bisher noch nicht stark gestiegen sind.

Sorgt der Deflationseffekt nicht dafür, dass Technologie stärker hinterfragt wird? Vor allem in Europa gibt es für Techgiganten regulatorischen Gegenwind.
Ellenbogen: Eine Regulierung dieser dominanten Techplattformen ist eines von zwei großen nicht geopolitischen Risiken für den Markt. Möglich wären auch Kursrückgänge, wenn diese Giganten anfingen, sich untereinander Konkurrenz zu machen, oder sich ihr Wachstum verlangsamt. Sollte das passieren, werden die Leute ein Anspringen der Inflation befürchten.

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