Wo finden Anleger die Zahlen zu Eigenkapital und Schulden?
Unter Passiva ist einerseits das Eigenkapital genannt, dass aus gezeichnetem Kapital, Rücklagen und dem Nettogewinn (Jahresüberschuss) besteht, als auch die Schulden, die das Unternehmen hat. Die Schulden werden nochmal grob zwischen den kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten (zum Beispiel Bankkredite, unbezahlte Rechnungen, ausstehende Anleihen) und Rückstellungen unterschieden. Rückstellungen stehen hierbei für Aufwendungen, die das Unternehmen erst in der Zukunft zu leisten hat.
Der Eigenkapitalspiegel in Kombination mit dem darin enthaltenen sogenannten neutralen Ergebnis hingegen sei wichtig, so Tüngler, um zum Beispiel zu erkennen, ob und in welcher Höhe zukünftig Belastungen drohen, die noch nicht ergebniswirksam erfasst wurden. „Ein guter Geschäftsbericht erklärt alle Veränderungen in den Zahlen“, sagt Aktionärsschützer Tüngler. Neben dem Eigenkapitalspiegel, auch Eigenkapitalveränderungsrechnung genannt, finden interessierte Anleger Erläuterungen zur Eigenkapitalentwicklung auch in den Anhängen zur Bilanz.
Worauf Anleger achten sollten
Die Unsicherheiten in der Bewertung der Vermögensgegenstände auf der Aktiva-Seite findet auch unter Passiva eine Entsprechung. Während die Verbindlichkeiten eines Unternehmens eine sichere Größe darstellen, weil Rechnungen, Kredite, Gehälter oder auch Anleihen nun mal bezahlt werden müssen, sind beispielweise Rückstellungen mit hohen Schätzrisiken verbunden. Hier finden sich Schulden, deren Höhe sich erst in der Zukunft genau beziffern lässt. Ein großer Posten sind beispielsweise Rückstellungen für die betriebliche Altersvorsorge. Da aber Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Renteneintritt und die Gehaltsentwicklung der Mitarbeiter nur geschätzt werden können und auch die Entwicklung der Anlagezinsen ungewiss ist, können Rückstellungen für später zu zahlende Betriebsrenten nur näherungsweise kalkuliert werden. Die Deutsche Bank etwa geriet nach mehreren Urteilen und Vergleichen wegen ihrer Rolle in der US-Hypothekenkrise oder der Manipulation von Zinssätzen in die Kritik, weil ihre Rückstellungen für Prozessrisiken womöglich zu gering angesetzt waren. Müssen Rückstellungen nachträglich erhöht werden, belastet das die Gewinne eines Unternehmens unmittelbar. Werden Rückstellungen aufgelöst, wirkt sich das positiv auf das Konzernergebnis aus.
Beispiele für Eigenkapital und Schulden
In der ThyssenKrupp-Bilanz wurden gleich zwei Kernprobleme des Konzern nach seinen Fehlinvestitionen in Stahlwerke in Brasilien und USA offensichtlich: Das Eigenkapital schmolz dahin und die Schulden stiegen. Aus der Eigenkapitalveränderungsrechnung geht etwa hervor, dass die Gewinnrücklagen bilanziell negativ wurden, die betrugen minus 3,8 Milliarden Euro. Da gezeichnetes Kapital und Kapitalrücklagen unverändert blieben, sank das Eigenkapital von 4,5 auf 2,5 Milliarden Euro. Die Finanzschulden, so ist der Passiv-Seite der Bilanz zu entnehmen, stiegen gegenüber dem Vorjahr von 5,3 auf 7,0 Milliarden Euro. Weitere Details dazu finden sich in den Anhängen.