Betrüger ziehen die Kurse hoch Die Aktien-Mafia kassiert Anleger ab

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Frick geht in Revision

Real-Depot vom 28. Mai 2012:

„Nun spekulieren wir auf einen Wieder-Einstieg bei LetsBuyIt im Real-Depot. Bitte bedenken Sie, dass die Analysten (...) ein Kursziel von über 5,00 Euro angesetzt haben.“

Seine Geschichte muss Wagner als Zeuge vor Gericht wiederholen, „bestimmt eine Stunde lang“. Frick habe „keinen Ton“ gesagt, bloß „sein smarter Anwalt“ habe ihn ganz schön auseinandergenommen. Ob er noch mal mit einem Börsenbrief anlegen würde? „Nur, wenn ich ihn selbst gefälscht habe“, sagt er und lupft die Brille.

Frick wurde Ende Februar gemeinsam mit einem Mitangeklagten wegen Marktmanipulation verurteilt. Das Verfahren des dritten Angeklagten wurde gegen Zahlung von 20 000 Euro eingestellt. Der Mann war nur für Technik zuständig. Die beiden anderen Angeklagten aber, sagte Richter Klaus Wiens, „handelten vorsätzlich“. Ihre Werbeschreiben enthielten „unwahre Angaben“. So gab es weder den namentlich genannten Chefredakteur Schindler, noch ein Real-Depot. Um nicht entdeckt zu werden, hatten die Männer Synonyme verwendet. Ihre Mobiltelefone waren auf falsche Namen zugelassen.

Wenn der Computer Millionen verzockt
Wegen technischer Probleme hat die Derivate-Börse Eurex den Handel am Montagmorgen vorübergehend gestoppt. "Die Aussetzung wurde durch eine fehlerhafte Zeit-Synchronisierung im System verursacht", teilte die Tochter der Deutschen Börse mit. Aus diesem Grund sei der Handel zwischen 08:20 und 09:20 Uhr (MESZ) angehalten und sämtliche Produkte auf den Stand vor Börseneröffnung zurückgesetzt worden. Dies ist die erste Unterbrechung an der Eurex seit dem 11. Oktober 2011. Damals hatten Probleme mit einem Großrechner den Handel mit Dax-Future, Bund-Future & Co. für mehrere Stunden zum Erliegen gebracht. Vergangene Woche hatte eine Panne die US-Technologiebörse Nasdaq drei Stunden komplett lahmgelegt. ´ Im Vergleich zum Vorjahr sind bei diesen Pannen aber immerhin keine Vermögen vernichtet worden... Quelle: Fotolia
440 Millionen in 45 MinutenNeu ist nicht immer besser. Die Börsenfirma Knight Capital verlor schnell die Freude an ihrer frisch installierten Software. In nur 45 Minuten bescherte die Software dem Börsenhändler einen Schaden von 440 Millionen US-Dollar. Das Programm kaufte und verkaufte fleißig verschiedene Aktien. Dabei kaufte der Computer zum Marktwert und verkaufte mit Rabatt. Pro Trade gingen zwar nur einige Cents verloren, doch der Computer war so schnell, dass bis zum Beheben des Fehlers 440 Millionen Dollar weg waren. Nur eine 400 Millionen Dollar schwere Finanzspritze einer Gruppe von Investoren sicherte letztlich das Überleben der Börsenfirma.Zur Umfrage: Das Software-Beratungsunternehmen SQS fragte die eigenen Berater nach den größten Software-Pannen 2012 und veröffentlichte die Ergebnisse. Quelle: AP
Der RohrkrepiererDas Börsenunternehmen Bats blamierte sich 2012 selbst. Beim Börsengang floppte die handelseigene Software des Börsenbetreibers und konnte nicht einmal den Kurs der eigenen Aktie anzeigen. Nach einer Serie von technischen Pannen musste die drittgrößte US-Börse Bats Global Markets schließlich die Notbremse ziehen und sich am Tag ihres Marktdebüts wieder aus dem Handel verabschieden. Die Aktie stürzte vom Ausgabepreis von 16 Dollar auf weniger als einen Penny ab. Quelle: AP
Größter Börsengang des Jahres wird größter FloppDer Börsengang des sozialen Netzwerks Facebook war das Thema an der Börse 2012. Doch der Börsengang floppte. Nicht nur weil sich der Wert die Aktie innerhalb weniger Tage halbierte, sondern auch weil die Nasdaq Probleme beim ersten Kurs der Aktie hatte. Die Anzeige des ersten Kurses verzögerte sich um mehrere Minuten. Dabei gingen wohl viele Orders einfach im Nichts verloren. Die Panne betraf laut SQS nicht weniger als 30 Millionen Aktien. Quelle: dpa
Peinliche Panne bei MicrosoftDer Cloud-Computing-Dienst „Azure“ von Microsoft hatte den 29.Februar schlicht und einfach vergessen. Der Dienst, der alle Daten von überall erreichbar machen soll, war zwölf Stunden lang nicht erreichbar. Microsoft entschuldigte sich für den Fehler, bei dem laut Microsoft keine Daten verloren gingen. Wegen des zusätzlichen 29. Februar kam auch ein Bezahlsystem der australischen Krankenversicherungen zwei Tage lang zum Erliegen. 150.00 Patienten konnten die Bezahlfunktion ihrer Versichertenkarte nicht nutzen. Quelle: dpa
Kündigungsgebühren aus dem NichtsEin deutscher Energieversorger kassierte bei seinen Kunden zu Unrecht ab. Eine Software hatte nämlich bei 94.000 Kunden Kündigungsgebühren angerechnet, obwohl keine angefallen waren. Das Energieunternehmen musste insgesamt 1,7 Millionen Euro zurückzahlen. Quelle: dpa
US-Regierung mit teurem UpdateTeuer ist nicht gleich gut. Ein Update der Steuer-Software der USA, das 1,3 Milliarden Dollar gekostet hatte, brachte den Steuerbeamten jede Menge Sorgenfalten. Insbesondere bei der Steuererstattung machte die Software Ärger. 85 Prozent aller Erstattungen kamen zu spät an. Quelle: AP

Vorwurf des Betruges fallen gelassen

Frick hat der Richter zwei Jahre und sieben Monate aufgebrummt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da Frick Revision eingelegt hat. Für ihn dürfte das Verfahren in Frankfurt ohnehin nicht das letzte gewesen sein. Die Staatsanwälte am Main ermitteln weiter gegen ihn – wegen anderer Börsenbriefe. Eine Stellungnahme dazu gab er nicht ab. Sein Komplize hat ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung bekommen und das Urteil akzeptiert.

Den Vorwurf des Betruges – ungleich gravierender als Marktmanipulation – hat Zmyj-Köbel fallen lassen. Für Betrug müssen der Schaden beim Anleger und der Vermögensvorteil beim Täter deckungsgleich sein. Doch als die Kurse stiegen, haben auch Menschen Aktien verkauft, die mit den Börsenbriefen nichts zu tun hatten. „Wir hätten filtern müssen, welche Aktien von den Tätern verkauft worden sind“, erklärt Zmyj-Köbel. Verkäufe aber laufen oft über ausländische Banken. „Wir hätten uns daran einen Wolf ermittelt“, sagt Zmyj-Köbel. „In Wirtschaftsstrafsachen mit komplexen Sachverhalten ist es schwer, zu einer Verurteilung zu kommen“, hatte er schon im Schlussplädoyer in Frankfurt gesagt, „wenn man sieht, welche Anforderungen die Rechtsprechung stellt, und die sind ja in den vergangenen zehn Jahren massiv gestiegen.“

Anleger können sich nicht darauf verlassen, dass die Justiz ihr Geld schon zurückholen wird.

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