Betrüger ziehen die Kurse hoch Die Aktien-Mafia kassiert Anleger ab

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"Herr Frick machte einen sehr ehrlichen Eindruck"

Aus Fricks E-Mail-Dienst Real-Depot vom 6. Mai 2012:

„Wir waren vor Ort in Paris und haben (...) mit dem Vorstand gesprochen (...). Alles hat uns überzeugt. Auch andere Analysten waren vor Ort und wir erwarten deshalb neue Kaufempfehlungen für LetsBuyIt.“

„Herr Frick machte einen sehr ehrlichen Eindruck“, sagt die 73-jährige Gisela Günther (Name geändert und der Redaktion bekannt) aus dem hessischen Taunusstein. Sie und ihr Mann hatten Frick einst auf einem Börsenseminar die Hand geschüttelt. In ihrem Wohnzimmer plätschert der Zimmerbrunnen, als es an der Tür klingelt – der Verkäufer von Bofrost. Sie wolle nichts, sagt die alte Dame. Doch der Fahrer preist eine neue Spezialität an. „Das kann ich mal probieren“, erwidert sie – und kauft. Es scheint, als ziehe sich das durch ihr Leben: Dinge kaufen, die andere ihr aufdrängen.

Markus Frick Quelle: dpa Picture-Alliance

Real-Depot vom 6. Mai 2012:

„Wichtig ist, dass Sie vor uns investiert sind, denn wir werden im Mai die Aktie LetsBuyIt neu ins Real-Depot aufnehmen. Wir müssen uns jetzt beeilen, denn gestern sind die Umsätze drastisch angestiegen.“

Die Werbung für Fricks Aktiendienst landete ungefragt im E-Mail-Postfach des Ehepaares. Im Mai 2012 bestellen die Günthers den Börsenbrief – ohne zu wissen, dass Frick dahintersteckt. 249 Euro kostet das Sonderangebot für gut sieben Monate. Die Macher des Briefes empfehlen solide Werte: BMW, Lanxess, Hugo Boss. Das ist typisch: Haben Anleger erst mal Vertrauen gefasst, kommen die dubiosen Tipps.

Sie habe sich dann schon gewundert, sagt die Rentnerin, dass auf einmal total unbekannte Aktien empfohlen worden seien. Trotzdem investierte das Ehepaar über 20 000 Euro in LetsBuyIt .

Solange die Bande für die Aktie trommelte, fragten Anleger das Papier nach – und wurden reichlich mit Aktien bedient. Nach rund drei Wochen aber wirkten die Empfehlungen nicht mehr, drückte das überreiche Angebot den Kurs: „Plötzlich sind die Dinger voll runtergegangen“, schimpft die alte Dame – ihr Geld war weg.

Real-Depot vom 31. Mai 2012:

„Wir (...) wurden gefragt, warum wir am Dienstag nicht mutig waren und nochmals LetsBuyIt bei 0,60 Euro einkauften (...) aber nach diesem Kursdesaster hat uns echt der Mut gefehlt.“

Eilig holt der Ehemann einen Stapel Börsenbriefe. „Kennen Sie den? Oder den?“, fragt er. Ein bisschen Hilfe brauche er bei der Anlageentscheidung, sagt der 75-Jährige und deutet auf ein Buch: „Tradingpsychologie – So denken und handeln die Profis“. Menschen, zitiert er den Inhalt aus der Erinnerung, würden vom Unterbewusstsein gesteuert. „Sie wissen, was Sie falsch machen und machen es wieder falsch.“

Im Zentrum der Frankfurter Ermittlungen steht die Berliner ISP Finanz. Geld verdient sie offiziell mit der Web-Seite moneymoney.de und dem Börsenbrief „MoneyMoney“, den sie an Anleger vertreibt. Alleiniger Gesellschafter war mindestens bis Juni 2012 Walter Frick, Vater von Markus Frick. Der Senior hat die Firma 2008 gegründet und Sohn Markus bis Mitte 2012 zum Geschäftsführer bestellt; die Taten der im Prozess verhandelten Marktmanipulation fallen in diese Zeit. ISP-Sitz ist die Sophie-Charlotten-Straße 30, an der damals auch der Sohn gemeldet war.

Über das Konto der ISP liefen auch Einnahmen aus weiteren Börsenbriefen. Eine Rechnung, die der Redaktion vorliegt, beläuft sich auf 99 140 Euro – für die Vermarktung eines anderen Börsenbriefes. Fragen dazu haben weder ISP noch Frick beantwortet.

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