Bilanzen unter der Lupe Wie Dax-Unternehmen ihre Bilanzen aufpumpen

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Druck zu Abschreibungen wächst

Wenn hohe Abschreibungen nicht mehr aufgeschoben werden können, weil etwa selbst den meist gefügigen oder wenig kenntnisreichen Aufsichtsräten langsam mulmig wird, dann wird es für Anleger oft bitter. So rutschte im vergangenen Dezember der Kurs der Peugeot-Aktie um zehn Prozent, als der französische Autokonzern eine Goodwill-Abschreibung über 1,1 Milliarden Euro meldete. Zu spät reagieren dann oft auch Analysten. Erst als Reaktion auf die Abwertung stufte etwa Standard & Poor’s (S&P) die Aktie auf verkaufen. Das Schuldenrating setzte S&P nur kurze Zeit später in die schwache Kategorie B+.

Mächtig Gegenwind droht auch bei der französischen Société Générale. Trotz des Kriegs in der Ukraine setzt die französische Großbank weiter auf Russland. Bank-Chef Frédéric Oudéa bekräftigte dieses Jahr das langfristige Engagement seines Hauses in Russland, obwohl er im ersten Quartal seinen Aktionären bereits eine Goodwill-Abschreibung in Höhe von 525 Millionen Euro auf das dortige Geschäft bescherte.

Extreme Beispiele

Im Dax erwischte es zuletzt RWE, die in ihrer Jahresbilanz 1,4 Milliarden Euro an Goodwill abwertete. Aus der zweiten Reihe räumte beispielsweise der Pharmahändler Celesio Anfang Juli bei Firmenwerten auf, die aus Zukäufen in Brasilien stammten. Die Aktie des Nürnberger Marktforschers GfK steht seit vergangenem Dezember unter Druck, nachdem der Konzern für 2013 wegen unerwarteter Firmenwertabschreibungen erstmals seit seinem Börsengang 1999 einen Verlust angekündigt hatte. Beim Berliner Entsorger Alba stürzte 2013 nach Firmenwertabschreibungen ebenfalls das Ergebnis. Vor Steuern rutschten die Berliner mit 67 Millionen Euro in die Miesen. Mit solchen kleinen Zahlen gibt sich naturgemäß die Bankenbranche nicht ab. Innerhalb von fünf Jahren wertete etwa die italienische UniCredit unter anderem auf den Goodwill 75 Milliarden Euro ab.

Extrem ist das Beispiel Banesto. Die spanische Großbank hatte, wie die DPR feststellte, in ihrer Bilanz unter der Verwendung eines eigenen Modells für ihre Anteile an der Immobiliengesellschaft Metrovacesa einen Wert von 24,40 Euro je Aktie ermittelt, obwohl der relevante Börsenkurs bei nur 5,59 Euro lag, also drei Viertel niedriger.

Ein solches Extrem hat die DPR bei einem Dax-Unternehmen noch nicht festgestellt. Der Druck, Goodwill endlich auch mal abzuschreiben, wird aber immer größer. So würde es nicht verwundern, wenn Unternehmen Aktionären noch bis zum Jahresende so manche böse Überraschung bescherten. Denn erst im laufenden dritten und kommenden vierten Quartal steht bei den meisten turnusmäßig der Goodwill auf dem Prüfstand. Einige Milliarden davon vielleicht schon zum letzten Mal.

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