Es ist gerade einmal zehn Tage her, da erreichte der Markt für Kryptowährungen einen Rekord. Alle Währungen – darunter Bitcoin, Ether und Ripple – waren zusammengenommen laut der Plattform Coinmarketcap.com umgerechnet mehr als 830 Milliarden Dollar wert. Nach der Fortsetzung des Kursrutsches am Dienstagabend sind davon am Mittwochabend weniger als 300 Milliarden Dollar übrig.
Dabei entspricht die Marktkapitalisierung der digitalen Währungen immer noch einem Vielfachen ihres Werts von vor einem Jahr. Damals waren sie gerade einmal 16 Milliarden Dollar schwer. Doch so atemberaubend der Kursanstieg von Bitcoin und Co. im Dezember war, so dramatisch fallen derzeit die Verluste aus.
Die wichtigste Digitalwährung Bitcoin hat es besonders hart erwischt. Vom Rekordniveau bei 20.000 Dollar im Dezember ist der Bitcoin weit entfernt. Am Mittwochnachmittag ging es auf der weltweit größten Plattform Bitstamp hinunter auf unter 10.000 Dollar. Gegen 16.45 Uhr notiert die digitale Währung bei nur noch 9402 US-Dollar. „Wer Kryptowährungen besitzt, versucht für sich zu entscheiden, ob er den Bitcoin hinter sich lassen soll“, begründet Steven Englander, Researchchef beim Investmenthaus Rafiki Capital, den Kurssturz. Nach Einschätzung der Analysten der Citigroup ist eine erneute Halbierung des Kurses auf 5605 Dollar nicht ausgeschlossen. „Das könnte sehr schnell passieren.“
Ein weiteres Beispiel ist Ripple: Die auch bei Banken durchaus beliebte Digitalwährung rutschte am Dienstagabend unter den Kurs von einem Dollar, bevor sie sich am Mittwochmorgen knapp oberhalb der Marke wieder fing. Anfang Januar hatte Ripple allerdings ein Kurshoch von deutlich über drei Dollar markiert, je nach Handelsplatz wurden sogar fast vier Dollar erreicht. Wer zum falschen Zeitpunkt eingestiegen ist, dessen Depot hat zwischenzeitlich etwa zwei Drittel seines Werts verloren.
Nach Einschätzung von Shuhei Fujise, dem Chef-Analysten des auf virtuelle Währungen spezialisierten Research-Hauses Alt Design, stehen den digitalen Talern schwere Wochen bevor. Bei dem G20-Gipfel im März könnten strengere Regeln für den Handel mit Krypto-Währungen Thema sein. Für Steven Englander, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters Rafiki, ist der Markt an einem kritischen Punkt angelangt. „Kryptowährungsanleger müssen entscheiden, ob sie Bitcoin aufgeben, weil die Währung wegen ihrer technischen Beschränkungen von besseren Produkten verdrängt wird oder ob sie darauf setzen, dass Bitcoin trotzdem gedeihen kann.“
Die zahlreichen Warnungen vor einer Blasenbildung beim Bitcoin hätten sich inzwischen bestätigt, sagt Craig Erlam, Experte beim Finanzdienstleister Oanda. „Der Wertverfall dürfte sehr entmutigend für all jene sein, die zuvor glaubten, es gebe hier leichtes Geld zu verdienen.“ Dies heiße aber noch nicht, dass die Digitalwährung nun endgültig abstürzen werde. Entscheidend sei jetzt, wie weit es noch bergab gehe. „Inhabern von Kryptowährungen droht im schlimmsten Fall nicht weniger als der Totalverlust ihres Engagements“, warnt Sören Hettler, Experte bei der DZ Bank.
Für Spekulanten in aller Welt geht es darum herauszufinden, wie sich die scharfen Worte von Finanzmarktregulatoren mittelfristig auf die Digitalwährungen auswirken werden. Kryptowährungen sind zwar dezentral organisiert und ihre Anonymität macht es Behörden schwer, gegen sie vorzugehen. Aber die Aussagen etwa aus Südkorea zu einem möglichen Handelsverbot haben in den vergangenen Tagen große Nervosität im Markt ausgelöst. In dem asiatischen Land, in dem der Kryptohandel besonders aktiv betrieben wird, sei das Schließen von Handelsplätzen nach wie vor eine Option und werde diskutiert, hatte der südkoreanische Finanzminister Kim Dong-Yeon am Dienstag in einem Radiointerview gesagt. Es gebe irrationale Spekulation und rationale Aufsicht werde benötigt.