Börse Anleger nehmen Autoaktien ins Visier
Die großen Automobilhersteller kämpfen mit einem schwierigen Markt in Europa, hoffen jedoch auf eine Erholung in den USA und die Fortsetzung des Autobooms in China. Wie es um ihre Aktien bestellt ist.
BMW
ISIN: DE0005190003
Der Münchner Automobilhersteller BMW hat seine für dieses Jahr gesteckten Ziele voll erreicht. „Eines unserer Ziele lautete, 2012 den Absatz zu steigern und damit eine neue Bestmarke bei den Auslieferungen zu erzielen. Mit rund 1,8 Millionen Fahrzeugen haben wir das geschafft. Insofern haben wir das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben“, sagte BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner der „Welt“.
Im neuen Jahr will BMW die Absatzzahlen weiter steigern, allerdings werde das wirtschaftliche Umfeld immer schwieriger, räumte Eichiner ein. „In Europa werden wir 2013 kein Marktwachstum sehen. Bestenfalls Stagnation. Wir haben aber auch dort eine gute Ausgangsposition, da wir mit neuen Fahrzeugen am Start sind.“
Die Münchner bauen auf die großen Exportmärkte. „Der US-Markt bietet hingegen Chancen für eine weitere Erholung.“ Zudem habe sich BMW auf vielen mittelgroßen Märkten wie Australien, Russland, Korea und Türkei eine starke Stellung erarbeitet. Optimistisch ist BMW auch für China. Käufer in China, Russland und lateinamerikanischen Schwellenländern lieben die Marke, selbst der angejahrte X5 läuft gut. BMW liegt aber sogar in Europa stabil im Markt, dank neuer 1er- und 3er-Modelle in 2012. Bei Vorsteuergewinnen um acht Milliarden Euro kann BMW Abschreibungen wegstecken und als Markenpflege verbuchen.
Die Aktie gilt noch immer als günstig bewertet, die Chancen überwiegen.
Daimler
ISIN: DE0007100000
Daimler schlug sich mit seinen Lastwagen zuletzt besser als Rivalen wie MAN oder Scania. Die beiden Volkswagen-Töchter leiden unter Absatzschwund. Im Pkw-Geschäft fährt der Stuttgarter Autokonzern indes seinen heimischen Rivalen Audi und BMW hinterher. Der erfolgreiche Start der neuen, durchaus frischen A-Klasse im Kompaktwagensegment zeigt jedoch, dass Daimler doch noch Zähne hat. Jetzt gilt es, auf Kernmärkten wie China oder im Dienstwagengeschäft zu BMW und Volkswagen aufzuschließen. Knapp fünf Milliarden Euro Nettogewinn holte Daimler im vergangenen Jahr aus rund 112 Milliarden Euro Umsatz. Die Rendite von 4,5 Prozent, die sich daraus ergibt, liegt unter den gut sechs Prozent von BMW und deutlich unter den neun Prozent von Volkswagen.
Daimler leidet in unsicheren Konjunkturzeiten unter seinem Nutzfahrzeuggeschäft (Lastwagen, Omnibusse), das rund 40 Prozent der Konzernumsätze ausmacht, aber nur etwa ein Drittel der Vorsteuergewinne bringt. Umso wichtiger ist es, dass Daimler sein Kerngeschäft Mercedes wieder flott bekommt. Eine Schlüsselrolle spielt China. Das Land soll bis 2020 der größte Absatzmarkt für Daimler werden. Mit dem Partner Beijing Automotive starten die Stuttgarter gerade eine Vertriebsoffensive, mit der die Zahl der jährlich verkauften Fahrzeuge bis 2015 auf 300.000 verdoppelt werden soll.
Entscheidend wird der Erfolg der S-Klasse sein, die 2013 als neues Modell auf den Markt kommen soll und nirgends so gut verkauft werden könnte wie in China. Insgesamt dürfte Daimler Umsatz und Gewinn im neuen Jahr leicht erhöhen. Daimlers Börsenwert liegt derzeit sogar unter dem von BMW, obwohl Daimlers Geschäftsvolumen deutlich größer ist.
Die Aktie hat Nachholbedarf. Eine Konjunkturerholung käme Daimler über das Nutzfahrzeuggeschäft besonders zugute. Als Belohnung für das Warten darauf gibt es eine ansehnliche Dividende.
Toyota
ISIN: US8923313071
Toyota schaffte 2012 nach unrühmlichen Rückrufaktionen und der vorübergehenden Schließung von Produktionsstätten in Japan im Zuge der Fukushima-Katastrophe die Rückkehr an die Weltspitze. Unter die Rückrufaktionen zieht Toyota nun einen Schlussstrich: Mit einer Entschädigung in Milliardenhöhe umgeht Toyota in den USA einen teuren Prozess: Wegen vermeintlich klemmender Gaspedale hat sich der japanische Autobauer zu einer Vergleichszahlung von 1,1 Milliarden Dollar (rund 834 Millionen Euro) bereit erklärt. Mit dem Geld sollen Eigentümer für den erheblichen Wertverlust ihrer Fahrzeuge entschädigt werden, teilte der japanische Automobilkonzern mit. Der Klägerseite zufolge soll es der größte Vergleich sein, der im Zusammenhang mit Defekten an Autos jemals in den USA erzielt wurde. Mehr als 14 Millionen Fahrzeuge wurden in der Folge wegen möglicher Probleme bei der Beschleunigung und Defekten an Bremsen von Toyota in den vergangenen Jahren in die Werkstätten zurückgerufen. Dieses Kapital soll nun abgeschlossen sein und dürfte der Aktie Auftrieb geben.
Allerdings hat sich das Papier bereits gut entwickelt. Die Aktie ist mit einem geschätzten Kurs-Gewinnverhältnis von mehr als elf für das Jahr 2013 nicht mehr billig. Zwar nimmt die Zahl der Kaufempfehlungen durch Analysten allmählich wieder zu, empfehlenswert ist der Einstieg jedoch erst wieder bei Kursrückschlägen. Wer vor einem Jahr Toyota-Aktien gekauft hat, kann jetzt hingegen 40 Prozent Gewinn realisieren. Auf die Dividende von 0,82 Euro je Aktie bis zum Frühling zu warten, ist da riskant. Zum Kurs um die 34 Euro winkt ohnehin nur einen Rendite von 2,4 Prozent.
General Motors
ISIN: US37045V1008
Die Aussichten für General Motors (GM) haben sich gebessert. Im Oktober 2012 kündigte General Motors eine strategische Kooperation mit dem französischen Autokonzern Peugeot-Citroën an. Beide Hersteller wollen ihren Einkauf zusammenlegen und drei Fahrzeugplattformen gemeinsam entwickeln. Der erste "Peugopel" soll 2016 auf den Markt kommen. Allerdings wird die Kooperation der beiden Hersteller kleiner ausfallen als zunächst gedacht - und wie viel GM dadurch sparen kann, ist noch offen. Im Februar 2012 hatten die beiden Autobauer nach fünf Jahren Kostenvorteile von jährlich etwa 1,5 Milliarden Euro durch ihre Kooperation in Aussicht gestellt, in den Anfangsjahren sollen diese jedoch noch deutlich geringer ausfallen. Beide Autobauer leiden unter einer Absatzschwäche in Südeuropa. Sorgen bereitet GM insbesondere die Tochtermarke Opel. Die Werkschließung in Bochum ist bereits beschlossene Sache.
Aktionäre dürfte freuen, dass General Motors inzwischen 40 Prozent der Aktien zurückgekauft hat, die der Staat zur Rettung des Konzerns erworben hatte. Die restlichen General Motors-Aktien in Staatsbesitz sollen innerhalb der nächsten zwölf bis 15 Monate am freien Markt verkauft werden. Nach Ansicht der Schweizer Bank UBS sollte der Ausstieg des Staates der Aktie Auftrieb geben. Nach dem Rückkauf dürfte General Motors zudem über Barmittel von 21 Milliarden US-Dollar verfügen. Der Rückkauf verbessert die Gewinnbilanz für Aktionäre: Unter Berücksichtigung der geringeren Aktienzahl hat die UBS die Gewinnprognose für 2013 von 3,50 auf 4,00 US-Dollar je Aktie angehoben. Das ebenfalls erhöhte Kursziel für die Aktie sieht die UBS nun bei 35,00 US-Dollar - und bewegt sich damit im Mittelfeld der Schätzungen. Die Aktie hat also noch Luft nach oben, zumal sie gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2013 von weniger als acht noch recht günstig ist. Eine große Dividende ist allerdings nicht zu erwarten und für Euro-Anleger kommt noch das Wechselkursrisiko zum Dollar hinzu. Wer einsteigen möchte, sollte unbedingt einen Stoppkurs setzen, etwa bei 17,70 Euro.
Volkswagen
ISIN: DE0007664039
Volkswagen gehört zu den großen Gewinnern des Autojahres 2012. VW stellt sich zwar im nächsten Jahr auf schwierigere Zeiten ein, will der Konkurrenz aber 2013 erneut die Rücklichter zeigen. Auch strategisch haben die Wolfsburger im vergangenen Jahr wichtige Fortschritte erzielt: Machtübernahme bei MAN, Kompletteinbau von Porsche, Verlängerung der China-Kooperation.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Massenherstellern wie Opel, Fiat oder PSA Peugeot-Citroën, die stark von Europa abhängig sind, traf VW die Absatzkrise in Westeuropa weniger hart; Werksschließungen sind kein Thema. Das Absatzminus im kriselnden westeuropäischen Markt fiel längst nicht so stark aus wie bei Konkurrenten. Der VW-Konzern konnte daher seinen Marktanteil weiter ausbauen. 8,29 Millionen – so viele Fahrzeuge verkaufte der Volkswagen-Konzern in den elf Monaten von Januar bis November. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2011. Und ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Nummer zwei im weltweiten Automarkt – vorbei an General Motors (GM). Die Zeichen stehen also auf Expansion. Tochter Audi etwa will in den kommenden vier Jahren 13 Milliarden Euro in seine Modellpalette und moderne Fabriken stecken und dank brummender China-Geschäfte 2012 einen Absatz von 1,4 Millionen Fahrzeugen erreichen.
Auch wenn die Wolfsburger mit einem hohen Umsatzanteil etwa in China besser aufgestellt sind als die französischen Konkurrenten Renault und Peugeot Citroën, hat der Durchschnitt der Analysten seine Gewinnschätzungen für Volkswagen wegen der Schwierigkeiten in Europa bereits um die Hälfte reduziert. Zwar ist die Bewertung immer noch niedrig. Dennoch sollten Anleger erst einmal abwarten, bis die Korrektur abgeschlossen ist. Auf Sicht der vergangenen zwölf Monate ließen sich auch Gewinne von 44 Prozent realisieren - wenn man verschmerzen kann, dass einem so ein noch höheres Plus in der Zukunft entgeht.
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