Börse So riskant sind die Dax-Aktien

Viele Anleger meiden Aktien aus Angst vor Verlusten. Zu Recht? Unsere Auswertung über 27 Jahre zeigt, wie hoch die Risiken sind. Und vor allem, welche Dax-Aktie am sichersten - und welche am riskantesten ist.

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Analyse der Dax-Aktien der letzten 27 Jahre. Quelle: Collage

Vielen Anlegern fällt es schwer, wenn nach dem Kauf einer Aktie deren Kurs fällt. Klar, auf lange Sicht sind die Verlustrisiken mit Aktien begrenzt. Meist holen Aktien selbst herbe Verluste wieder auf – wenn Anleger Geduld mitbringen. ‚Es sind nur Buchverluste‘, lautet deswegen die Beruhigungspille, die sich Anleger dann selbst verschreiben können.

Doch, wer ehrlich ist, kann auch Buchverluste nicht leiden. Vor allem bei unerfahrenen Anlegern ist zudem das Risiko groß, dass sie nach hohen, aber fundamental unbegründeten Kursverlusten ihrer Aktien die Nerven verlieren und doch verkaufen. Aus den Buchverlusten werden dann ganz reale Verluste. Oder aber – im Gegenteil – Anleger halten an Verlusttiteln fest, obwohl sich deren Geschäftsaussichten fundamental verschlechtert haben und nur noch wenig Aussicht auf Besserung besteht. Beide Szenarien voneinander zu unterscheiden, ist zudem nicht einfach, manchmal gar unmöglich, ohne Wahrsager-Qualitäten mitzubringen.

Das Jahresende ist ein guter Zeitpunkt für eine nüchterne Bestandsaufnahme. Wie groß sind die Risiken überhaupt, mit großen, vermeintlich stabilen Unternehmen, wie sie etwa im Deutschen Aktienindex Dax gelistet sind, hohe Verluste zu erleiden? Wir haben den Fundus an Börsendaten ausgewertet und die Dax-Aktien einem exklusiven Risiko-Check unterzogen. Dabei ging es uns nicht darum, Risiken kleinzurechnen. Im Gegenteil, wir wollten wissen: Was drohte im schlechtesten Fall? Wie hoch war das Risiko, bei einem ungünstigen Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt viel zu verlieren?

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Wieviel Verlust schon viel ist, ist relativ. Manchem Sparbuch-gewöhnten Anleger wird schon ein rascher Verlust von zehn Prozent schlaflose Nächte bereiten. Damit bringt er denkbar schlechte Voraussetzungen für die Börse mit. Zwischenzeitliche Verluste sind hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Doch bei höheren Verlusten, sagen wir: 30 Prozent, hört wohl für viele andere Anleger der Spaß auf. Die Vorstellung, dass sie Geld in der Aussicht auf ordentliche Erträge angelegt haben, und dann von 1000 investierten Euro nur noch 700 Euro übrig sind, gefällt niemandem.

Was hätte man mit dem Geld, das sich da soeben in Luft aufgelöst hat, nicht alles kaufen können?

Blicken wir also zurück. Und weil die Börse weniger für die kurz- als für die langfristige Geldanlage sinnvoll ist, schauen wir weit zurück. Der Datendienstleister Bloomberg stellt für 19 der 30 heutigen Dax-Aktien Kurse seit Oktober 1989 zur Verfügung, also mit Start vor über 27 Jahren. Die übrigen heutigen Dax-Aktien haben wir in die Analyse einbezogen, sobald Daten vorlagen. Meist war das kurze Zeit später. Am kürzesten liegen Daten für das Wohnungsunternehmen Vonovia vor, das erst im Juli 2013 – damals noch als Vorläufer-Unternehmen Deutsche Annington – an der Börse startete.

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Die Analyse ist in diesem Fall wenig aussagekräftig, bei allen Durchschnittsberechnungen haben wir es daher ausgeschlossen. Die Auswertung endete für alle Aktien am 20. Dezember 2016.

Gemessen an den möglichen Einstiegstagen (7087 waren es) seit 1989 (und dabei jeweils zum Tageshöchstkurs) lag das Risiko, im schlimmsten Fall 30 Prozent oder mehr zu verlieren (beim Ausstieg zum Tagestiefstkurs), im Durchschnitt bei 58 Prozent. Betrachtet man also zehn zufällig gewählte Einstiegstage, hätte man an 5,8 davon, später irgendwann mal 30 Prozent oder mehr verloren gehabt. In den allermeisten Fällen blieb es natürlich nicht bei dem Verlust, später stiegen die Kurse wieder, außerdem bleiben auch die womöglich seit dem Kaufzeitpunkt gezahlten Dividenden unberücksichtigt. Doch Fakt bleibt, die Anleger mussten dann ertragen, zumindest zwischenzeitlich einen Verlust von 30 Prozent oder mehr auf ihrem Depotauszug zu sehen.

Der Durchschnitt verdeckt extreme Unterschiede

Wie so oft, verdeckt der Durchschnitt ganz extreme Unterschiede. Die riskanteste der heutigen Dax-Aktien war etwa die Deutsche-Bank. Hier lag das entsprechende Verlustrisiko bei 98 Prozent. Sprich: Bei zufällig ausgewählten zehn Einstiegstagen, hätte es gerade mal 0,2 gegeben, an denen der Kurs der Deutschen-Bank-Aktie nicht später irgendwann mal 30 Prozent tiefer gestürzt wäre. Im Schnitt brauchte es bei der Deutschen Bank dafür auch nur 438 Tage – ein niedriger Wert. Auf alle Dax-Aktien bezogen, dauerte ein solcher Absturz durchschnittlich 921 Tage, also fast drei Jahre lang. Kaum besser als die Deutsche Bank schlug sich die zweite Bank im Dax, die Commerzbank. Hier lag das Verlustrisiko bei ebenfalls extrem hohen 97 Prozent.

Spannender dürften aber die in der Rückschau sichersten Dax-Aktien sein. Auf Platz 2 liegt Henkel, mit einem Verlustrisiko von nur 21,9 Prozent. Auf Platz 1 – also auf dem Platz der stabilsten Dax-Aktie – triumphiert Beiersdorf, mit knapp besseren 21,5 Prozent Verlustrisiko. An acht von zehn möglichen Einstiegstagen hätten Anleger hier also nie einen zwischenzeitlichen Buchverlust von 30 Prozent oder mehr gesehen. Eine beeindruckende Kursstabilität.

Spannend ist der Vergleich mit einer anderen Geldanlage: Gold. Gold-Skeptiker warnen oft vor großen Preisschwankungen und den dadurch bedingten Risiken. Doch in den Daten ist davon wenig zu sehen. Betrachtet man den Goldpreis in Euro, sehen im Vergleich selbst die stabilsten Dax-Aktien noch riskant aus. Das Verlustrisiko seit Oktober 1989 lag beim Gold bei gerade einmal 8 Prozent. Von zehn möglichen Einstiegstagen hätte man schon die unglücklichen 0,8 Tage erwischen müssen, an denen später irgendwann mal ein solch herber Preisverlust entstanden wäre.

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Ein langsamer Kursverlust könnte für Anleger eventuell weniger nervenaufreibend sein als ein plötzlicher, starker Einbruch. Deswegen ist auch der Blick auf die extremsten Abstürze interessant. Für den schnellsten Kurssturz um 30 Prozent oder mehr brauchte Beiersdorf 30 Tage (im November/Dezember 2000), Henkel noch 26 Tage (August/September 1998). Andere schafften das deutlich schneller. Manchmal gar binnen eines einzigen Tages: Volkswagen etwa im Oktober 2008, in den Wirren rund um die letztlich gescheiterte Übernahme durch Porsche. Zum Vergleich: Gold-Anleger erlebten den schnellsten Preissturz um 30 Prozent oder mehr in 196 Tagen, also quasi in Zeitlupen-Tempo.

Den jüngsten 30-Prozent-Kurssturz erlebten übrigens RWE-Anleger, die Ende September gekauft hatten und schon Mitte Dezember einen solchen Verlust erlitten hatten.

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Die Auswertung zeigt, dass selbst bei vermeintlich großen und stabilen Konzernen durchaus heftige Wertschwankungen auftreten können. Vorsichtige Anleger, die mit auch nur zwischenzeitlichen Verlusten eher schlecht umgehen können, sind mit Einzelaktien daher schlecht beraten. Sie sollten eher auf einen breiten Index setzen, etwa mit einem Indexfonds (ETF), der dann einen Korb aus mehreren Aktien abbildet. So federn Sie Verluste einzelner Aktien leichter ab.

Ein Mix aus verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Gold und Bargeld, wie ihn die WirtschaftsWoche regelmäßig mit ihrem Mischdepot vorstellt (siehe zum Beispiel hier), bietet noch mehr Stabilität, da ihre Wertentwicklung teils gegenläufig ist. So können Anleger ruhig schlafen und trotzdem von den Renditechancen mit Aktien profitieren.

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