Börsen-Roundtable Warum Anleger und Gründer eine neue Tech-Börse brauchen

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Was bremst?

Peter Conzatti Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Und wer soll das ändern?

Conzatti: Die Börse ist nur das i-Tüpfelchen. Was zuvor schon alles schiefläuft, wird zu wenig beachtet. Das Problem fängt bei der Bildung an: In was investiere ich? Kenne ich mich da aus? Wie werde ich erzogen und ausgebildet, welche Risikobereitschaft habe ich? Da sind wir in Deutschland Entwicklungsland.

Schambach: Ich wäre schon zufrieden, wenn die Politik nichts täte, was Investments in Aktien bremst, wenn sie nicht alles noch schlimmer machen würde. Die Finanztransaktionsteuer etwa ist ein verheerendes politisches Signal dafür, dass Aktien schlecht und an der Börse nur böse Buben unterwegs sind, die besteuert werden müssen.

Was bremst noch?

Conzatti: Unternehmer überlegen genau, wie sie am besten Geld hereinholen. Wer an die Börse geht, muss eine Horde Berater engagieren, um bloß nicht in irgendwelche juristischen Fallen zu tappen. Unternehmer, die gut mit Eigenkapital ausgestattet sind, wollen sich den Aufwand nicht antun und machen eben eine Bankfinanzierung.

Reck: Ich würde einen runden Tisch installieren, um die ersten 20 bis 40 Unternehmen, die später für einen Börsengang infrage kämen, an den Markt heranzuführen. Die Beteiligten müssen tun, was nötig ist, damit eine Finanzierung zustande kommt. Wir können nicht darauf warten, dass der Prozess irgendwie in Gang kommt.

Wer soll das machen?

Schambach: Das ist die originäre Rolle der Risikokapitalgeber und Private-Equity-Finanzierer. Die haben ein Interesse daran, dass für sie eine Ausstiegsmöglichkeit geschaffen wird. Aber diese internationalen Firmen kommen nur, wenn sie wissen, dass sich der Aufwand lohnt. Initiieren kann das nur die Deutsche Börse.

Reck: Das sehe ich anders. Viele müssen gleichzeitig den Hebel ansetzen, sonst ist es eine One-Man-Show. Und dann ist am Ende ein neues Segment da, aber andere Dinge fehlen. Das funktioniert nicht.

Schambach: Wir haben in Berlin bereits eine funktionierende Startup-Szene, das ist der grundlegende Baustein. Teams kommen selbst aus New York oder San Francisco nach Berlin. Es ist eine attraktive Metropole, da passiert etwas. Jeder schreit nach Wachstumsfinanzierung, aber die lebt davon, dass man Geld verdienen kann, und dazu braucht man die Börse und ein neues Börsensegment für Technologieunternehmen. Wir können nicht warten, bis sich die deutsche Mentalität ändert. Es gibt genügend internationale Investoren, die herkommen würden, wenn es interessante Unternehmen gäbe, die sich listen lassen.

Reck: Die Börse ist ein wichtiges Element. Aber zur Finanzierung von Wachstum gehören auch Analysten, die die Unternehmen beobachten, die sie kennen, die ihre Wettbewerber definieren. Dazu gehören Banken, die Berichterstattung in der Presse und Vertrauen, also auch Anleger, die bereit sind, in Wachstum zu investieren. Information muss transparent und verfügbar sein; es ist ein Zusammenspiel von vielen Kräften, damit wir dahin kommen. Und ja, dazu gehört ein gutes Segment, das präzise zugeschnitten ist auf die, denen man eine solche Plattform bieten möchte.

Wird es an der Börse also einen neuen Neuen Markt geben?

Reck: Sicherlich würden wir ein neues Segment nicht so nennen. Zunächst einmal prüfen wir, ob ein Segment Sinn machen könnte und wie es aussehen müsste. Wir sammeln Informationen und sprechen mit allen Beteiligten, haben aber noch nicht entschieden, dass wir ein neues Segment eröffnen. Wir beschäftigen uns mit dieser Frage, aber auch mit vielen anderen. Wie gestaltet man so einen Markt? Wer macht da mit? Wie groß ist die Gesamtheit der börsenreifen Unternehmen? Damit sind wir bis ins Jahr 2014 beschäftigt.

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