Börsenausblick Die Börse ist gefangen zwischen Inflationsängsten und Protektionismus

Die ruhigen Zeiten an der Börse sind vorbei: Die US-Politik sorgt in den kommenden Wochen für hohe Kursschwankungen.

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Experten rechnen in den kommenden Monaten mit sehr volatilen Zeiten. Quelle: AP

Frankfurt. In den kommenden Monaten drohen nach Ansicht der meisten Experten schwankungsintensive Zeiten an den Aktienmärkten. Dabei gibt es verschiedene – und schon lange im Markt befindliche – Ängste der Investoren und Händler. Einmal ist da natürlich die Furcht vor einem Anziehen der Inflation und der Zinsen, zum anderen die Angst für Trumps Strafzöllen.

Die Bedenken bezüglich eines möglichen umfassenden Handelskriegs werden in den kommenden Monaten kaum zerstreut werden, meint Michael Bissinger, Analyst bei der genossenschaftlichen DZ Bank.

Am vergangenen Freitag gab es aber erst einmal Entwarnung an der Inflationsfront. Die durchschnittlichen Stundenlöhne in den USA sind weniger stark gestiegen als erwartet, was die Börsenkurse angeschoben hat. Die für die Inflationsentwicklung wichtigen Löhne stiegen im Februar um 0,1 Prozent nach 0,3 Prozent im Vormonat. Analysten hatten mit 0,2 Prozent gerechnet.

Zudem zeigten die Zahlen der US-Regierung, dass der Arbeitsmarkt noch stärker boomt als erwartet. Für die Aktienmärkte war dies ein positiver Wochenabschluss. Der Dow Jones stieg am frühen Nachmittag in New York 1,4 Prozent auf 25.251 Zähler – um am Abend mit gut 25.336 Punkten zu schließen. Dem Deutschen Aktienindex ging zum Wochenende die Luft aus. Er ging mit 12.346 Punkten und einem minimalen Minus von 0,07 Prozent aus dem Handel.

Lichtblicke könnten in der neuen Woche einige Unternehmensberichte bringen. Zwar rollt die Bilanzwelle langsam aus, mit Volkswagen (Dienstag) und den Energieversorgern Innogy (Montag), RWE (Dienstag) und Eon (Mittwoch) stehen allerdings noch ein paar Schwergewichte auf der Agenda.

Die messbaren Fundamentaldaten für die Börsen sehen trotz der Inflationsängste unverändert positiv aus. Daher erwarten die Strategen der DZ Bank, dass der Dax und der Euro Stoxx 50 bis zum Jahresende auf 14.000 beziehungsweise 4000 Punkte steigen werden.

Trotz guter Fundamentaldaten sei jedoch auch zu erwarten, dass die Kursausschläge an den Aktienmärkten im Vergleich zum Vorjahr zunehmen werden, auch weil die vorherrschende Meinung immer wieder in Frage gestellt wird. Zins-, Inflations- und Protektionismussorgen werden die Volatilität – also die Schwankungsanfälligkeit der Kurse - kurzfristig immer wieder in die Höhe treiben.

Auch die Volkswirte der Helaba befassen sich mit dem wachsenden Protektionismus und seinen Folgen. Eine Abwärtsspirale von Handelsströmen und Output, wie sie sich in der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren einstellte, wäre heute ein „worst case“-Szenario – von dem man aber auch nach einer Eskalation der aktuellen Kontroverse noch ein ganzes Stück entfernt wäre.

Der seit der Krise von 2007 oft gehörte Slogan „Globalisierung im Rückwärtsgang“ sei bislang nur heiße Luft gewesen. Dies könne sich aber ändern. Der Rücktritt von Trumps Wirtschaftsberater Gray Cohn weise zwar darauf hin, dass die Protektionisten derzeit die Oberhand hätten. Doch diese Politik ist auch in der US-Regierung keineswegs unumstritten.

Ein Crash sei jedoch nicht absehbar, so Bissinger von der DZ Bank. Die Unternehmensgewinne in Europa sollten 2018 und 2019 jeweils um zehn Prozent wachsen, was eine sehr gute Basis für die Aktienbörsen wäre. Zudem ist die Bewertung der deutschen und europäischen Standardwerte nach der jüngsten Korrektur relativ günstig.

Auch Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck Privatbankiers, sieht einige Wolken am Börsenhimmel aufziehen. „Die Märkte bleiben im Konsolidierungsmodus. Wichtig ist, dass beim Dax die Marke von 11.900 Punkten hält“, lautet seine Einschätzung.

Derzeit überzeugten die Konjunkturdaten aus den USA mehr als in Europa. Das nähre Bedenken, Europas positiver Konjunkturtrend könnte seinen Zenit überschritten haben.

Aber auch Greil sieht – wie die meisten seiner Kollegen in den anderen Geldhäusern – steigende Inflations- und Zinstrends, gerade in den USA, mit Abstand als größtes Risiko für die Börsen.

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