Börsengänge Warum Anleger Delivery Hero, Vapiano und Noratis nicht brauchen

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Vapiano mit dem falschen Rezept

Auch von der Italokantine Vapiano sollte man lieber die Finger lassen. Das Wachstumsrezept klingt einfach, doch angesichts steigender Umsätze laufen die Kosten aus dem Ruder. Bisher haben sich vor allem Comedians an dem in Hamburg gegründeten Unternehmen abgearbeitet, weil es seine Gäste für jede Beilage und jeden Cappuccino einzeln Schlange stehen lässt und den Genuss gänzlich unitalienisch mit nervtötendem Vibrationsalarm auf dem obligatorischen Tablett unterbricht, sobald ein neuer Teller zur Abholung bereitsteht. Kellner gibt es nämlich keine.

Die Gäste allerdings machen bei der stressigen Selbstbedienung offenbar nur zu gern mit. 40 Millionen waren es weltweit im vergangenen Jahr, und es sollen noch mehr werden: Das bei dem bevorstehenden Börsengang eingespielte Anlegergeld soll vor allem in die Eröffnung neuer Restaurants fließen. 186 in 30 Ländern sind es derzeit, 2020 sollen es 330 sein. Mehr Restaurants, mehr Umsatz, mehr Gewinn, das klingt einfacher als ein Pizzarezept.

Gewinne nahezu aufgelöst

Stutzig macht, dass Vapiano in den vergangenen Jahren sein Wachstum schlecht verdaut hat. So kletterte der Umsatz 2016 auf 248,6 Millionen Euro und liegt nun rund 64 Prozent höher als zwei Jahre zuvor. Im gleichen Zeitraum verdoppelten sich jedoch die Personalkosten in etwa, während der Nettogewinn sich von 6,9 auf 0,3 Millionen Euro fast auflöste.

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Das Unternehmen begründet das mit Abschreibungen auf die neu eröffneten Restaurants, mit der aufwendigen Lebensmittelsicherheit und der Einführung des Mindestlohns in Deutschland. Warum künftiges Wachstum günstiger zu haben sein sollte, bleibt dabei offen. Zuletzt blieb je Restaurant ein durchschnittlicher operativer Gewinn von nur rund 18.000 Euro. Die laut Finanzkreisen hohe Nachfrage nach den Vapiano-Aktien im Angebotsvolumen von 225 Millionen Euro ist daher schwer verständlich. Es gibt trotz des bekannten Namens keinen Grund, die Anteile zu ordern. Zumal es nicht an Alternativen mangelt. Etwa McDonald’s, der Altmeister der Systemgastronomie, dessen Aktien noch vertretbar bewertet sind.

Noratis: Profitabel, aber nicht alternativlos

Mit einem Emissionsvolumen von 45,5 Millionen Euro ist der dritte Börsenkandidat Noratis deutlich kleiner als Delivery Hero und Vapiano. Anders als die beiden Großen hat der Immobilienentwickler aus Eschborn bei Frankfurt aber seine Kosten im Griff und arbeitet bisher profitabel. Wenn alles klappt, soll der Wert im Mittelstandssegment Scale der Deutschen Börse starten.

Noratis kauft und saniert Wohnblöcke in Randlagen und Kleinstädten, um diese mit Gewinn weiter zu verkaufen, etwa an Versicherungen. Beispiel sind die ehemaligen Werkswohnungen des Chemiekonzerns Bayer in Dormagen.

Um alteingesessene Mieter nicht zu vergraulen, saniert Noratis nur frei werdende Wohnungen und arbeitet mit der Kommunalpolitik zusammen. Mit den laufenden Mieten wollen die Eschborner ihre Einnahmen stabilisieren, um ohne Verkaufsdruck anbieten zu können. Die Umsätze haben von 16,7 auf 44,6 Millionen Euro zugelegt, der Gewinn verfünffachte sich innerhalb von zwei Jahren auf sechs Millionen Euro. Noratis kann sich sicher zu einem netten Börsenwert entwickeln, doch die Aktie ist kein Muss für Anleger – einen Hebel auf den deutschen Immobilienboom findet man auch bei vielen anderen Aktien.

Die interessanten Börsengänge kommen erst noch

Drei IPOs auf einen Schlag stellen keinen Zwang dar, unbedingt jetzt investieren zu müssen. Denn daneben stehen dieses Jahr voraussichtlich noch weitere teils interessante Börsenkandidaten auf der Speisekarte.

Mit der Gesundheitssparte von Siemens und der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank sind zwei Abspaltungen von Großkonzernen dabei. Wer die Aktien der beiden Mütter hält und diese eigentlich nicht verkaufen will, sollte bei den Abspaltungen nachinvestieren, um keine Substanz zu verlieren. Auch der Prothesenspezialist Otto Bock und die Klinikkette Asklepios könnten ihre Börsenambitionen dieses Jahr wahr machen.

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