Börsenhandel Kreative Zerstörer drängen nach Europa

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„Speed Bumps“ für fairen Handel

Was Aufseher und klassische Anleger nicht mögen, ist für die Börsen ein einträgliches Geschäft. Sie verdienen am Verkauf schnellerer Zugänge zu ihren Handelsplattformen und kassieren fünfstellige Monatsmieten von Großbanken, die ihre Server direkt neben den Börsenrechnern aufstellen, damit ihre Kunden ein paar Mikrosekunden schneller als die Konkurrenz sein können.

Die kleine US-Börse IEX will wieder faire Bedingungen für alle schaffen. 2013 gestartet, operiert sie heute als Vollbörse am US-Aktienmarkt. Wer hier handeln will, hat die Ruhe weg, zumindest gemessen in den Zeiteinheiten der Börse. Bei der IEX dreht ein Handelsauftrag zunächst ein paar Schleifen durch eine 38 Meilen lange Spule aus Glasfaserkabel, bevor er auf der Handelsplattform landet. „Speed Bump“ nennt die IEX ihr System, nach den tempodrosselnden Bodenschwellen in verkehrsberuhigten Zonen. Die Order wird um nur 350 Mikrosekunden, die Zeit eines Wimpernschlags, abgebremst. Das reicht, um die ungeliebten superschnellen Händler auszubremsen, weil ihr Zeit- und Wissensvorsprung so nicht mehr reicht, um sich vorzudrängeln.

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Kampf der Be- und Entschleuniger

„Wir wollen mit der IEX eine faire, einfache und transparente Aktienbörse schaffen“, sagt Brad Katsuyama, kanadischer CEO und Co-Gründer der IEX. Die etablierten Börsen hätten ihr Geschäft einseitig zugunsten des hyperschnellen Handels verändert. Die echten Anleger, für die der Markt eigentlich da sein solle, würden „massiv unterbedient“ und ausgenutzt, so der Kanadier, der als einer der Protagonisten im Finanzmarkt-Bestseller „Flash Boys“ von Michael Lewis bekannt wurde. „Die Speed Bump ist für uns ein Weg, möglichst vielen Akteuren gleiche Wettbewerbsbedingungen zu geben.“

Immer mehr Investoren überzeugt das: Seit ihrem Start als Vollbörse im September 2016 hat die IEX bis Mitte Februar 2,3 Prozent des Handelsvolumens am US-Aktienmarkt an sich gezogen. Pro Tag werden dort Aktien für rund fünf Milliarden Dollar gehandelt.

Bremse für fairen Börsenhandel: Beim gewöhnlichen Börsenhandel haben Hochfrequenzhändler (HFTs) einen Informationsvorsprung, an der IEX verpufft er. Für eine detaillierte Ansicht bitte auf die Grafik klicken.

Die Märkte zu entschleunigen sei im Grundsatz eine gute Idee, sagt Vermögensverwalter Leber, auch wenn er einen anderen Weg bevorzugt – eine Mindesthaltezeit für Wertpapiere von einer Zehntelsekunde. „Das schafft Verbindlichkeit“, sagt er.

Rückenwind erhält die junge Börse von mächtigen globalen Investoren wie der kalifornischen Capital Group, mit 1,4 Billionen Dollar an verwaltetem Vermögen eine der bedeutendsten Fondsgesellschaften weltweit, und dem norwegischen Staatsfonds. „Wir glauben, dass das Geschwindigkeitsrennen an sein Ende gekommen ist“, sagt Geir Oivind Nygard, leitender Vermögensstratege für den Fonds, in dem Papiere für umgerechnet 858 Milliarden Euro stecken. Die IEX habe den Fokus weg von der Geschwindigkeit verlagert, lobt Nygard. „Wir werden sie weiter unterstützen.“

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