Börsenherbst "Für Aktien ein fast perfektes Szenario"

Kaum jemand ist so nah am Börsengeschehen wie Robert Halver. Warum er trotz der Krisen in Syrien und Eurozone optimistisch bleibt, die Bundestagswahl fast egal ist und was Anleger im heißen Herbst erwartet.

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Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Münchener Baader Bank an seinem Arbeitsplatz, der Frankfurter Börse Quelle: Presse

Wiwo.de: Herr Halver, der Börsensommer lief für viele besser als erwartet. Aktuell belastet jedoch der Syrien-Konflikt die Märkte. Was sind die Befürchtungen?

Robert Halver: Geopolitische Risiken sind schwer einzuschätzen. Ist es ein kurzer Konflikt oder einer mit Kollateralschäden für die gesamte Region und die Ölversorgung? Einige Finanzmarktteilnehmer befürchten, dass es nicht bei einem kurzen, „chirurgischen“ Militärschlag gegen Syrien bleiben könnte. Denn Erfahrungen im Irak und Afghanistan zeigen, dass kriegerische Auseinandersetzungen deutlich länger andauern und die Weltbörsen nachhaltig verunsichern können. Außerdem ist Syrien ein hoch militarisierter Staat, der als Gegenreaktion auch die Nachbarländer Türkei oder Israel in Mitleidenschaft ziehen könnten. Schnell könnte das zu einem Regionalkonflikt eskalieren, der auch die verbündeten Syriens, den Iran, Russland und China, mit einbezieht.

Wie würden die Märke darauf reagieren?

Sichere Häfen wie Gold und Silber, Staatsanleihen der USA, der Schweiz und Deutschlands wären heißbegehrt. Daneben würde der Ölpreis dramatisch ansteigen. Die Aktienmärkte hätten bei dieser Flucht in die Sicherheit das Nachsehen.

Zur Person

Gold, Ölpreis sowie Bundes- und US-Anleihen verzeichnen bereits Anstiege. Wird das so weitergehen?

Nach meiner Einschätzung nicht. Die USA, Großbritannien und Frankreich beabsichtigen nicht, das Regime Assad zu beseitigen, werden also keinen langwierigen Bodenkrieg durchführen. Es geht darum, ein Zeichen gegen den Gasangriff zu setzen. Die westliche Welt weiß um das politische und religiöse Pulverfass Syrien und hat aus den Konflikten mit Afghanistan und Irak gelernt. Interessanterweise bleiben auch die russische und chinesische Regierung vergleichsweise ruhig. Offensichtlich hat man sich mit Moskau und Peking schon auf einen begrenzten Militärschlag verständigt. Das nährt die Hoffnung, dass - wenn die Kanonen tatsächlich donnern, dies aber nur kurzfristig tun - wieder der positive konjunkturelle und geldpolitische Status Quo marktbestimmend sein wird und Aktien beflügelt werden.

Welche Themen entscheiden denn mittel- bis langfristig über den Börsentrend?

Die Stimmung ist aktuell verhalten. Darüber hinaus gibt es drei Themen, die den Aktienmarkt in Deutschland bewegen. Erstens: Wann und wie kommt das Tapering, also die Drosselung der milliardenschweren Geldspritzen durch die US-Notenbank. Dabei wird uns eine Liquiditätswüste sicherlich nicht drohen, im Gegenteil. Zweitens die Bundestagswahl - wobei die Börse sowohl mit Schwarz-Gelb als auch mit einer Großen Koalition zurechtkäme. Und drittens das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Staatsanleihekäufen der Europäischen Zentralbank. Dabei gehe ich aber davon aus, dass die Karlsruher Richter das Ankaufprogramm für Staatsanleihen durch die EZB mit kleinen Auflagen durchwinken werden und somit von dieser Seite kein Ungemach für die weitere Euro-Stabilisierung droht.

Wann werden sich diese Faktoren an der Börse niederschlagen?

Entscheidend ist, dass diese Verunsicherungsfaktoren Anfang Herbst aus der Welt geschafft wurden, dass also aus Unsicherheit Fakten werden. Mit 8200 Punkten im DAX sind wir nicht wirklich weit vom Allzeithoch entfernt. Vor dem Hintergrund, dass die Probleme in der Eurozone zwar nicht gelöst, aber zumindest zugeschüttet sind, haben wir recht stabile Kurse. Es fehlen im Moment nur etwas die Anschlusskäufe, um die Börse nachhaltig über das Rekordhoch zu hieven. Pessimistisch muss man jedoch nicht sein.

Spricht die Konjunkturentwicklung für einen weiteren Kursanstieg, oder ist das schon längst eingepreist?

Ich erwarte für die Euro-Zone positive konjunkturelle Überraschungen, wenn auch absolut betrachtet auf immer noch schwachem Niveau. Einen kräftigen Aufschwung werden wir nicht erleben. 2014 wird es dann noch besser laufen, weil sich dann die Weltkonjunktur festigt - etwa in Amerika - und die Chinesen und Japaner mit billigem Geld nachhelfen. In Deutschland leben wir ganz gut von der Weltwirtschaft und haben ein gesundes Konsumklima entwickelt – auch weil wir auf unsere Sparbücher und Festgelder kaum Zinsen bekommen. Die Leute geben ihr Geld lieber aus.

"Konjunktur wird so oder so geschützt"

Die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl
ANGELA MERKEL - Kampf um dritte KanzlerschaftDie CDU-Chefin kämpft bei der Wahl am 22. September um ihre dritte Kanzlerschaft. Ins Amt kam Angela Merkel 2005 an der Spitze einer großen Koalition aus Union und SPD. Seit 2009 führt sie ein Bündnis mit der FDP, das sie erklärtermaßen fortsetzen will. An die Spitze ihrer Partei gelangte die vorherige Generalsekretärin im Jahr 2000 im Zuge des CDU-Spendenskandals - nachdem sie sich scharf von Altkanzler und Ex-Parteichef Helmut Kohl distanziert hatte. Als Parteivorsitzende hat die heute 59-Jährige der CDU eine programmatische Modernisierung verordnet. Grundsatzpositionen wie die Wehrpflicht und das Ja zur Atomkraft wurden aufgegeben, auch in der Familien- und Bildungspolitik änderte sich der Kurs - zum Leid des konservativen Flügels. In die Politik kam die ostdeutsche Physikerin in der Wendezeit. Sie wurde Vizesprecherin der ersten demokratisch gewählten DDR-Regierung und später unter Kohl zunächst Frauen-, dann Umweltministerin. Mitglied des Bundestags ist sie bereits seit 1990. Quelle: dpa
PEER STEINBRÜCK - Klartext-Mann auf schwieriger MissionMit 66 Jahren will er es noch einmal wissen. Das Problem: Der frühere Finanzminister hatte nach dem Ende der großen Koalition eine Kandidatur nicht einkalkuliert - und so fielen Peer Steinbrück seine lukrativen Vorträge gleich auf die Füße, als er schlecht vorbereitet und zunächst ohne eigenen Mitarbeiterstab in das äußerst schwierige Unterfangen startete. Hinzu kamen unglückliche Äußerungen. So trauen ihm bisher nicht viele Bürger zu, es besser zu können als Merkel. Manche fragen auch, ob er der richtige Mann ist für ein eher linkes SPD-Programm. Früher sah er etwa Mindestlöhne kritisch. Aber der Mann feiner Ironie und scharfer Worte kämpft. Die Karriere des Volkswirts begann 1974 im Bundesbauministerium, unter Helmut Schmidt war er Referent im Kanzleramt. Nach Ministerposten in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wurde der gebürtige Hamburger in Düsseldorf Ministerpräsident (2002-2005), dann war er Minister unter Merkel. Für die Zukunft hat er letzteres aber ausgeschlossen. Quelle: dpa
RAINER BRÜDERLE - Haudegen mit HandicapFür den Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion läuft der Wahlkampf bisher alles andere als rund. Vor sechs Wochen stürzte er nach einem privaten Abend mit Freunden schwer, zog sich Brüche an Arm und Oberschenkel zu. Seitdem kämpft der 68-Jährige in der Reha, um zum Wahlkampfendspurt mit vielen Großveranstaltungen wieder fit zu sein. In der Zwischenzeit gibt Brüderle im Akkord Interviews, fordert mehr Datenschutz in Europa, geißelt die Steuererhöhungspläne von Rot-Grün und sucht beim Solidarzuschlag die Konfrontation mit der Kanzlerin. Wann mit dem stufenweisen Soli-Ausstieg begonnen werden soll, darüber sind sich Brüderle und FDP-Chef Philipp Rösler aber selbst nicht so ganz einig. Brüderle, als Fraktionschef lange ein Rösler-Rivale, findet die Doppelspitze mit dem 40-jährigen Vizekanzler gut. Die Mischung aus Jung und Alt sei richtig. „Das läuft alles sehr offen und fair“, sagte Brüderle der „Welt am Sonntag“ über sein Teamspiel mit Rösler. Quelle: dpa
KATRIN GÖRING-ECKARDT Die Frau aus dem Osten ist eine Vertreterin des Realoflügels und eine abwägende Rednerin. Die 47-jährige Göring-Eckardt soll stärker in so genannte bürgerliche Schichten ausstrahlen. Doch bisher fiel es der Thüringerin manchmal schwer, neben dem oft dominant wirkenden Bremer durchzudringen. Göring-Eckardt engagierte sich in der kirchlichen Opposition der DDR und sitzt heute im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie war 1989 Gründungsmitglied der Bürgerbewegung „Demokratie Jetzt“ und von „Bündnis 90“. Unter Rot-Grün war sie Fraktionsvorsitzende. Quelle: dpa
JÜRGEN TRITTIN - Der zweiten Gemischtes Grünen-DoppelDer Mann aus dem Westen gilt als pragmatischer Parteilinker und scharfer Rhetoriker: Zwei sehr unterschiedliche Politiker haben die Grünen per Urwahl an der Spitze ihres Wahlkampfs gestellt. Der 59-jährige Jürgen Trittin steht für klaren Rot-Grün-Kurs. Trittin ist mit Renate Künast seit 2009 Fraktionschef im Bundestag. Im Kabinett von Gerhard Schröder (SPD) leitete er von 1998 bis 2005 das Umweltressort. Vielen gilt er als etwas arrogant, doch im Wahlkampf betont er seine charmante Seite. Quelle: dpa
GREGOR GYSIDie Linke konnte sich nicht auf einen oder zwei Spitzenkandidaten einigen und hat sich deswegen für gleich acht entschieden. Der prominenteste ist Fraktionschef Gregor Gysi. Der 65-jährige Gysi gilt nach dem Abgang Oskar Lafontaines als mächtigster Mann der Linken, hat aber während des erbitterten Machtkampfs um die Parteispitze im vergangenen Jahr Autorität eingebüßt. Der Berliner Rechtsanwalt hat ein zweistelliges Wahlergebnis als Ziel ausgegeben, in den Umfragen liegt die Partei zwischen sechs und neun Prozent. Quelle: dpa
SARAH WAGENKNECHT - Nr. 2 der LinkenWagenknecht war früher Wortführerin der Kommunistischen Plattform lässt ihre Mitgliedschaft in der radikalen Parteigruppierung seit ihrer Wahl zur stellvertretenden Parteivorsitzenden aber ruhen. Neben Gysi gilt die 44-jährige Lebensgefährtin Lafontaines als die Linke mit der stärksten Ausstrahlung. Gysi hat ihren Aufstieg in der Partei mehrfach gebremst. Nach der Wahl könnte sich aber die Frage neu stellen, ob sie an seiner Seite Fraktionschefin wird. Quelle: dpa

Ihre Prognose für den Dax?

Ich bin der Meinung, dass der Dax zum Ende des Jahres bei 8800 Punkten steht. Und im nächsten Jahr dürfte er noch weiter klettern. Außerdem sind viele Anleger noch nicht dabei. Es gibt noch sehr viel Geld, das an den Seitenrändern steht und gar nicht investiert ist. Das ist eine gesunde Marktverfassung mit Potenzial. Den Untergangspropheten, die vom Zusammenbruch im Herbst sprechen, sage ich, sie sollen sich mal in die Lage von Frau Merkel, den Herren Obama, Hollande oder Draghi hineinversetzen. Die werden wie bisher alle Register ziehen, um die Finanzwelt vor dem Abgrund zu bewahren. Längerfristig muss man aufgrund der strukturellen Disharmonien der Eurozone dennoch von Existenzgefährdung sprechen.

Zuletzt sorgten auch Spekulationen um einen neuen Schuldenschnitt für die Griechenlandgläubiger und ein neues Rettungspaket für Unruhe an der Börse. Die Rettung der Eurozone dürfte uns noch länger begleiten. Ist das an der Börse kein Stimmungskiller?

An die Stabilisierung der Eurozone mit stabilitätsfremden Instrumenten haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Und egal, wie die Bundesregierung nach der Wahl aussieht – auch sie wird das Wort Stabilität nicht mehr groß schreiben. Sie wird deutlich lockerer und duldsamer mit neuen Schulden und Sparauflagen in der Euro-Südzone umgehen. Auch so wird die Konjunktur gestützt. Schon aus Angst, dass etwas sozialpolitisch umkippt, wird sich auch die Politik in Berlin fragen, was ihr lieber ist. Stabilität macht nicht satt, aber sozialpolitisch bringt sie große Probleme. Bleiben nur noch mehr Schulden. In Berlin ist das schon akzeptiert: Okay, wenn es denn sein muss. Die klassische deutsche Stabilitätsmusik bekommt nämlich außerhalb unserer Grenzen so viel Anerkennung wie unsere Lieder beim Eurovision-Song-Contest: Germany zero points.

Welchen Wahlausgang erwarten die Börsenteilnehmer – und welcher wäre gut für die Investoren?

Der Wahlkampf spielt an den Börsen keine große Rolle. Ist ja alles Wohlfühlwahlkampf. An der Börse scheint man nicht an Rot-Grün zu glauben, Schon aus Tradition wäre an der Börse die Kombination Schwarz-Gelb wohl der Favorit der Herzen. Diese Konstellation würde die Regierungsarbeit aber wegen der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat eher erschweren. Viele scheinen daher auch mit einer Großen Koalition unter Merkels Führung leben zu können. Und die Große Koalition könnte die heißen Eisen richtig anpacken: Euroland mit mehr Schulden stillschweigend stabilisieren, Griechenland retten und hinnehmen, dass die EZB den Staatsanleihemärkten der Euro-Südzone zur Not Feuerschutz gibt. An der Börse ist die Hoffnung ohnehin geschwunden, dass die gute alte deutsche Stabilität nochmal zurückkommt.

Diese internationalen Börsen erfreuen Anleger
Istanbul-Panorama beim Quelle: dpa
Platz 14: Wien, ÖsterreichSeit drei Monaten: -2,9 Seit einem Jahr: +25,4Seit drei Jahren: -0,4 Quelle: PR
Platz 13: Johannesburg, SüdafrikaSeit drei Monaten: -5,2 Seit einem Jahr: -6,3Seit drei Jahren: +3,3 Quelle: AP
Platz 12: Toronto, KanadaSeit drei Monaten: -1,4 Seit einem Jahr: +4,6Seit drei Jahren: +5,7 Quelle: REUTERS
Platz 11: Sydney, AustralienSeit drei Monaten: -16,2 Seit einem Jahr: -0,1Seit drei Jahren: +9,3 Quelle: REUTERS
Platz 10: Singapur, SingapurSeit drei Monaten: -7,2 Seit einem Jahr: +6,0Seit drei Jahren: +13,5 Quelle: REUTERS
Platz 9: Paris, FrankreichSeit drei Monaten: +4,9 Seit einem Jahr: +32,3Seit drei Jahren: +17,7 Quelle: dpa

Sind Sparprogramme nicht Voraussetzung für eine Erholung in den Krisenländern in der Zukunft?

Griechenland werden wir – so sehr ich das den Griechen wünschen würde – kaum in einen mit uns konkurrierenden Industriestaat verwandeln können. Das geht schon allein aufgrund klimatischer, geographischer und topographischer Bedingungen nicht. Dort ist man weit weg von den Wirtschaftszentren Europas. Eine Infrastruktur wie in Deutschland, Holland oder Belgien ist dort einfach nicht möglich. Also müssen wir mit dem Schuldenmachen - etwa mit längeren Kreditlaufzeiten, Zinserleichterungen oder Konjunkturprogrammen - dagegen halten, damit Griechenland stabilisiert werden kann. Die politische Entscheidung, dass Griechenland in der Eurozone bleiben soll, ist ja längst gefallen. Das geht aber dann nur mit laufend neuen Krediten oder neuen Schuldenschnitten. Diese Tabula-rasa-Lösung wäre ohnehin die ehrlichste, ist aber politisch nur schwer durchsetzbar. Enttäuschend ist es für mich, dass selbst unsere großen Euro-Partnerländer keine wirklichen Reformen durchführen, obwohl diese längerfristig zu selbsttragenden Aufschwüngen führen würden. Dort vertraut man mehr auf Schulden und eine barmherzige Geldpolitik.

Eine Rückkehr zur Einhaltung der Maastricht-Grenzen zur Staatsverschuldung erwarten sie demnach nicht.

Die nationalen Regierungen haben Angst, dass die Erfüllung der Maastricht-Kriterien zu politischen Radikalisierungen führt. Und dann ist alles zu spät, dann endet die Leidensfähigkeit der Bewohner und die Eurozone ist unmittelbar gefährdet. Insofern werden sich Italien, Spanien oder Frankreich keinem Euro-Rettungsschirm mit seinen Spardiktaten beugen. Immerhin, solange die EZB geldpolitisch stützt, muss es nicht der deutsche Finanzminister mit seinem Haushalt zu tun. Halleluja.

"Die Tapering-Debatte ist eine Scheindebatte"

Was seit Jahresbeginn aus 100.000 Euro geworden ist
Silber62.510 EuroZu den größten Geldvernichtern gehörte die Anlage in Silber. Hätte man am 1. Januar 2013 100.000 Euro in Silber investiert, wäre das Investment am Ende des ersten Halbjahres nur noch 62.510 Euro wert. Silber gilt nicht nur als Schmuck- und Anlagemöglichkeit, sondern ist auch ein wichtiges Industriemetall. Schlechte Konjunkturnachrichten aus China ließen deshalb auch den Silberpreis fallen. Zudem belastete auch der Preisverfall bei Gold den Silberpreis.(Quelle: Handelsblatt, Ergebnisse gerundet, ohne Steuern und ohne Kosten für Wertpapierverkauf.)Stand: 30.06.2013 Quelle: dpa
Brasilianische Aktien73.320 EuroGroßveranstaltungen spalten das Land. Die horrenden Kosten für die Fußball-WM und die Olympischen Spiele, die in dem Land ausgetragen werden sollen, verärgern die Bevölkerung. Zumal die Regierung auf der anderen Seite die Kosten für den Nahverkehr erhöht. Brasilien erlebt 2013 einen Wachstumseinbruch. Bis Mai 2013 wuchs die Wirtschaftskraft gerade mal um 0,6 Prozent, gleichzeitig stieg die Inflationsrate auf 6,5 Prozent und die Lebensmittelpreise um 13 Prozent. Das machte brasilianische Aktien unattraktiv. Quelle: dpa
Gold74.490 EuroDer Goldpreis hat eine Talfahrt hinter sich wie lange nicht mehr. Der Preis pro Feinunze fiel sogar unter die Marke von 1.200 Dollar. An dem Edelmetall scheiden sich die Geister. Während einige Experten die mehr als 10-jährige Goldrally für beendet erklären, halten andere an ihrem Investment in Gold fest. Egal wie man die weiteren Aussichten für Gold bewertet, 2013 war es kein gutes Investment. Quelle: dpa
Namibische Aktien75.850 EuroNamibias Wirtschaft besteht zu 20 Prozent aus Bergbau. Neben Diamanten und Gold werden auch Industriemetalle wie Kupfer gefördert. Zwar gehört Namibia zu den reicheren Ländern Afrikas, hat aber eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Die sinkende Nachfrage von Rohstoffen belastet auch Namibias Unternehmen. Namibische Aktien haben im ersten Halbjahr somit aus 100.000 Euro 75.850 Euro gemacht. Quelle: dpa
Russische Aktien83.690 EuroHätte man sein Geld in russische Aktien an der Micex investiert, wäre man nicht gut gefahren. Nicht nur die Proteste gegen die Regierung, sondern auch die stotternde Wirtschaft belasten das Land. Russland ist der größte Energieproduzent der Welt. Doch außer der Energiesparte kann das Land wenig vorweisen. Russische Aktien gelten bei Investoren als unattraktiv, weil das Land mit zu vielen politischen Unsicherheiten belastet ist. Quelle: AP
Südafrikanische Aktien84.720 EuroBei der berühmten BRICS-Strategie steht das S für Südafrika. Investoren steckten viel Hoffnung in das aufstrebende Land. 2013 enttäuschte der Aktienmarkt jedoch. Während die Indizes der Industrieländer kletterten, ging es für die meisten Emerging Markets abwärts. Quelle: dpa
Kupfer85.940 EuroAnleger kündigen Rohstoffen die Treue. Das gilt auch für Kupfer. Das Industriemetall wird vor allem von China, dem rohstoffhungrigsten Land, nachgefragt. Jede Meldung über ein langsameres Wirtschaftswachstum Chinas belastete damit den Kupferpreis. Quelle: dpa

Andererseits fürchten Anleger offenbar, die US-Notenbank könnte den Geldhahn – Stichwort Tapering – langsam zudrehen. Das hat schon für Kursverluste an den Börsen gesorgt. Ist das nicht widersprüchlich?

Das ist eine große Verunsicherung, weil es weder für die derzeitige Geld-Sintflut und erst recht für deren wie auch immer geartete Normalisierung keine historische Blaupause gibt. Grundsätzlich ist diese Tapering-Debatte nur eine Scheindebatte. Denn selbst wenn Tapering dafür sorgt, dass im kommenden Jahr nicht ein Cent zusätzliche Liquidität in den Markt gepumpt wird, hält die US-Geldpolitik immer noch wichtige Trümpfe für einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Hand.

Welche sehen Sie denn?

Erstens: Die Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der US-Notenbank Fed von fast einer Billion Dollar. Die reichen mühelos aus, um die gesamte Volkswirtschaft der USA mehrfach zu refinanzieren. Uns droht also keine Liquiditätswüste. Wir sind nach wie vor im Regenwald der Liquidität. Zweitens: Der Notenbankzins wird ja auf absehbare Zeit unten bleiben. Außerdem hat die EZB noch gar nicht angefangen, ihre geldpolitische Munition zu verschießen. Drittens: Die japanische Notenbank entwickelt sich immer mehr zur globalen Gelddruckmaschine. Bei schwacher Währung, niedrigem Zins und viel Geld in Japan, kann man sich auch dort verschulden und das Geld rund um den Globus transferieren. Wir brauchen Bernankes Geldschwemme daher nicht mehr so.

Das müsste doch den meisten Börsianern ohnehin klar sein. Warum reagieren die Märkte dann auf jedes Räuspern von US-Notenbankchef Ben Bernanke so nervös?

Die Frage ist berechtigt. In den USA sind die Zinsen teilweise schon dramatisch gestiegen, obwohl Tapering noch gar nicht begonnen hat und die Fed weiter monatlich 85 Milliarden Dollar in den Anleihemarkt pumpt. In den Schwellenländern steigen die Zinsen so schnell, dass man dabei zuschauen kann. Dort werden massiv Investorengelder abgezogen. So, als wollten die Amerikaner den Chinesen mal zeigen, wer das Sagen in der Finanzwelt wirklich hat. Was die Märkte stört, ist die Verunsicherung, wann und wie das Tapering kommt. Das Warten macht die Finanzmärkte nervös.

Die Kapitalmärkte müssen aber weiter einen Schwenk zu einer restriktiven Notenbankpolitik fürchten.

Wenn die Katze aus dem Sack ist, werden sich die Märkte beruhigen und merken: Mehr Wasser im Schwimmbad als bis zur Oberkante Beckenrand bringt nichts. Der Rest läuft nur über und kann gar nicht genutzt werden. Die Investoren werden also erkennen, dass die Liquidität nicht abnimmt, sondern nur der Zuwachs an Liquidität gebremst wird. Bernanke will in seinen letzten Wochen im Amt mit seinem Tapering verhindern, dass Aktienmärkte, Rohstoffmärkte, Gold- und Immobilienpreise im Turmbau zu Babel münden. Er möchte verbal seine Liquiditätspolitik normalisieren, was in der Realität aber nicht passiert, denn dann müsste er Geld aus dem System abziehen.

Privatanleger sollten auf Aktien sparen

Erfolgreiche Industrie-Dax-Konzerne
Platz 10: SAP Quelle: dpa
Platz 9: Bayer Quelle: dpa
Platz 8: Deutsche Telekom Quelle: dapd
Top 7: Siemens Quelle: REUTERS
Top 5: RWE Quelle: REUTERS
Platz 5: E.On Quelle: dpa
Top 4: Daimler Quelle: REUTERS

Dann würden also die Anleiherenditen wieder sinken?

Ich erwarte im vierten Quartal jedenfalls gemäßigtere Zinsen. Außerdem wird EZB-Chef Draghi schon deshalb einen deutlichen Renditeanstieg am Anleihenmarkt niemals zulassen, weil es sonst für die Mitgliedsländer – vor allem im Süden - zu teuer wird. Deshalb dürften auch Wetten auf steigende Anleihekurse kaum aufgehen. Wer schon Anleihen hat, kann vielleicht noch leichte Kursgewinne mitnehmen.

Welche Anlagestrategie empfehlen Sie Privatanlegern?

Grundsätzlich sind in einer gesunden Portfoliomischung zwar auch Staatsanleihen und Festgeld drin. Aber die klassische Altersvorsorge über Festverzinsliches funktioniert nicht mehr, da die Inflation von den Renditen nichts übrig lässt. Da sind regelmäßiges Sparen im Sparplan und Sachwerte das A und O. Für Privatanleger haben Ansparpläne für Aktien derzeit viel Charme. Viele Finanzdienstleister bieten inzwischen auch das Ansparen auf Einzelaktien an. Das macht vor allem dann Sinn, wenn man Angst vor Schwankungen an den Börsen hat. Und die werden wir gewiss verstärkt haben. Ich gehe davon aus, dass die Themen Griechenland, Euro-Rettung oder auch geopolitische Risiken wie jetzt in Syrien für deutliche Kursschwankungen sorgen. Umso wichtiger ist es, seine Ansparpläne durchzuhalten und damit die Schwankungen auch auszunutzen.



Der große Bilanzcheck

Wie können sich Anleger auf politisch getriebene Börsen einstellen, an denen Wirtschaftsdaten und Unternehmenszahlen in den Hintergrund treten?

Die oberste Direktive der Politik ist es, die Finanzmärkte nicht kollabieren zu lassen. Feuerwehr und Ambulanz werden immer zur Stelle sein. Es macht auch für den Anleger keinen Sinn, seine ganze Rendite der Stabilität zu opfern. Vielmehr sollte er erst recht auf deutsche Stabilitätsaktien setzen, die von der Weltwirtschaft profitieren. Das schließt den gesunden Mittelstand und Dividendenpapiere mit ein. Das ist eine vernünftige und sachkapitalorientierte Vorgehensweise. Dann ist der Sparer auch gefeit vor Inflation, die viele Portfoliomanager und Experten ohnehin höher kalkulieren, als die offiziell verkündete Inflationsrate. Diese tatsächlich höhere Inflation, die von der Rendite nicht kompensiert ist, ist der Preis, den wir für die Euro-Rettung zu zahlen haben.

Also kann es noch immer zum Crash kommen und Anleger werden wieder auf Gold setzen?

Wenn die Liquidität so hoch bleibt, brauchen wir weiter Gold im Depot. Für mich sind Gold und Silber hervorragende Depotbeimischungen. Aber die Notenbanken werden uns nicht den Gefallen tun und Gold und Silber auf Preise steigen lassen, die fundamental durchaus gerechtfertigt wären. Die Notenbanker wollen nicht, dass Edelmetalle zu einer Alternativwährung werden. Es ist kein Geheimnis, dass über die Derivatemärkte der Goldpreis manipuliert wird. Für Sparer gilt: Gold und Silber dienen weiter dem Werterhalt und der Inflationsbekämpfung. Gegen eine solche Versicherung ist nichts zu sagen.

Heiße Wetten auf gefallene Engel

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Im Jahre 2012 hatten die deutschen Bürger ein Gesamtvermögen von rund 4,94 Billionen Euro. Bis auf die Jahre 2002 und 2008 stieg das Vermögen der Deutschen stetig. Wie stark es zugenommen hat, zeigt ein Vergleich mit dem Jahr 1991. Zu dieser Zeit kumulierten die privaten Haushalte ein Kapital von gerade einmal 1,9 Billionen Euro. Die Übersicht zeigt, wo sich das Geld der Deutschen befindet. Quelle: dpa
In festverzinsliche Wertpapiere wurden im vergangenen Jahr nur 238 Milliarden Euro investiert. Zwar gelten zum Beispiel Staatsanleihen aus Deutschland als besonders sicher, doch die Rendite bewegt sich oft sogar unter dem Inflationsniveau. Staatsbonds aus den Euro-Krisenländern Spanien und Italien werfen hingegen recht hohe Zinsen ab, doch das Verlustrisiko ist dementsprechend hoch. Quelle: dpa
Seit 2007 nimmt das angelegte Geld in festverzinsliche Finanzprodukte ab. 2011 lagen noch 247,1 Milliarden Euro in Staats-, Wandel, und Indexanleihen, um nur einige festverzinsliche Anlagemöglichkeiten zu nenne. Indexanleihen werden in Deutschland bisher allerdings nur selten vergeben. Emissionen solcher Anleihen erfolgen nur unter Genehmigung der Bundesbank. Quelle: dpa
Rund 259 Milliarden Euro liegen in Aktien. In Relation zum Gesamtvermögen sind das gerade einmal fünf Prozent. Anfang der 1960er-Jahre betrug der Aktienanteil noch 20 Prozent. Die Scheu, Geld in Aktien anzulegen, kann nicht mit den Renditen erklärt werden. Denn 1987 notierte der Dax noch bei 1.000 Punkten, mittlerweile hat sich der Kurs, trotz mehrfacher Rückschläge, mehr als verachtfacht. Keine andere Analagemöglichkeit bietet langfristig so hohe Renditen. Quelle: dpa
Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass der Aktienanteil zyklischer Veränderung unterliegt. Je nach Börsengeschehen verändert sich der Anteil. Während 2007 knapp 371 Milliarden Euro in Aktien investiert waren, verringerte sich das Volumen im darauffolgenden Jahr auf 182 Milliarden Euro. Die Veränderung von 2011 auf 2012 hingegen war von 222 Milliarden auf 259 Milliarden Euro wieder eine positive. Quelle: dpa
Investmentfonds unterliegen den gleichen Schwankungen wie Aktien. Im vergangenen Jahr investierten die Deutschen rund 420 Milliarden Euro in solche Fonds und damit knapp 25 Milliarden mehr als noch 2011. Doch bereits 2007 lagerten die Bundesbürger über 467 Milliarden Euro in Investmentfonds. Quelle: dpa
Geldanlagen bei Versicherungen stehen bei den Deutschen hoch im Kurs. Rund 1,5 Milliarden Euro des Geldvermögens liegen bei den Versicherungen. Besonders beliebt sind Lebensversicherung, Pensionskassen und Versorgungswerke. Quelle: dpa

Wie lautet ihr Fazit? Bekommen wir eine Herbstrally am Aktienmarkt?

Die Chancen sind gut, dass sich zum Ende des Sommers ein Ende der Unsicherheiten einstellt: Bundestagswahl entschieden, Tapering beschlossen und Karlsruhe winkt die Rettungspolitik durch. Dann spricht alles für einen zweiten Aktienfrühling im Herbst. Die Welt wird weiter gerettet, wir haben eine konjunkturelle Belebung weltweit, die deutsche Konjunktur profitiert vom guten Export. Das zeigen die Frühindikatoren schon an. Der Ifo-Index ist zum vierten Mal in Folge gestiegen. Ich halte diesen Index aufgrund seiner sauberen Berechnung für einen der besten Frühindikatoren der Welt. Die Anleger werden trotz schwierigem, instabilem Makrokosmos nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern in ihrem Mikrokosmos das Beste daraus machen: Alle Faktoren sprechen dann ganz klar für Aktien – ein fast perfektes Szenario.

Haben Sie auch einen Rat für eher kurzfristig orientierte Anleger?

Die Zocker können natürlich auf die gefallenen Engel setzen, etwa einzelne Banken, Stahlhersteller oder die Düngemittelindustrie. Auch die Schwellenländer werden wiederkommen, weil Amerika kein Interesse daran hat, dass ihnen die Außenhandelspartner wegbrechen, die gleichzeitig wichtige Abnehmer für US-Staatsanleihen sind. So funktioniert das Spiel nun mal: Die Schwellenländer dürfen exportieren, wenn sie dafür auch Staatsanleihen übernehmen. Und China ist zum Wachstum verdammt. Damit ergeben sich auch kurzfristige Chancen für risikofreudige Anleger. Auch Industriemetalle werden mit einer Erholung der Weltkonjunktur wieder gefragter sein.

Wann ist der Zeitpunkt gekommen, wieder auszusteigen?

Eine weltwirtschaftliche Rezession wie 2009 können wir uns nicht noch einmal leisten. Also wird das System politisch und geldpolitisch stabilisiert, koste es, was es wolle. Da brauchen Anleger also keine Angst zu haben, dass unsere Finanzwelt frühzeitig zusammenbricht. Und übrigens: Selbst wenn sie zusammenbrechen sollte, bin ich mit meinen Aktien als verbrieftem Sachkapital immer noch besser dran, als mit Staatspapieren und Geldvermögen – denn das ist in Deutschland in den vergangenen 200 Jahren sechsmal gestrichen worden. Aktien haben überlebt.

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