Börsenkrimi Nasdaq mit Facebook-Börsengang überfordert

Das massive Interesse am Facebook-Börsengang hat die Händler Nerven gekostet: Die US-Technologiebörse Nasdaq war überfordert, so dass der Handel erst verspätet starten konnte. Die Aktie machte mit dem ersten Kurs einen Sprung auf 42 Dollar.

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Nasdaq Quelle: REUTERS

Der größte Internet-Börsengang aller Zeiten hat die US-Technologiebörse Nasdaq überfordert. Der Handel mit Facebook-Aktien hätte eigentlich am Freitag um Punkt 11.00 Uhr New Yorker Zeit (17.00 Uhr europäischer Zeit) beginnen sollen, verzögerte sich aber immer weiter. Erst mit einer halben Stunde Verzug gab es den ersten Kurs. In der schnelllebigen Börsenwelt ist eine halbe Stunde eine Ewigkeit. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ hatten mehrere Händler Probleme, ihre Kauf- und Verkaufaufträge in letzter Minute zu ändern.

Facebook hatte einen Teil der Papiere an Privatanleger verkauft. Üblicherweise nehmen fast ausschließlich institutionelle Investoren an Börsengängen teil, das sind etwa Pensionsfonds. Die Aktie des selbst börsengelisteten Börsenbetreibers Nasdaq fiel angesichts der Panne, erholte sich später aber wieder. Die rein elektronisch handelnde Nasdaq hatte dem viel älteren Rivalen New York Stock Exchange (NYSE) mit seinem Parketthandel den Börsengang von Facebook weggeschnappt. Umso ärgerlicher war nun die Verzögerung.

Davon unbeeindruckt schreibt Facebook Geschichte: Das Online-Netzwerk hat den weltweit größten Börsengang eines Internet-Unternehmens geschafft. Die Aktie machte gleich mit dem ersten Kurs einen Sprung von 10,5 Prozent auf 42 Dollar - doch dann gab es eine Schrecksekunde: Nach etwa 20 Minuten auf dem Markt rutschte die Aktie bis auf den Ausgabekurs von 38 Dollar ab. Tiefer ging es jedoch nicht. Ein Eingreifen der Banken dürfte eine Blamage verhindert haben und der Kurs tippelte Schritt um Schritt wieder nach oben.

Die Gewinner des Facebook-Börsengangs
Peter Thiel ist bekannt für seine verrückten Investmentideen. Quelle: REUTERS
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Quelle: dapd
Dustin Moskovitz Quelle: dapd
Facebook-Managerin Sheryl Sandberg Quelle: REUTERS
Napster-Gründer Sean Parker Quelle: AP
Internet-Invester Yuri Milner Quelle:
Accel Partners & James BreyerZusammen mit der Investmentfirma Accel Partners war James Breyer (r.) einer der ersten Geldgeber Facebooks: 12,7 Millionen Dollar investierten die Partner 2005 in das soziale Netzwerk. Mit 201,34 Millionen Aktien hat sich dieses Investment auf jeden Fall gelohnt. Zum Börsengang planen die Geldgeber jetzt 38,2 Millionen Aktien davon zu verkaufen – und würden damit 1,34 Milliarden Dollar einstreichen. Quelle: dapd

Zum Startkurs war das Unternehmen mit seinen 900 Millionen Mitgliedern sagenhafte rund 115 Milliarden Dollar wert. Acht Jahre nach der Gründung in einer Studentenbude ist Facebook damit endgültig zu einem Weltkonzern geworden. Schon der Ausgabepreis von 38 Dollar je Aktie ergab rund 104 Milliarden Dollar Börsenwert - die umgerechnet 80 Milliarden Euro sind mehr als die deutschen Traditionsunternehmen BMW, Deutsche Bank und Adidas zusammen kosten.

Das Vermögen von Gründer und Chef Zuckerberg schwankt mit jeder Dollar-Marke beim Aktienkurs gleich um 500 Millionen Dollar. Zum ersten Kurs von 42 Dollar war der 28-Jährige am Freitag bereits 21,1 Milliarden Dollar schwer. Insgesamt nahmen das Unternehmen und seine Alteigentümer 16 Milliarden Dollar ein. Zuckerberg hat einen Teil seiner Aktien verkauft, aber nur, um fällige Steuern zu begleichen. Zuckerberg behält mit seinem verbleibenden Anteil die Kontrolle fest in der Hand.

Zuckerberg feierte den Erfolg zusammen mit seinen Mitarbeitern mit einem nächtlichen „Hackathon“ - einer Veranstaltung, bei der bis in die Morgenstunden unter Einfluss von viel Koffein und lauter Musik Software geschrieben wird. Der Höhepunkt kam am frühen Freitagmorgen kalifornischer Zeit: Umgeben von Hunderten jubelnden Mitarbeitern startete Zuckerberg von Menlo Park aus den Nasdaq-Handel im fernen New York.

Der Aufstieg von Facebook

Nasdaq Quelle: dapd

Zuckerberg verzichtete darauf, die Nasdaq-Glocke direkt auf dem Börsenparkett zu läuten. Es ist ungewöhnlich, dass ein Firmenchef den symbolischen Termin auf dem Börsenparkett schwänzt. Allerdings ist Facebook auch kein gewöhnliches Unternehmen. Das macht ein Vergleich mit dem Suchmaschinenprimus Google deutlich, dem bisherigen Rekordhalter bei den Internet-Börsengängen. Damals, im Jahr 2004, wechselten Aktien für 1,7 Milliarden Dollar den Besitzer, und Google kam auf eine Gesamtbewertung von 23 Milliarden Dollar. Heute sind es gut 200 Milliarden Dollar.

Der Börsengang des Sozialen Netzwerks ist der Höhepunkt einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Zuckerberg hatte Facebook zusammen mit Kommilitonen 2004 als digitales Jahrgangsbuch für Studenten auf die Beine gestellt. Schon im ersten Jahr zog das Netzwerk rund eine Million Nutzer an. Noch in diesem Jahr soll die Milliardenmarke geknackt werden

Die Aktien der alten und neuen Internet-Riesen
Intershop
Lycos Europe
T-Online Bis heute das größte Internet-IPO aller Zeiten, was das Einspielergebnis betrifft: Umgerechnet 2,9 Milliarden Dollar nahm die Telekom-Tochter im April 2000 ein. 27 Euro je Aktie bezahlten Anleger. 2004 bot die Telekom 8,99 Euro als Rücknahmepreis. Ex-Aktionäre erstritten 2010 erst eine Nachzahlung über 1,38 Euro; 2011 wies sie das Bundesverfassungsgericht dann ab. Quelle: Bloomberg
Groupon Der Rabatthändler startete mit einer ambitionierten Bewertung im vergangenen Jahr an der Börse. Den Ausgabekurs haben Aktionäre der ersten Stunde seither nicht wieder gesehen. Und dabei konnte Groupon erst vor kurzem den ersten Gewinn vermelden. Aber die Zweifel am Geschäftsmodell nehmen zu. Quelle: Bloomberg
Pandora Nightmare on Wall Street: Der Kurs des Internet-Radiobetreibers Pandora hat sich schnell halbiert. Wegen Urheberrechtsprobleme hat sich Pandora auch vom deutschen Markt zurückgezogen. Quelle: Bloomberg
Yandex Die russische Suchmaschine lässt Google im Heimatmarkt keine Chance. Nach dramatischen Kursverlusten 2011 erholt sich die Aktie seit Jahresbeginn wieder, liegt aber immer noch fast die Hälfte unter dem Kurs bei Erstnotiz. Quelle: Bloomberg
YelpNoch recht frisch an der Börse, hat die Yelp-Aktie bereits einige Kurskapriolen hinter sich und liegt derzeit deutlich im Minus. Quelle: Bloomberg

Die hohe Nutzerzahl macht Facebook für die Werbeindustrie interessant und erklärt die hohe Nachfrage der Investoren. Facebook ist allerdings eine Wette auf die Zukunft, denn noch sehen die Geschäftszahlen im Vergleich zu anderen Konzernen mau aus: Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei vergleichsweise schmalen 3,7 Milliarden Dollar und der Gewinn bei 1 Milliarde Dollar.

Zuletzt waren Zweifel aufgekommen, ob die Mega-Milliarden-Wette aufgeht. So will General Motors als einer der weltgrößten Werbetreibenden vorerst keine Anzeigen mehr auf Facebook schalten, weil man die Nutzer damit kaum erreiche. Überdies nutzen immer mehr Menschen Facebook auf ihren Smartphones, wo kaum Werbung zu sehen ist und entsprechend die Einnahmen ausbleiben.

Die Zweifel hielten die Investoren letztlich aber nicht davon ab, zuzugreifen. Zusammen mit der sogenannten Mehrzuteilungsoption - eine Art Aktienreserve der Banken - könnte Facebook bis zu 18,4 Milliarden Dollar einsammeln.

Damit würde das Zuckerberg-Unternehmen an die beiden größten Börsengänge der US-Geschichte anschließen: Die Kreditkartenfirma Visa hatte 2008 inklusive Mehrzuteilung 19,7 Milliarden Dollar eingenommen und der Autokonzern General Motors im Jahr 2010 nach seinem Neustart 18,1 Milliarden Dollar. Weltweit waren lediglich die Börsengänge dreier chinesischer Finanzkonzerne noch größer.

Zuckerberg selbst hat 30 Millionen seiner Anteilsscheine verkauft und damit gut 1,1 Milliarden Dollar eingenommen. Er besitzt aber noch einen Anteil im Gegenwert von mehr als 19 Milliarden Dollar. Auf der Liste der reichsten Menschen der Welt des Finanzdienstes Bloomberg hat sich der 28-Jährige auf Platz 29 vorgeschoben - und liegt damit noch knapp vor den beiden Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin.

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