Bolivar Venezuelas Währungsabwertung bereitet Sorgen

Venezuela löst mit einer deftigen Währungsabwertung Besorgnis aus - und das während in der G20-Runde der „Währungskrieg“ thematisiert wird. Die Opposition spricht von einem Lügengebilde und einem fatalen Schritt.

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Währungsabwertung: Für einen US-Dollar müssen anstatt 4,4 inzwischen 6,3 Bolivar bezahlt. Quelle: dpa

Caracas/Brasília Venezuela dürfte das Gegenbeispiel für die in Europa oft postulierte Maxime sein: „Währungskurse werden vom Markt gemacht.“ Vom freien Markt hält die sozialistische Regierung in Caracas und auch der seit über zwei Monaten zur Krebsbehandlung in Kuba weilende Staatschef Hugo Chávez wenig. Die Bolivar-Währung wurde per Order von Chávez aus Havanna abgewertet. Für einen US-Dollar müssen anstatt 4,4 nun 6,3 Bolivar bezahlt werden. Im Ausland verbilligen sich venezolanische Waren.

Die Opposition spricht von einem Lügengebilde und einem fatalen Schritt, und Kolumbien erwägt eine schärfere Grenzüberwachung, damit keine Billig-Lebensmittel aus Venezuela eingeschmuggelt werden.

Die venezolanische Opposition wirft der Regierung vor, sie habe sich durch die Wahlgeschenke zur Präsidentschaftswahl im Oktober 2012 und den Gouverneurswahlen im Dezember verausgabt und müsse nun die Notbremse ziehen. „Wir sagen klipp und klar: Nicht Abwerten! Hört' auf, das Geld der Venezolaner an andere Länder zu verschenken. Vertrauen aufbauen!“ - so tat Ex-Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles Radonski die Meinung der Opposition via Twitter kund. Venezuela habe durch die Öleinnahmen nie besser verdient. Sie machen über 90 Prozent der Exporte aus.

„Das venezolanische Öl kostet 106 Dollar (je Barrel) und sie werten (die Währung) ab“, wetterte Capriles kopfschüttelnd. „Man hat das Geld für (Wahl-)Kampagnen, Korruption und Auslandsgeschenke verwendet. Verlogene Regierung!“ Die Chávez-Regierung will mit der Abwertung dagegen „perverse Währungsspekulationen“ bekämpfen und der heimischen Wirtschaft unter die Arme greifen, auch wenn sich der Schritt mit einem Anstieg der Inflationsrate rächen dürfte. Die lag 2012 immer noch bei 20,1 Prozent (2011: 27,6). Einige US-Konzernen wie Procter & Gamble und Merck rechnen durch die Abwertung mit deftigen Gewinneinbußen.


Protektionismus ist keine Antwort auf die Krise

Grenzen, Gefahren und Folgen aktiver Währungspolitik sind auch in Moskau ein bestimmendes Thema, wo Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten bis Samstag den Boden bereiten für den G20-Gipfel im September in St. Petersburg. Zwar ist das OPEC-Land Venezuela trotz seiner weltweit größten Erdölreserven nicht mit am Tisch, aber aus Südamerika reist Guido Mantega an, der als Finanzminister Lateinamerikas größte Wirtschaftsmacht Brasilien vertritt.

Mantega war es, der vor rund zwei Jahren den „Kampfbegriff“ des „Währungskrieges“ in Umlauf brachte, als die Regierung in Brasília verärgert feststellte, dass der Real seit langem immer teurer und Dollar und Euro - und damit US- und Euro-Produkte - in Brasilien immer günstiger wurden. Finanzexperten sprachen damals von gesteuerten Milliarden-Maßnahmen, um Währungskurse künstlich niedrig und die Produkte damit verzerrend günstig zu halten.

Das ließ sich die inzwischen fünftgrößte Volkswirtschaft Brasilien nicht gefallen. Die Regierung hielt unter anderem mit Finanztransfergebühren und Wachstumsprogrammen für nationale Produkte dagegen. Die Brasilianer mussten sich mehr als einmal - auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - anhören, dass Protektionismus nicht die Antwort auf die Krise sei.

Dem stimmen viele Ökonomen zu. Aber wegen der zu erwartendem kurzfristigen Ankurbelung der Exporte ist es für viele Länder verlockend, ihre Währung abzuwerten. So erwartet Venezuelas Regierung nun einen Anstieg der Wirtschaftsleistung von „mindestens“ 6 Prozent. In Brasilien rechnen Analysten für 2013 mit einem Wirtschaftswachstum immerhin von drei Prozent.

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