„Bond-König“ Allianz will keinen Personenkult nach Bill Gross

Die Allianz-Fondstochter Pimco ist untrennbar mit Bill Gross verbunden. Nach dem Abtritt des 70-Jährigen soll sich das ändern. Doch neben dieser Debatte rücken zwei konkurrierende Vermögensverwalter in den Vordergrund.

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Der Personenkult um Bond-König Bill Gross soll künftig sinken. Quelle: Reuters

Frankfurt Die Allianz will den Personenkult bei ihrer schwächelnden Fondstochter Pimco beenden. Wenn irgendwann die Zeit gekommen sei, dass der inzwischen 70 Jahre alte Pimco-Gründer Bill Gross abtrete, müsse die starke Fokussierung auf eine Figur beendet werden, sagte der für die Vermögensverwaltung zuständige Allianz-Vorstand Jay Ralph in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters: „Pimco ist nicht nur Bill Gross, Pimco hat eine ganze Menge herausragender Talente. Die sechs stellvertretenden Anlagechefs, die jetzt mit Gross zusammenarbeiten und ihn unterstützen, sind das perfekte Beispiel dafür.“ Die breitere Führungsstruktur ebne den Weg in die Zukunft. „Wir wollten die starke Abhängigkeit von einer Person auf mehrere Schultern verteilen.“

Gross wurde von den Märkten jahrelang als „Bond-König“ gefeiert. Wenn er den Daumen über bestimmten Staatsanleihen oder Hypothekenpapieren senkte, dann bewegte das die Kurse rund um den Globus. Die Anleger liefen ihm in den besten Zeiten die Türe ein. Die Pacific Investment Management Company (Pimco), die sich die Allianz im Jahr 2000 einverleibte, hatte Gross schon 1971 aus der Taufe gehoben. Europas größter Versicherer baute seine Vermögensverwaltung mit dem Deal deutlich aus. Plötzlich konnten sich die Münchner mit Branchengrößen wie Blackrock messen. Heute verwaltet die Sparte knapp 1,8 Billionen Euro, davon 1,3 Billionen für Dritte, der Rest sind Allianz-Gelder.

Gross und seine Kollegen im kalifornischen Newport Beach lieferten jahrelang verlässlich Gewinne ab und wurden deshalb an der langen Leine gelassen. Doch zuletzt verließ den obersten Anlagechef von Pimco das Glück. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise und dauerhafter Niedrigzinsen gingen viele Wetten nicht mehr auf, und Gross' Vorzeigefonds Total Return warf für die Anleger nicht mehr die erhofften Gewinne ab.

Der US-Amerikaner Ralph, der dem Allianz-Vorstand seit 2010 angehört und die Vermögensverwaltung seit 2012 führt, stellte sich nun demonstrativ hinter Gross. „Ich kenne Bill Gross seit vielen Jahren und ich weiß, dass er an sich selbst die höchsten Anforderungen stellt. Wir möchten ihn so lange wie möglich an der Pimco-Spitze behalten – so lange, wie er möchte und wie er kann.“

Die Zahlen sprechen im Moment gegen Gross. Seit 14 Monaten in Folge verzeichnet der von ihm gemanagte Fonds Total Return nun schon Nettomittelabflüsse – sie summieren sich auf insgesamt 64 Milliarden Dollar, wie das Analysehaus Morningstar errechnet hat. Die Formschwäche von Pimco trieb die Allianz-Aktionäre auch auf der Hauptversammlung im Mai um - insbesondere nach dem spektakulären Zerwürfnis von Gross mit seinem langjährigen Kompagnon Mohamed El-Erian, der über die Medien ausgetragen wurde.


„Fünf-Gänge-Menü bestellen und alles in den Mixer werfen“

Ralph will den Blick allerdings nach vorne lenken. Den Bericht zum zweiten Quartal legt die Allianz zwar erst am 8. August vor. Doch schon jetzt sei klar, dass Pimco trotz des Total Return das verwaltete Vermögen im abgelaufenen Vierteljahr habe steigern können, auch weil die Märkte gut liefen. Die Nettomittelabflüsse, die Ende 2013 ihren Höhepunkt erreichten, hätten sich im Vergleich zum Auftaktquartal weiter abgeschwächt, erklärte Ralph. Insgesamt sei die Vermögensverwaltung, zu der auch die kleinere Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI) gehört, „auf Kurs“, ihr Jahresziel eines operativen Gewinns von 2,5 bis 2,9 Milliarden Euro zu erreichen.

Damit bleibt die Sparte weit hinter dem Vorjahresergebnis von 3,2 Milliarden Euro zurück. Ralph warb um Geduld. In diesem Jahr schlage unter anderem zu Buche, dass sich der Euro stärker entwickelt habe als von der Allianz gedacht. Die Großaktionäre des Konzerns beobachten die Vermögensverwaltung inzwischen sehr genau. Einer der Top-15-Eigner betonte im Gespräch mit Reuters, wegen des schwierigen Marktumfelds sei es nachvollziehbar, dass sich der Gewinn kurzfristig bei zwei bis drei Milliarden Euro einpendele. Sobald die Zinsen wieder anzögen, gebe es aber keine Ausflüchte mehr. „In drei bis fünf Jahren erwarte ich von der Sparte einen Ergebnisbeitrag von drei bis vier Milliarden Euro. Bis dahin hat Pimco auch stärker in Aktien Fuß gefasst.“

Pimco will das bislang verschwindend kleine Aktiengeschäft aus eigener Kraft ausbauen, wie Ralph unterstrich. „Das liegt in der DNA von Pimco. Zukäufe stehen nicht auf der Agenda.“ AGI wiederum sei in den vergangenen drei Jahren damit beschäftigt gewesen, zu einem Unternehmen zusammenzuwachsen. „Auch hier gibt es also auf absehbare Zeit keinen Grund für Zukäufe und wenn, dann wäre es ohnehin eher etwas Kleines.“

Die Bedenken einiger Analysten, die beiden Vermögensverwalter der Allianz kannibalisierten sich gegenseitig, während etwa die Deutsche Bank ihre verschiedenen Investment-Marken gerade zu einem Unternehmen verschmelze, teilt Ralph nicht. Die Allianz habe sich 2011 für eine Zwei-Säulen-Strategie entschieden und stehe dazu. „Die Kunden sehen Pimco und AGI als zwei unterschiedliche Anbieter. In der Produktpalette gibt es relativ wenig Überschneidungen. Warum sollte man das alles aufgeben und zusammenlegen? Das wäre so, als ob Sie in ein edles französisches Restaurant gehen, ein Fünf-Gänge-Menü bestellen und hinterher dann doch alles in den Mixer werfen.“

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