Brasilien, China, Russland Das Comeback der Schwellenländer-Aktien

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Alibaba-Börsengang zeigt Veränderung Chinas

Auf dem Festland notiert sind vor allem Staatsunternehmen. Einige, etwa Stahlgigant Baoshan Iron and Steel, Ölriese Sinopec oder die Bank of China, gehören zu den größten Unternehmen der Welt. Sie sind systemrelevant für die chinesische Wirtschaft und werden nach wie vor mit Krediten der Staatsbanken gepäppelt.

Trotzdem liegt Veränderung in der Luft. „Der Alibaba-Börsengang hat vielen gezeigt: Auch chinesische Unternehmen können es an die Weltspitze schaffen“, sagt Jack Lin. Und auch die hohen Erwartungen an Through Train scheinen sich positiv auszuwirken. Der Shanghai Composite Index legte in den vergangenen Monaten eine kleine Rally hin und stieg seit Anfang des Jahres um 20 Prozent.

Brasilien: schlecht regiert

Der brasilianische Fondsverwalter Luiz Stuhlberger gilt in Brasilien als legendärer Investor. Sein Investmentfonds Fundo Verde hat mit einer Wertsteigerung von 8800 Prozent in 17 Jahren den Bovespa-Index um Längen geschlagen. Doch dieses Jahr kommt Stuhlbergers Fonds nicht vom Fleck: So wie die Börse dümpelt Verde vor sich hin. Dabei hat Stuhlberger bereits völlig auf brasilianische Aktien im Portfolio verzichtet – zu teuer. Er setzt vor allem auf brasilianische Staatsanleihen und einen schwächeren Real. Dass die bei der Wirtschaft unbeliebte Präsidentin Dilma Rousseff gerade hauchdünn die Wiederwahl gewonnen hat, bestätigt Stuhlberger nur in seinem Pessimismus. „Die Lage ist viel ernster, als es die Kurse ausdrücken“, sagt er. „Die Kurse werden sich noch deutlich verschlechtern, die nächsten vier Jahre werden noch schlechter als die letzten.“

Die Gründe für die nun seit fünf Jahren stetig abrutschenden Kurse in São Paulo sind schnell aufgelistet: Seit vier Jahren wächst Brasilien kaum. Die Inflation ist hoch, die Defizite im Staatsbudget wie in der Leistungsbilanz wachsen. Denn die Regierung gibt immer mehr aus und nimmt weniger ein. Zudem fallen die Exporte zurück, etwa von Soja und Erz.

Zusätzlich stören die zunehmenden staatlichen Eingriffe, etwa bei Banken oder in der Energiebranche. Der Fall des Ölkonzerns Petrobras zeigt, warum Investoren sich abwenden. Vor sechs Jahren war die Aktie ein Star, zeitweise der meistgehandelte ausländische Wert an der Wall Street, nach Börsenwert die Branchennummer drei der Welt, hinter Petrochina und ExxonMobil.

Heute ist das einstige Vorzeigeunternehmen nur noch ein Schatten seiner selbst: Der Kurs ist von 70 auf 9 Dollar eingebrochen. Staatliche Misswirtschaft und Korruption haben den Konzern heruntergewirtschaftet. Die Bilanzprüfer von PwC weigern sich gerade sogar, den Quartalsbericht abzusegnen: Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Verträge mit Zulieferern über umgerechnet rund 20 Milliarden Euro getürkt waren und vier Milliarden Dollar Schmiergelder geflossen sind. Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt.

Chancen mit Einzelwerten

Möglicherweise bietet aber die miese Gemengelage auch eine günstige antizyklische Einstiegsgelegenheit. So hat Fondsmanager Aberdeen zwei neue Brasilien-Fonds aufgelegt. „Trotz des schlechten Rufs Brasiliens gibt es gute brasilianische Unternehmen“, sagt Fondsmanager Mark Gordon-James.

Im Tief gekauft hat er Vale. Der Eisenerzriese leidet zwar unter den niedrigen Preisen – am Dienstag rutschte der Erzpreis auf ein Fünfjahrestief –, erwirtschaftet aber auch dann noch Gewinne, wenn viele Konkurrenten schon das Handtuch schmeißen müssen. Risiko: Die Regierung könnte den Staatseinfluss ausbauen.

Positiv sollten Bankaktien wie Itau Unibanco und Bradesco abschneiden (siehe Tabelle). Die Marktführer bei den Privatbanken „werden von den hohen Zinsen und der schwächeren Konkurrenz durch Staatsbanken profitieren“, sagt Will Landers vom Fondsanbieter Blackrock. Von der Schwäche des Real profitiert der Rindfleischproduzent JBS: Der weltgrößte Fleischkonzern macht die Hälfte seines Umsatzes in den USA und kann jetzt wegen der Währungsschwäche den Weltmarkt billiger bedienen.

Und Sanktionen oder eine Abschottung wegen kriegerischer Auseinandersetzungen, donnernde Kanonen also, die drohen in Südamerika Gott sei Dank nicht.

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