Auch einzelne Unternehmen der Konsumgüterbranche stemmen sich erfolgreich gegen den Abwärtstrend, etwa der Einzelhändler Magnit-Gruppe, dem das Importverbot für westliche Lebensmittel nur kurzzeitig einen Kurseinbruch bescherte. Dass der Einzelhandelsriese die Importe aus Europa so rasch durch Alternativen aus Brasilien oder China kompensieren konnte, spricht für das Management.
Vom schwachen Rubel profitieren derweil die Rohstoffexporteure – allen voran Stahlriese Severstal, das Flaggschiff im Konglomerat des Oligarchen und TUI-Großaktionärs Alexej Mordaschow. Auch die Düngemittelhersteller Phosagro und Uralkali sind dank hoher Exporte Weichwährungssieger. Ein weiterer Krisengewinner könnte Pharmstandard sein. Der größte russische Pharmahersteller dürfte profitieren, wenn Putin den Binnenmarkt mit der Knute des Protektionismus vor ausländischen Wettbewerbern abschottet.
Generell sind russische Aktien mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) unter sechs nicht nur billig, sondern sie locken auch mit einer guten Dividendenrendite von im Schnitt vier Prozent. Gazprom etwa will 2016 sieben Prozent bieten.
China: neuerdings direkt
Jeder will am China-Boom teilhaben. Jahr für Jahr lockt der gigantische Markt Hunderte ausländische Unternehmen an. Nur der chinesische Aktienmarkt war bisher eher ein Albtraum. Der Shanghai Composite notiert rund zwei Drittel unter seinem Höchststand von 2007. Und das, obwohl die Wirtschaft mit für westliche Verhältnisse sagenhaften sieben plus x Prozent wächst und obwohl chinesische Unternehmen auf den Weltmärkten zunehmend wettbewerbsfähiger werden. „Der chinesische Aktienmarkt war bisher ein gutes Beispiel dafür, dass Wirtschaftswachstum und Aktienperformance nicht zwangsläufig korreliert sind“, sagt Jack Lin bei der Fondsgesellschaft Pioneer in Singapur.
Unzureichende Regulierung, Skandale und Kursstürze haben dazu geführt, dass die einheimischen Investoren den Aktienmarkt scheuen und ihr Geld stattdessen lieber in Immobilien oder in sogenannte „Wealth Management Products“ stecken – gebündelte Unternehmenskredite, die zwar mit hohen Renditen locken, aber kaum reguliert sind. Der Aktienmarkt gilt außerdem als extrem schwankungsanfällig. Privatanleger dominieren mit 80 Prozent Anteil den Börsenhandel – auf westlichen Märkten bestimmen die Profis.
Ausländische Anleger, die in China investieren wollen, mussten bisher den Umweg über Hongkong oder die USA wählen. Chinas E-Commerce-Gigant Alibaba etwa machte mit dem größten Börsengang aller Zeiten an der Wall Street Furore. Unterdessen tobt auf dem Heimatmarkt der Kampf um das Internet weiter. Einer der vielversprechendsten Angreifer heißt Tencent, das mit WeChat, einem mit WhatsApp vergleichbaren Nachrichtendienst, und zahlreichen Online-Games punktet. Chancen bietet auch die chinesische Suchmaschine Baidu. Tencent und Baidu konnten in dem vor ausländischen Wettbewerbern geschützten Markt ungestört wachsen. Jetzt breiten sie sich in anderen Schwellenländern aus. Ähnlich gehen Huawei und Lenovo vor. Nachdem sie ihre Stellung auf dem größten Konsumentenmarkt im wohl Smartphone-verrücktesten Land der Welt gefestigt haben, nehmen sie jetzt etwa Indien, Indonesien und Brasilien ins Visier. Als vergleichsweise sicheres Investment gilt der Telekomanbieter China Mobile mit rund 800 Millionen Kunden.
Mutigere Anleger, die trotz der Risiken lieber direkt auf dem Festland investieren möchten, haben seit dem 17. November die Gelegenheit dazu. Über das Projekt „Through Train“ („Direktverbindung“), das die Börsen Hongkong und Shanghai verbindet, können jetzt alle ausländischen Anleger Aktien in China kaufen. Bisher war das nur den großen Profi-Investoren möglich. Allerdings begrenzen Quoten den Kapitalzufluss: 13 Milliarden Yuan, umgerechnet 1,7 Milliarden Euro, soll das Maximal-Volumen pro Tag betragen; am ersten Handelstag am vergangenen Montag war das schon deutlich vor Börsenschluss ausgeschöpft. „Das ist eine positive Entwicklung“, sagt Jack Lin, Analyst beim Investmentfonds Pioneer. „Die chinesischen Kapitalmärkte sind vom Rest der Welt abgeschottet, und Through Train ist ein kleiner Riss in der Mauer.“