Brasiliens Börse Boomende Wirtschaft, preiswerte Aktien

Brasiliens Unternehmen geht es so gut wie lange nicht mehr. In allen Branchen brummt es. Doch an der Börse ist von der guten Stimmung nichts zu spüren. Die Aktien sind preiswert. Ist das die richtige Zeit für den Einstieg?

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Broker an der Börse in Sao Paolo, Brasilien Quelle: dpa

Selten zuvor ging es den brasilianischen Unternehmen so gut wie derzeit: Letztes Jahr wuchs Brasilien mehr als sieben Prozent. Auch dieses Jahr könnte die Wirtschaft erneut vier Prozent zulegen. Quer durch alle Branchen brummen die Verkäufe. Ob Autos, Versicherungen, Flugreisen, Universitätskurse oder Wohnungen - die Brasilianer konsumieren als gäbe es kein morgen. Auch die Konzerne investieren, wie schon lange nicht mehr. Ausländische Unternehmen haben in den vergangenen zwölf Monaten 64 Milliarden Dollar in neue Fabriken, Übernahmen oder Produktionserweiterungen investiert. Deutsche Konzerne sind an der Spitze dabei: Über hundert deutsche Unternehmen haben sich binnen Jahresfrist in Brasilien neu niedergelassen. Auch sie wollen am von keiner Krise gestörten Konsum und dem großen Investitionsprogramm in der Infrastruktur Brasiliens profitieren.

Entsprechend gut verdienen die Unternehmen – nicht nur die, welche vom lokalen Konsum der 190 Millionen Brasilianer profitieren: Da die Rohstoff- und Ölpreise trotz der Korrektur so hoch wie schon lange nicht mehr sind, verzeichneten viele brasilianische Unternehmen Rekordgewinne im ersten Quartal – etwa der Bergbaukonzern Vale oder die Banken, die zu den Standardwerten an der Börse zählen, Die Investmentbanken wie Bank of America Merrill Lynch rechnen mit 20 Prozent Gewinnwachstum für die wichtigsten Börsenunternehmen in 2011.

Keine gute Stimmung an der Börse

Doch umso erstaunlicher ist, dass an der Börse von der guten Stimmung nichts zu spüren ist. Der Bovespa-Index in São Paulo hat dieses Jahr rund acht Prozent verloren. Damit zählt die Bovespa weltweit zu den Aktienmärkten mit dem schlechtesten Ergebnis in 2011. Weil sich auch im vergangenen Jahr der Bovespa-Index kaum bewegte, ist die brasilianische Börse heute trotz des Rekordjahres 2009 wieder beim Stand von Oktober 2007 angelangt. Im gleichen Zeitraum stieg die Inflation um rund ein Fünftel auf 6,5 Prozent. Anlagen auf dem Geldmarkt haben seitdem 40 Prozent  gewonnen.

Mehrere Gründe gibt es für das schlechte Abschneiden der Börse trotz des Wirtschaftswunders: Die Kurse mehrerer Blue-Chips, also Aktien von Großunternehmen deren Gewicht massgeblich den Börsenindex bewegt, haben sich schlecht entwickelt. Sie haben derzeit einerseits Probleme mit dem Staat, der sich zunehmend in ihr Management einmischt: Petrobras, der brasilianische Energieriese, hat sich bis heute noch nicht von der Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr erholt. Dabei steigerte die Regierung den Staatsanteil von rund 40 auf knapp 50 Prozent – und will seitdem auch mehr mitreden. Was es bedeutet, wenn die Politik immer mehr das Sagen hat - das erlebt der Konzern gerade: Obwohl die Ölpreise dieses Jahr um rund 20 Prozent gestiegen sind, durfte der Konzern wegen der Inflationsgefahr auf Anweisung von Brasília bisher weder die Gas- noch die Treibstoffpreise erhöhen. Die Folge: Während weltweit die Ölaktien gewinnen, verliert Petrobras. Auch beim Bergbaukonzern Vale hat die Regierung einen neuen Präsidenten durchgesetzt – jetzt warten die Investoren ab, was Brasília dem Konzern und auch Unternehmen in anderen Branchen noch alles vorschreiben will.

Baukonzerne sind die größten Verlierer

Die wachsende Inflation und der steigende Real machen den Aktieninvestoren zusätzlich Sorgen: Denn inzwischen zweifelt niemand mehr daran, dass die Zentralbank schon bald die Zinsen auf über zwölf Prozent erhöhen muss, um den Inflationsdruck zu verringern. Das bremst die Wirtschaft. Der harte Real bringt die brasilianische Industrie gleich doppelt unter Druck: Sie verlieren ihre Exportmärkte gegen die Konkurrenz und geraten auch auf dem Binnenmarkt durch Importe unter Druck.

Die steigenden Kreditkosten durch den höheren Leitzins haben die Aktien der Baukonzerne Brasiliens – Cyrela, Gafisa - zu dem grössten Verlierern des Index gemacht. Auch weitere kreditbeschränkende Maßnahmen dürften die Renditen der brasilianischen Banken mindern. Itau, Bradesco, Banco do Brasil sind ebenfalls wichtige Blue-Chips.

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