CFD-Verbot Finanzaufseher schaffen gehebelte Zockerei ab

Die Finanzaufsicht Bafin will besonders riskante Spekulationen für Privatanleger verbieten. Die Broker-Branche reagiert gefasst.

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Das Schild am Eingang der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Quelle: dpa

Wer mit hohem Einsatz an den Börsen pokert, kann viel gewinnen aber auch viel verlieren. Besonders ausgeprägt ist das Risiko bei sogenannten Differenzkontrakten (CFD). Dabei handelt es sich um private Finanzwetten auf die künftige Entwicklung der Kurse von Aktien, Rohstoffen oder Währungen. Die Mehrheit der Privatanleger macht einen Bogen um diese Produkte oder nimmt nicht einmal groß Notiz von deren Existenz. Doch für einen Kreis von immerhin 25000 eingeweihten Nutzern sind CFDs ein beliebtes Spielzeug.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nimmt nicht alle CFD-Geschäfte ins Visier, sondern nur solche, die mit einer Nachschusspflicht für Anleger verbunden sind. Mit Hilfe dieser Instrumente können spekulativ veranlagte Privatinvestoren schon mit einem scheinbar relativ geringen Kapitaleinsatz größere Summen an den Märkten bewegen.

Der Finanzhebel kann tolle Renditen bringen oder verheerende Verluste, wenn die Kurse der Wettobjekte sich anders entwickeln als vom Anleger erwartet. Dann werden Nachzahlungen fällig und es geht noch mehr Geld verloren als investiert wurde. Extreme Beispiele dafür nennt der Finanzpolitiker Gerhard Schick (Die Grünen) am Freitag in seinem Email-Newsletter. Danach hatte ein 26-Jähriger 2800 Euro in CFDs angelegt und soll nun 280000 Euro nachschießen, während ein Physiotherapeut 1500 investierte und nun 30000 Euro schuldet.

von Frank Matthias Drost, Jürgen Röder

Die Anbieter von Differenzkontrakten reagieren entspannt auf die Verbotspläne der Bafin, auch weil viele von ihnen auf CFDs ohne Nachschusspflicht umgesattelt haben. So hat das FinTech-Unternehmen ayondo, welches Privatleuten das Investieren nach dem Muster sozialer Netzwerke ermöglichen will, die Nachschusspflicht schon 2015 abgeschafft. Der Marktführer CMC Markets begrüßt den Ansatz der Bafin als „ausgewogen“. Bei CMC könnten Kunden falls gewünscht schon jetzt sicherstellen, dass sie mit CFD-Geschäften nicht mehr verlieren als sie auf ihren Depots eingezahlt haben.

Der Branchenverband der CFD-Anbieter hält das in Deutschland geplante Verbot von Nachschüssen für sinnvoller für den Schutz der Kunden als Einschränkungen beim Hebel und Werbeverbote, wie sie in anderen Ländern praktiziert werden.

Auch die Internetbank comdirect, bei der etwa ein Viertel der Kundenorders auf CFD-Transaktionen entfällt, sieht das Verbot der Nachschusspflicht entspannt. Comdirect-Chef Arno Walter begrüßt die von der Bafin geplanten einheitlichen Regeln für besseren Schutz der Kunden. Diese könnten bei comdirect auch jetzt schon zu den risikoärmeren Kontrakten ohne Nachschusspflicht optieren.

Walter sieht die Hebelprodukte als ein Instrument für „Eingeweihte“ und erwartet, dass diese sich nach einem Verbot stärker für andere Finanzprodukte wie Aktien interessieren werden. Die Commerzbank-Tochter comdirect hat heute bekannt gegeben, den Finanznachrichtendienst und Onlinebroker OnVista zu übernehmen. Auch bei OnVista spielt der CFD-Handel nach Walters Einschätzung eine untergeordnete Rolle.

So verdienen Sie Geld an der Börse
Börsenneulinge, die einen Teil ihres Geldes in Aktien, Fonds und ETFs investieren wollen, um ihr Erspartes zu vermehren, brauchen zunächst ein Depot. Wie das funktioniert und was es kostet, erklären wir in wenigen Schritten. Grundlage dafür ist eine Übersicht der Frankfurter Börse gewesen. Quelle: getty images
Um an der Börse mitmachen zu können, müssen Sie ein Depot bei einer klassischen Bank oder einem Discountbroker eröffnen. Dabei können Leistungen, Konditionen und Gebühren sehr unterschiedlich sein – je nachdem, wie Sie das Depot nutzen möchten. Daher lohnt sich vorab ein genauer Vergleich der Angebote. Quelle: getty images
Zur Orientierung finden sich im Netz etliche Broker-Vergleiche. Häufig sind Depots bei klassischen Banken teurer als bei Discountbrokern; was unter anderem daran liegt, dass Letztere keine Beratung anbieten und auch keine Filialen haben. Angebracht kann eine Bankberatung aber durchaus sein, wenn Sie eine hohe Summe über mehrere Jahre anlegen wollen. Achten Sie bei kostenlosen Depots aber genau aufs Kleingedruckte: die Verwaltungsgebühren sind häufig nur dann günstig, wenn auch regelmäßig gehandelt wird. Andernfalls können zusätzliche Kosten anfallen. Quelle: getty images
Keine Panik, geht alles ganz einfach. Wenn Sie ein Depot bei einem Online-Broker eröffnet und alle Daten im Anmeldeformular ausgefüllt haben, müssen Sie sich danach mit Ihrem Personalausweis über eine Postfiliale identifizieren. Sonst könnte sich ja jemand anderes einfach in Ihrem Namen anmelden. Hat der Postbeamte ihre Identität geprüft und ihr ausgedrucktes Anmelde-Formular unterschrieben, senden Sie die Unterlagen per Post zur Depotbank Ihrer Wahl. Die Zugangsdaten für Ihr eigenes Online-Depot liegen dann nach ein paar Tagen in Ihrem Briefkasten. Quelle: getty images
Bei der Depot-Eröffnung werden Sie auch nach Ihrer Börsenerfahrung gefragt; das ist gesetzlich vorgeschrieben und im Wertpapierhandelsgesetzt verankert. Schließlich ist der Handel mit Wertpapieren immer mit Risiken verbunden, über die Sie aufgeklärt werden müssen. Die Depotbank überträgt durch dieses Prozedere die Haftung auf ihre Kunden. Es gibt auch Broker, die bei jeder Transaktion noch mal gesondert auf ein mögliches Risiko hinweisen. Quelle: getty images
Für Börsenneulinge, die über einen längeren Zeitraum in einer Anlage investiert bleiben wollen, kann sich ein Aktienfonds anbieten, bei dem sogenannte Fondsmanager die konkrete Auswahl der Aktien übernehmen – dafür aber auch für ihre Leistungen eine Gebühr berechnen. Umgehen lässt sich das, wenn man in Indexfonds (ETFs) investiert, die einzelne Aktienindizes abbilden und deren Kursentwicklung unmittelbar folgen. Eine einzelne Aktie bietet sich dann an, wenn sie sich „ein Stück von Unternehmen x“ kaufen möchten. Dann sind Sie als Aktionär an dem Unternehmen beteiligt, werden zu den Hauptversammlungen eingeladen und Jahr für Jahr mit einer Dividende am Konzerngewinn beteiligt. Quelle: getty images
Die sogenannten Order-Kosten können von Bank zu Bank und von Broker zu Broker stark schwanken. Überlegen Sie also gut, wie oft Sie handeln wollen und wie groß die Aufträge jeweils sind – gerade bei kleinen Auftragsgrößen können Mindestgebühren schnell zu Buche schlagen. Auch hier bieten die Broker-Vergleiche im Netz eine gute Übersicht, welcher Anbieter für welche Situationen der Günstigste ist. Quelle: getty images

Verbietet die Bafin nun also nur Geschäfte, die ohnehin schon kaum jemand mehr tätigt? Nein. Die Finanzaufsicht wird ihrem neuen Auftrag gerecht, sich auch um den Schutz von Verbrauchern zu kümmern. Dazu gehört laut Bafin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele auch ein Einschreiten bei CFDs mit Nachschusspflicht, weil diese das Risiko für Verbraucher unkalkulierbar machen. Roegele stellte klar, dass die Aufsicht solche Finanzprodukte nicht akzeptieren kann. Das Thema war nach dem sogenannten Franken-Schock auf den Schirm der europäischen und deutschen Finanzmarktwächter geraten. Viele Verbraucher hatten sich über unerwartete Verluste mit CFD-Wetten auf Währungskurse beschwert, als die Schweizer Nationalbank Anfang 2015 aus heiterem Himmel die Bindung des Franken an den Eurokurs aufgab.

Das weckte unangenehme Erinnerungen an die von der WirtschaftsWoche aufgedeckten fragwürdigen Geschäfte der FX Direkt Bank. Das Unternehmen ist mittlerweile insolvent.

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