Commerzbank Kein Happy End mit Filmfonds

Das Steuerprivileg ist perdu. Der Fiskus fordert von Anlegern der von der Commerzbank verkauften Academy Fonds Millionen an Steuern nach. Jetzt streiten die Anleger mit der Bank, wer an dem Desaster schuld ist.

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Filmfonds Bruce Willis Quelle: Face to Face

Viel Gaudi werden sie nicht haben, trotz Oktoberfest: Rund 200 Anleger und ihre Anwälte treffen sich am kommenden Donnerstag in München. Was ihnen die Partystimmung vermiest: Der vom Finanzamt geschickte Betriebsprüfer streicht den beiden Academy Filmfonds, die 2001 und 2002 von der Commerzbank aufgelegt wurden, das Steuerprivileg. Weil die Fonds nicht mehr steuerbegünstigt sind, müssen Anleger bis zu 70 Prozent der Anlagesumme von insgesamt 290 Millionen Euro nachzahlen.

Jetzt streiten sie mit der Bank, wer an dem Desaster schuld ist: der Fiskus, der die Steuerregeln verschärft hat, oder die Bank, die Steuerregeln missachtet habe.

Den Anlegern läuft die Zeit davon

Wer vor zehn Jahren den Mindestbetrag von 25.000 Euro investiert hat und in den Jahren danach jeweils dem Spitzensatz bei der Einkommensteuer unterlag, muss laut einer Musterrechnung der Academy Fondsgesellschaften mehr als 8.000 Euro an die Staatskasse nachzahlen. In den Jahren 2007 und 2009 hatten die Fonds die angelegten Gelder, bis auf eine Reserve für Gewerbesteuer und Rechtskosten, weitgehend zurückgezahlt.

Wer diese Rückzahlung noch nicht versteuert hat, den trifft es jetzt noch schlimmer. Thomas Lippert vom Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz (AAA) erwartet für diese Fälle eine Steuer- und Zinslast von rund 70 Prozent – auf den Mindestanlagebetrag gerechnet also mehr als 17.000 Euro. Viel Zeit, um sich zu wehren, bleibt Anlegern nicht mehr: Die Frist, in der sie die Bank wegen Falschberatung oder möglicher Prospektfehler verklagen können, läuft Ende des Jahres ab. Die Commerzbank will nicht, wie von Anlegern gefordert, auf die Verjährung verzichten.

Steuerlast in die Zukunft verschieben

Die Fondsanlage sollte dabei helfen, hohe individuelle Steuerlasten in die Zukunft zu verschieben. Das ist grundsätzlich legal und funktioniert wie folgt: Steckt der Fonds die Anlagesumme in die Produktion von Kino- oder Fernsehfilmen, kann der Anleger die aufgrund der Produktionskosten entstehenden Verluste bis zur Höhe des Anlagebetrags mit Einkünften aus anderen Quellen verrechnen. Da Filme immaterielle Güter sind, werden die Kosten ihrer Herstellung nicht über die Jahre verteilt, sondern können sofort steuermindernd abgesetzt werden. Ein Arzt etwa, der seine Praxis verkaufte, konnte den Veräußerungsgewinn um die Anfangsverluste aus seinem Medienfonds mindern. Er sollte erst dann Steuern zahlen, wenn Einnahmen aus den Filmrechten fließen und das Investment zurückgezahlt wird.

Das Schild mit Bundesadler Quelle: dpa

So weit die Theorie. Doch mit einem Medienerlass schränkte die Finanzverwaltung 2005 die Anwendung dieses Steuersparmodells drastisch ein. "Zuvor hatte vor allem die Finanzdirektion München den Fondsgesellschaften gegenüber Kooperationsbereitschaft signalisier", berichtet ein Steuerberater. Auch als die Commerzbank-Kunden ihre Anteile zeichneten, schienen die Finanzbeamten noch wohlwollend.

Fondsmittel gelten als Festgeld

Die Bank vertraute offenbar darauf, dass die Finanzbeamten das Konzept in den folgenden Jahren durchwinken würden. Davon kann jetzt keine Rede mehr sein. Nach Ansicht des Betriebsprüfers handelt es sich beim Großteil der Fondsmittel nicht um Herstellkosten für Filme, sondern schlicht um eine Festgeldanlage bei der Commerzbank. Die hatte den Anlegern nämlich die Rückzahlung ihres Kapitals garantiert und dafür von den Produktionsgesellschaften eine Gebühr in Höhe von 80 Prozent des Investitionsvolumens kassiert.

Diese Summe – gut 230 Millionen Euro – konnte die Commerzbank laut Finanzverwaltung während der Fondslaufzeit in andere Anlagen stecken. Dass die verbleibenden 20 Prozent der Mittel direkt in Filmprojekte flossen, nützte den Steuerpflichtigen nichts. Auch diesen Betrag lässt der Betriebsprüfer nicht als abziehbare Kosten durchgehen – die Konstruktion aus Fonds und Produktionsgesellschaft, bei der Verluste im Ausland anfielen, war steuerrechtlich problematisch.

Commerzbank sieht die Schuld beim Fiskus

Die Commerzbank weist die Verantwortung von sich. „Die geänderte Auffassung der Finanzbehörden hat die gesamte Branche überrascht", sagt eine Sprecherin. Die Fondsprospekte hätten auf die steuerlichen Risiken hingewiesen. Anlegerschützer Thomas Lippert lässt dies nicht gelten. „Die Commerzbank hat bei der Strukturierung des Fonds geschlampt, das Geld der Anleger hätte direkt in Filmprojekte investiert werden müssen, um das Steuerprivileg zu erhalten."

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