Commodities Summit in Lausanne Die Gewinner der Ölpreiskrise

Dank schwankender Ölpreise haben Ölhändler in den vergangenen Jahren Milliardengewinne eingestrichen. Jetzt wird das Geschäft schwieriger. Je geringer die künftig erwarteten Preise sind, desto kleiner werden die Margen.

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Mit dem Rohstoff lässt sich, trotz der Preiskrise der vergangenen Jahre, noch immer gutes Geld verdienen. Vor allem Händler nutzten die Preisinstabilität für sich. Quelle: dpa

Lausanne Während Ölproduzenten in Zeiten niedriger Preise für den Rohstoff sparen müssen, herrscht bei den Händlern ausgelassene Stimmung. Auf dem Commodities Summit der „Financial Times“ in Lausanne trifft sich derzeit die Elite der Rohstoffszene und allen voran die Rohstoffhändler sind bester Laune. Denn sie haben die schwankenden Ölpreise der vergangenen Jahre genutzt, um ihre Geschäfte kräftig auszubauen. Das zeigt sich am Volumen gehandelten Öls und verarbeiteten Treibstoffen.

Allein Vitol, der Primus der Branche, konnte die gehandelte Menge seit 2014 von fünf auf jetzt sieben Millionen Barrel pro Tag steigern. Laut einer Analyse der „Financial Times“ konnten die fünf größten Händler ihr Volumen seit 2014 um 65 Prozent auf 22 Millionen Barrel pro Tag steigern. Zum Vergleich: Russland, der größte Ölproduzent der Welt, fördert ungefähr die Hälfte dessen.

Doch die zuletzt stabilen Ölpreise drohen die gute Stimmung zu vermiesen. Denn bislang konnten die Händler Öl günstig einkaufen und zu einem Liefertermin in der Zukunft teurer weiter verkaufen. Diese im Fachjargon Contango genannte steigende Preiskurve war für sie die ideale Profit-Formel. Je geringer aber die künftig erwarteten Preise sind, desto kleiner werden die Margen. Das ist nun der Fall. Torbjörn Törnqvist, Chef des Händlers Gunvor, erwartet in den kommenden Jahren einen stabilen Preis um 60 Dollar. Russel Hardy, Leiter des Vitol-Geschäfts in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika erklärt: „Wenn der Preis weniger schwankt, fällt es uns schwerer, Profite zu machen.“

Beim Händler Trafigura lässt sich das schon in der Bilanz ablesen. Der Gewinn des Unternehmens fiel 2016 bei einem Umsatz von 100 Milliarden Dollar von 1,1 Milliarden auf 975 Millionen Dollar. So niedrig fiel der Gewinn seit sechs Jahren nicht aus. Vitol veröffentlicht keine Gewinnzahlen, der Umsatz ist aber um zehn Prozent auf 152 Milliarden Dollar gefallen. Die Zahlen weiterer Händler liegen noch nicht vor. Die Entwicklung dürfte aber ähnlich aussehen.

Dennoch geben sich die Branchenchefs in Lausanne demonstrativ gelassen. Er mache sich weniger Sorgen um die flache Preiskurve, für ihn seien die physischen Handelsströme wesentlich wichtiger, erklärt ein Manager von einem der Marktführer.


Wird Saudi Aramco die nächste große Chance?

Denn sie haben sich die Krise auf verschiedenste Weise zunutze gemacht. So sind die Händler an Partner gekommen, die ihnen vorher verwehrt haben. Unter anderem eilten sie Ölförderstaaten zu Hilfe, wenn diese wegen der wegbrechenden Einnahmen dringend Geld brauchten. So hat etwa Vitol Kasachstan einen Kredit in Höhe von drei Milliarden Dollar ausgereicht und erhält im Gegenzug dafür Öl, das der Händler wiederum auf dem Weltmarkt vertreiben kann. Glencore hat Ende 2016 gemeinsam mit dem katarischen Staatsfonds für elf Milliarden Dollar einen 19,5-Prozent-Anteil am russischen Ölkonzern Rosneft erworben. Für die Schweizer springen zudem die Vermarktungsrechte für 220.000 Barrel Öl heraus. Glencores Erzrivale Trafigura wiederum hat gemeinsam mit Rosneft und United Capital 98 Prozent des indischen Ölunternehmens Essar Oil gekauft. 49 Prozent davon hält Rosneft, die andere Hälfte Trafigura und United Capital.

Der Genfer Rohstoffhändler Mercuria wiederum verkaufte Anfang 2016 einen Zwölf-Prozent-Anteil an seinem Unternehmen an das chinesische Chemieunternehmen ChemChina. Die Schweizer dürften sich daraus einen besseren Marktzugang nach China erhoffen.

Und während die internationalen Ölkonzerne in den vergangenen Jahren verstärkt aus dem Tankstellengeschäft ausstiegen, um den hohen Verlusten aus der Ölpreiskrise etwas entgegenzusetzen, bauten die Händler ihr Endkundengeschäft aus. Vor knapp drei Wochen hat Vitol die türkische Petrol Ofisi für 1,4 Milliarden Euro der OMV abgekauft. Für die Österreicher steht unter dem Strich ein Verlust von 600 Millionen Euro im Vergleich zum einstigen Kaufpreis. Vitol wittert darin ein lohnendes Geschäft.

Russel Hardy jedoch betont, dass sich Vitol auf das Handelsgeschäft fokussieren werde. Das Geschäft in der Türkei werde vor Ort gemanagt. Und doch findet sich Raum für die offensichtlich gewünschten Vorteile: „Wir haben eine Menge Rohstoffe, mit denen wir sie relativ günstig versorgen können“, erklärt Hardy. Das wiederum dürfte ihnen einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz geben.

Lieferketten von der Produktion über die Lagerung bis hin zum Verkauf sind für die Händler zwar nicht neu. In der Schweiz betreibt Vitol eine Raffinerie, dessen Produkte das Unternehmen an Zapfsäulen in den Benelux-Staaten vertreibt.

Die Krise der Ölproduzenten aber hilft den Handelsunternehmen dabei, dieses Geschäft zu relativ günstigen Preisen auszubauen. Und obwohl die stabilen Ölpreise die Margen der Händler verkleinern, blicken sie optimistisch in die Zukunft. Denn vergriffen sind die guten Angebote für Zukäufe noch nicht. Im nächsten Jahr will Saudi Arabien einen kleinen Teil seines mächtigen, aber bislang intransparenten Staatskonzerns Saudi Aramco an die Börse bringen. Der Konzern sitzt auf den reichsten Ölreserven der Welt. Für die Rohstoffhändler könnte das die nächste ganz große Chance sein.

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