Credit Suisse Das Schweizer Geschäft wird für den Börsengang poliert

Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam will das Investmentbanking bei der zweitgrößten Schweizer Bank zurückfahren und stärker auf stabile Bereiche setzen. Das Schweizer Geschäft soll Milliarden an der Börse bringen.

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Das Schweizer Geschäft soll an die Börse. Quelle: dpa

Zürich Lange Jahre war der Heimatmarkt das hässliche Entlein der Schweizer Großbanken. Während sich die Top-Banker lieber mit Wall-Street-Größen und superreichen asiatischen Kunden schmückten, behandelten sie den Schweizer Markt fast schon stiefmütterlich. Doch nach der Finanzkrise ist aus dem einst vernachlässigten und belächelten Geschäft mit Kleinsparern und Mittelständlern ein stolzer Schwan geworden. Daraus will Credit-Suisse-Konzernchef Tidjane Thiam im kommenden Jahr Kapital schlagen – mit einem milliardenschweren Börsengang. Die Vorbereitungen für die größte Aktienemission in dem Land seit mindestens zehn Jahren laufen auf Hochtouren.

Thiam will das Investmentbanking bei der zweitgrößten Schweizer Bank zurückfahren und stärker auf stabile Bereiche setzen. Dazu gehört das Schweizer Geschäft, dem der Ivorer als selbstständige Einheit mehr zutraut. Also beschaffte sich die Credit Suisse (Schweiz) AG eine Lizenz, übernahm 1,4 Millionen Kunden von der Muttergesellschaft und ging im November an den Start. „Der Aufbau der Rechtseinheit ist eine Voraussetzung für den Börsengang“, erklärt Projektleiter Frank Schubert.

Wenn das Marktumfeld der Credit Suisse nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht, dürfte die Gesellschaft in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres gelistet werden. Thiam will mit der Transaktion den Kurs des Mutterhauses in die Höhe treiben, indem das Schweizer Geschäft von der Börse separat bewertet wird. Für viele Experten steht aber etwas ganz anderes im Vordergrund. Die Credit Suisse kann mit den frischen Mitteln die Bilanz aufpolstern, ohne den Anlegern dabei schon wieder eine Kapitalerhöhung zuzumuten.

Etwa 20 bis 30 Prozent des Schweizer Geschäfts will die Credit Suisse an die Börse bringen und sich damit zwei bis vier Milliarden Franken erlösen. Nach der vorige Woche ausgehandelten Milliardenstrafe wegen Tricksereien am US-Hypothekenmarkt wäre die Bilanzstärkung hochwillkommen, um sich den ambitionierten Kapitalzielen wieder anzunähern. Die Schätzungen für den Wert des gesamten Schweizer Geschäfts reichen von zwölf bis 20 Milliarden Franken. Den Gesamtkonzern taxiert die Börse zur Zeit nur auf knapp 32 Milliarden Franken.

Wer sich über die Zahlen beugt, versteht wieso: Fast 60 Prozent des Konzern-Vorsteuergewinns erwirtschaftete in den ersten neun Monaten 2016 die Division Swiss Universal Bank, die in weiten Teilen der neuen Rechtseinheit entspricht. Das Investmentbanking und das Geschäft mit reichen Privatkunden verblassen im Vergleich. „Ich verstehe die Begeisterung für dieses Geschäft“, erklärt Jupiter-Fondsmanager Guy de Blonay und verweist auf die hohe Profitabilität und Stabilität.

Auch der Rivale UBS verdient im Schweizer Privat- und Firmenkundengeschäft prächtig, während etwa die Deutsche Bank weiterhin vor allem vom Investmentbanking lebt. „Die Schweiz ist ein reiches Land“, erklärte ein hochrangiger Banker den Unterschied. Im Durchschnitt hat jeder Erwachsene ein Vermögen von deutlich über einer halben Million Franken.

Im Überschwang des Booms wurde das lange ignoriert. Vor der Finanzkrise wollten auch Credit Suisse und UBS im Investmentbanking ein großes Rad drehen, für die armen Verwandten im Massengeschäft schämte sich die Teppich-Etage am Zürcher Paradeplatz fast. Mit den schärferen Vorgaben der Regulatoren hat sich das grundlegend geändert. Weltweit sind etwa die skandinavischen Banken mit ihren berechenbaren Geschäftsmodellen zu Börsenlieblingen avanciert. Investmentbanker gehen davon aus, dass Credit Suisse ihre Schweizer Tochter bei den Anlegern genauso positionieren wird: Wenig Risiko, wenig Wachstum, aber eine hohe Ausschüttung. „Das ist eine Dividenden-Story“, sagt ein Investmentbanker.

Nicht auszuschließen ist auch, dass der Börsengang bei der Credit Suisse weitere Kapitalmark-Transaktionen nach sich ziehen könnte. Mit der von den Schweizer Regulatoren geforderten Abkopplung der für das Land systemrelevanten Teile entfällt auch eine Hürde für eine Übernahme der Großbank. „Die Abtrennung könnte Spekulationen beflügeln, ob es nicht einen besseren Eigner für das Mutterhaus gibt“, erklärt EFG International-Fondsmanager Urs Beck. „Das könnte gerade für ein amerikanisches Haus einen Gedanken wert sein.“

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