DAB Contest Angst vor der nächsten Dotcom-Blase

Analysten warnen vor einer Blase bei US-Technologieaktien. Nicht alle Experten teilen diese Einschätzung. In einem sind sich Optimisten und Pessimisten aber einig: Kursrücksetzer sind eine gute Gelegenheit für Zukäufe.

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Das US-Unternehmen erfreut zurzeit seine Aktionäre. Quelle: dpa

Köln Aktionäre von Facebook hatten Ende Juni Grund zur Freude. Die Aktie des Social-Media-Giganten kletterte auf einen neuen Rekordstand von rund 147 Euro. Facebook-Investoren werden bereits seit einigen Jahren verwöhnt: Seit Mitte 2013 ist der Aktienkurs des Unternehmens fast durchgängig gestiegen – und der Technologietitel ist mit seinem Höhenflug nicht allein.

Auch die Aktienkurse der Google-Mutter Alphabet, des Streaming-Dienstes Netflix und des Online-Händlers Amazon haben in den vergangenen Jahren kräftig zugelegt. Ein Kurs-Rekord bei Apple trieb den US-Aktienindex Dow Jones Anfang August gar auf ein neues Allzeithoch.

Vielen Marktbeobachtern ist die Rally bei Technologiefirmen nicht geheuer. Zwar meldete Facebook im zweiten Quartal dank hoher Werbeeinnahmen ein Umsatzplus von 45 Prozent und auch Apple, Amazon und Alphabet konnten ihre Umsätze deutlich steigern. Auf den ersten Blick scheinen die aktuellen Bewertungen also gerechtfertigt. Der steile Aufwärtstrend der vergangenen Zeit weckt allerdings Erinnerungen an die Dotcom-Blase kurz vor der Jahrtausendwende. Erste Anzeichen gibt es: Investoren ziehen sich bereits aus dem Markt zurück. Anfang Juli zogen Anleger an einem einzigen Tag fast zwei Milliarden US-Dollar aus börsengehandelten Indexfonds (ETFs) ab, die Technologie-Indizes nachbilden.

Anleger müssen sich entscheiden, wie sie es mit Tech-Aktien halten wollen: auf den Zug aufspringen, abwarten oder verkaufen. Michael Dutz hat sich für eine vierte Option entschieden. Der Vorstand der Vermögensverwaltung Adlatus investiert in Aktien wachstumsstarker Technologieunternehmen, hält sich aber von US-Konzernen fern. In seinem Depot beim Vermögensverwalter-Contest der DAB BNP Paribas hat er Aktien der chinesischen Alibaba-Gruppe und des deutschen Softwareherstellers SAP. „Wir haben bewusst keine US-Aktien ausgesucht“, sagt Dutz. Bei diesen sei das Risiko einer Blasenbildung momentan zu hoch. „Diese Gefahr sehen wir bei der deutschen SAP und der chinesischen Alibaba nicht.“

Kaufargument für SAP waren für Dutz solide Zahlen und ein überzeugendes Geschäftsmodell. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 sei die Aktie überdies vergleichsweise billig. In den kommenden Monaten könnte sie zum Börsenliebling avancieren. „Bei Alibaba ist es das Potenzial das chinesischen Marktes, das uns trotz der hohen Bewertung reizt“, erklärt der Vermögensverwalter. „Alibaba hat uns sofort Freude bereitet, bei SAP ist noch nichts passiert. Die Aktie hat sich aber zuletzt bei fallendem Dax gut geschlagen.“ Dutz sieht bei SAP ein Kurspotenzial von 15 Prozent, bei Alibaba sogar von 25 Prozent.


Die Wachstumsperspektive ist wichtig

US-Tech-Titel seien dagegen nicht nur teuer, sondern aus Sicht deutscher Anleger auch wegen des US-Dollar-Verfalls unattraktiv, sagt der Adlatus-Chef. Der Greenback steht seit einigen Monaten enorm unter Druck. Er hat sowohl gegenüber dem Euro als auch gegenüber dem Yen und dem britischen Pfund an Wert verloren. Ein Grund dafür ist, dass die Investitionspakete und wirtschaftsfördernden Reformen, die US-Präsident Donald Trump versprochen hatte, nicht in Gang kommen. Der Euro nimmt unterdessen Kurs auf den höchsten Stand seit Anfang 2015. Für europäische Investoren, die ohne Währungsabsicherung in US-Werte investieren, ist das ungünstig.

Nicht alle Vermögensprofis lassen sich vom schwachen US-Dollar und den hohen Bewertungen von Tech-Aktien abschrecken. „Eine Blasenbildung können wir anhand der Bewertungskennzahlen nicht erkennen“, sagt Bert-Ardo Spelter, Chef der Vermögensverwaltung ICFB. Rund die Hälfte der großen US-Unternehmen habe in der laufenden Berichtssaison die Schätzungen der Analysten übertroffen. „Besonders gut war das im Technologiesektor zu erkennen“, sagt Spelter. „Die Zuwächse bleiben vor allem durch die Megatrends Digitalisierung und Industrie 4.0 stark.“ In den kommenden Jahren erwartet der Asset-Manager bei Technologieunternehmen zweistellige Wachstumsraten.

Spelter nimmt am Vermögensverwalter-Contest der DAB BNP Paribas teil, über den das Handelsblatt berichtet. In seinen Depots hält er derzeit mehrere US-Technologiewerte: Amazon, Apple, Alphabet und Facebook, außerdem Oracle, Microsoft und Cisco Systems. Mit der Performance von Amazon, Apple und Facebook ist er besonders zufrieden. Die drei Titel haben seinem Portfolio zuletzt besonders hohe Wertzuwächse beschert. „Wir profitieren aktuell auch von der hohen Gewichtung dieser US-Wachstumswerte in amerikanischen Indizes“, sagt Spelter.

Bei der Auswahl der Aktien schaut der Vermögensverwalter nicht nur auf die klassischen Bewertungskennzahlen, sondern vor allem auf die Wachstumsperspektiven der Unternehmen. „Dafür analysieren wir im ersten Schritt die Produkte, ihre Marktchancen und -durchdringung sowie ihre Innovationsfähigkeit“, erklärt er. Im zweiten Schritt versucht Spelter zu beurteilen, ob die Unternehmen ihre Marktstellung künftig verteidigen oder sogar ausbauen können. „Daraus können wir auf ihre Zukunftsfähigkeit und auch ihre Wachstumsperspektiven schließen.“

In einem Punkt sind sich Optimisten und Pessimisten einig: Eventuell fallende Kurse bei Technologieaktien böten eine gute Gelegenheit, einzusteigen oder nachzukaufen. „Wir sehen Kursrücksetzer als ein temporäres Ereignis an und würden sie dazu nutzen, unsere Engagements weiter auszubauen“, sagt Spelter. Adlatus-Chef Dutz sieht das ähnlich. Er hält derzeit eine Tech-Aktien-Quote von rund 20 Prozent für angemessen – in seinem Fall ohne US-Werte. Eine höhere Quote käme für ihn nach einer Korrektur am US-Aktienmarkt in Frage.

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