Dax-Ausblick „Alle Ampeln auf grün“

Der Dax hat neue Rekordstände erreicht. Viele Experten sehen weiteres Potenzial und keinen Grund, Aktien den Rücken zu kehren. Kleine Rücksetzer würden sie zum Einstieg nutzen – „eher früher als später“.

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„Angesichts der niedrigen Renditen am Geld- und Anleihemarkt fehlen die Alternativen zu Aktien“, sagt Aktienanalyst Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Quelle: Imago

Frankfurt Rekorde, Rekorde! An zehn von 14 Handelstagen hat der Dax seit der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen am 24. April auf rekordhohen Ständen geschlossen. Dabei fielen die Zuwächse zwar zuletzt immer geringer aus, und sein im Tagesverlauf erreichtes Allzeithoch von 12.783 Zählern am vergangenen Dienstag konnte der Dax zuletzt nicht mehr erreichen.

Am Freitag schaffte er aber mit 12.770 Punkten ein weiteres Schlusshoch. Dass die Anleger trotz des enormen Dax-Zuwachses von mehr als 20 Prozent seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November kaum Gewinne mitnehmen, wertet Andreas Hürkamp, Aktienstratege bei der Commerzbank, als positives Zeichen für den Aktienmarkt.

Viele andere Analysten sehen das ähnlich und bescheinigen dem Dax zumindest moderates weiteres Aufwärtspotenzial. „Nach der Frankreich-Wahl stehen alle Ampeln auf grün“, sagt Patrick Harms von der HSH Nordbank. Mit der Wahl des sozialliberalen und Europa-freundlichen Emmanuel Macron am vergangenen Sonntag reduziere sich das „politische Risiko in Europa spürbar“, meint auch Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege bei Blackrock.

Michael Broes von Degroof Petercam Asset Management sieht die „europäische Kuh“ zwar auch jetzt noch nicht vom Eis, obwohl auch er froh ist, dass Macron sich gegen die rechtsextreme Euro-Gegnerin Marine Le Pen durchgesetzt hat. Macron müsse aber jetzt erst liefern. Mittelfristig machen Broes zudem auch die in diesem oder nächsten Jahr anstehenden Wahlen in Italien Sorgen. Dennoch: „Auf der Aktienseite erwarten wir in den kommenden Monaten steigende Notierungen.“ Ein Grund: Viele Investoren hätten zuletzt einen Bogen um Europa gemacht und sollten nun an die Aktienmärkte zurückkehren.

Nicolette MacDonald-Brown vom Fondshaus Schroders sieht das ähnlich. Seit sich am 24. April abgezeichnet habe, dass Macron das Rennen um den Einzug in den Élysée-Palast macht, habe es signifikante Zuflüsse aus dem außereuropäischen Ausland in europäische Aktien gegeben. Die Fondsmanagerin geht davon aus, dass dies noch eine Weile anhalten werde.

Nachdem die politischen Risiken so zunächst in den Hintergrund rücken – die deutsche Bundestagswahl im September gilt aus Marktsicht laut Strategen als „Non-Event“ – dürften sich die Investoren so nun zunächst einmal den Stimmungsindikatoren, der Entwicklung der Konjunktur und der Quartalszahlen von Unternehmen zuwenden. Und da sieht es gar nicht schlecht aus.


„Die Stimmung ist ungebrochen gut“

„Die Stimmung der Finanzmarktteilnehmer ist ungebrochen gut“, meint Ralf Umlauf, Analyst bei der Helaba. Das zeige sich nicht nur an der Aktienmarktentwicklung der letzten Wochen, sondern auch bei umfragebasierten Indikatoren wie dem ZEW-Index. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wird am Dienstag das Ergebnis seiner Umfrage unter rund 350 Analysten und Investoren zur Konjunktureinschätzung für Deutschland bekanntgeben – Volkswirte rechnen mit einem weiteren Anstieg.

Dabei konnten zuletzt auch die harten Wirtschaftsdaten überzeugen. So wuchs nach vorläufigen Daten die Wirtschaft im Euro-Raum im Vergleich zum Vorquartal um 0,5 Prozent. Am Dienstag sollte dieser vorläufige Wert bestätigt werden. Hierzulande stieg das Bruttoinlandsprodukt sogar um 0,6 Prozent. „In Deutschland gibt es wenig Grund für Pessimismus“, meint Jana Meier, Analystin bei HSBC in Düsseldorf.

In den USA richtet sich der Fokus auf die Geschäftsklimaindizes, hierzulande die anstehenden Quartalsberichte von Unternehmen. In der kommenden Woche legen aus dem Dax noch RWE am Montag und Merck am Donnerstag Zahlen vor. Bei RWE rechnet Analyst Stephan Wulf vom Brokerhaus Oddo Seydler mit einem um fünf Prozent niedrigerem Ergebnis. Hauptgrund dafür sei der Rückgang bei den realisierten Strompreisen. Optimistisch sind Analysten dagegen Merck. Das erste Quartal des Pharma- und Spezialchemieunternehmens werde voraussichtlich das stärkste des Jahres werden, meint Peter Spengler von der DZ Bank.

International gibt es zudem Zahlen unter anderem von Easyjet, Vodafone und Home Depot am Dienstag, von ABN Amro, Johnson und Johnson und Cisco Systems am Mittwoch und von der chinesischen Alibaba am Freitag.

Für viel Gesprächsstoff werden zudem die Hauptversammlungen der Deutschen Börse und der Deutschen Bank sorgen. Bei der Deutschen Börse am Mittwoch dürfte es für Börsenchef Karsten Kengeter ungemütlich werden. Die Aktionärsberater Glass Lewis und Hermes EOS haben sich dafür ausgesprochen, gegen die Entlastung des Vorstands zu sprechen. Unterstützung bekommt der Vorstand allerdings vom noch einflussreicheren Berater ISS. Der Deutschen Bank steht am Donnerstag ebenfalls eine lebhafte Hauptversammlung bevor. Auch hier empfiehlt Glass Lewis Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.


Banken erhöhen ihre Dax-Prognosen

In der bisherigen Quartalssaison haben viele Unternehmen mit ihren Zahlenwerken überzeugt – vor allem in Deutschland. „Zwei Drittel der Dax-Unternehmen haben Rekordumsätze für das Jahr 2016 gemeldet“, betont Christian Kahler, Aktienstratege bei der DZ Bank. Auch die Gewinne vieler Firmen sind deutlich gestiegen.

„Dank stabiler Weltkonjunktur und überdurchschnittlicher Zuwächse in den Schwellenländern sollten die Unternehmensgewinne in diesem und im nächsten Jahr um je rund zehn Prozent wachsen können“, prognostiziert Kahler. Aus diesem Grund hat er seine Dax-Prognose für dieses Jahr auf 13.000 Punkte angehoben. In der ersten Jahreshälfte 2018 sieht er den Dax dann sogar bei 13.500 Punkten. Auch andere Häuser haben ihre Dax-Prognosen erhöht.

„Punktgenaue Kursziele sind aber immer nur als grobe Indikatoren zu verstehen und beleuchten in erster Linie das Chance-Risiko-Verhältnis einer Aktienanlage“, betont Carsten Klude von MM Warburg, der den Dax jetzt Ende des Jahres bei 13.400 Zählern sieht. Für ihn signalisieren dabei die fundamentalen Rahmenbedingungen, dass Anleger dem Aktienmarkt noch die Treue halten sollten. „Auch wenn eine Verschnaufpause am Aktienmarkt eigentlich mehr als überfällig ist“, rät Klude von einem Rückzug aus den Börsen ab, weil es aus seiner Sicht keine wirklich guten Argumente gibt, die für einen nachhaltigen Rücksetzer sprechen.

Für Hürkamp von der Commerzbank gibt es zudem angesichts der niedrigen Renditen an den Geld- und Anleihemärkten kaum Anlagealternativen zu Aktien. Manfred Bucher, Aktienanalyst bei der Bayern LB, ist etwas skeptischer und meint, dass angesichts der schon deutlich gestiegenen Kurse, die kräftige Aufwärtsdynamik an den Aktienmärkten nicht gehalten werden kann. Dabei rechnet er mit zeitweisen Rücksetzern. Genau solche Rücksetzer werden Anleger nach Ansicht von Joachim Goldberg, aber nutzen, um wieder in den Markt einzusteigen: „Und das eher früher als später.“

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