Dax-Ausblick Brexit-Angst lähmt die Anleger

Gehen die Briten oder bleiben sie in der EU? Das wird in der kommenden Woche an den Kapitalmärkten die entscheidende Frage sein. Turbulenzen werden am Mittwoch aber auch auf einer Hauptversammlung erwartet.

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Die Brexit-Entscheidung bleibt das zentrale Thema an den Märkten. Quelle: dpa

Frankfurt In der kommenden Woche dürfte es an den Märkten nur ein Thema gehen: Bleiben die Briten in der Europäischen Union oder stimmen Sie für einen Ausstieg? Das bevorstehende Referendum wird Experten zufolge in der neuen Woche erneut für Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten sorgen. Wer die aktuellen Kursausschläge bereits für hoch halte, werde überrascht sein, warnt Andrew Edwards, Chef des Brokerhauses ETX Capital. „Es wird noch viel schlimmer, wenn Großbritannien für den Brexit stimmt.“ Panik sei zwar noch nicht zu spüren. „Händler werden aber zunehmend nervös und das aus gutem Grund.“

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank spricht von der „aufregendsten Woche des Kapitalmarktjahres 2016“, die vor uns liege. Die Abstimmung habe „das Potenzial, die politische Verfassung Europas und die Stabilität ihrer Finanzmärkte negativ zu beeindrucken“, so Halver. Hauptprofiteur der politischen Verunsicherung sei Gold, das gegenüber allen anderen Anlageklassen weiter an Glanz gewinne.

Am Donnerstag fällt die Entscheidung über einen Brexit. In den vergangenen Wochen bekamen die EU-Gegner in Umfragen Zulauf. Deren Ergebnisse drückten Dax, Euro Stoxx50 und den Londoner Auswahlindex FTSE in der alten Woche jeweils etwa zwei Prozent ins Minus. Das Pfund Sterling verbilligte sich um bis zu viereinhalb US-Cent und fiel zeitweise auf ein Zweieinhalb-Monats-Tief von 1,4010 Dollar.

Im Gegenzug griffen immer mehr Investoren zu den als sicher geltenden Bundesanleihen. Dies drückte die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihen am Dienstag erstmals unter die Marke von null Prozent. Die Rendite der britischen Pendants rutschte von einem Rekordtief zum nächsten.

Am Freitag hatten sich die Gemüter am deutschen Aktienmarkt zeitweise etwas beruhigt. Die Anleger zeigten sich angesichts der zunächst ausgesetzten Brexit-Kampagne in Großbritannien wieder etwas optimistischer, dass die Briten sich für den Verbleib in der EU aussprechen. Der Dax gewann 0,85 Prozent auf 9631,36 Punkte, nachdem es seit Anfang Juni fast durchweg bergab gegangen war.

Sollten sich die Briten für einen Brexit aussprechen, erwarten Experten ein weltweites Kurschaos und eine Abkühlung der Weltwirtschaft. Nick Parsons, leitender Anlagestratege der National Australia Bank, erwartet für diesen Fall eine Wiederholung des „Schwarzen Mittwochs“. Am 16. September 1992 war der Kurs des Pfund Sterling um 4,3 Prozent eingebroch und die Währung war aus dem Europäischen Wechselkurssystem gefallen. Insgesamt könnten die Kurse der britischen Währung und der Aktienmärkte um bis zu 30 Prozent einbrechen, warnen Experten.


Volkswagen stellt sich den Aktionären

Nach der Ermordung der britischen Parlamentsabgeordneten und EU-Befürworterin Jo Cox gehen Börsianer allerdings davon aus, dass die „Brexiteers“ an Unterstützung verlieren werden. Medienberichten zufolge rief der Täter bei der Attacke auf Cox „Britain First“ („Großbritannien an erster Stelle“). Das ist einer der Slogans der Brexit-Befürworter.

Drei Tage nach dem Brexit-Referendum am darauffolgenden Sonntag steht bereits das nächste Ereignis auf dem Terminplan, das die Kurse an den Börsen durcheinanderwirbeln könnte: Die Parlamentswahl in Spanien. Vor allem ein Sieg des linken Wahlbündnisses Podemos würde Experten zufolge für Unruhe sorgen, weil er Spekulationen auf eine Abkehr vom Sanierungskurs neue Nahrung und den Bemühungen um eine Abspaltung Kataloniens neuen Auftrieb geben würde. Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen zufolge ist eine Zusammenarbeit der etablierten Parteien PP und PSOE allerdings wahrscheinlicher als ein Linksbündnis um PSOE und Podemos.

Jenseits des politischen Geschehens werden für die kommende Woche kaum wichtige Termine erwartet. Turbulent könnte es am Mittwoch jedoch auf der Hauptversammlung von Volkswagen werden. Der Grund sind millionenschwere Boni, die trotz Rekordverlusten im Zusammenhang mit der Abgas-Affäre an die Manager gezahlt werden. Zahlreiche Kleinaktionäre werden ihrem Ärger darüber wohl Luft machen und gegen eine Entlastung des Vorstands stimmen.

Außerdem entscheidet die Hauptversammlung über die Einsetzung eines Sonderermittlers zur Aufarbeitung des Skandals um manipulierte Abgas-Tests. Unklar ist, ob die Eigentümer-Familien Porsche und Piech den Antrag unterstützen.

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