Dax-Ausblick Politische Börsen wie selten

Ein mögliches Comeback der Euro-Krise, ein schwer einzuschätzender US-Präsident – für Börsianer war die abgelaufene Woche ein Wechselbad der Gefühle. Auch die kommenden Tage dürften spannend werden.

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Der neue US-Präsident Donald Trump ist immer für eine Überraschung gut. Quelle: AP

Düsseldorf Eine Börsenweisheit besagt, dass politische Börsen kurze Beine haben. Das mag stimmen, wie viele Beispiele aus der Vergangenheit zeigen. Doch was passiert, wenn eine politische Börse auf die nächste folgt? Wenn Fundamentaldaten vor lauter politischem Getöse gar nichts mehr zu zählen scheinen?

Aktuell zumindest jagt an der Börse ein politisches Schreckgespenst das nächste. „Vornehmlich politische Themen haben das Geschehen an den Finanzmärkten dominiert“, sagt Christian Schmidt, technischer Analyst der Helaba. „Bei den anstehenden Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und im Fall vorgezogener Wahlen in Italien macht sich die Sorge breit, dass Populisten und EU-Gegner Erfolge verbuchen und die Zukunft Europas und des Euros gefährden.“ Und auch der neue US-Präsident Donald Trump sorgte für das ein oder andere Wechselbad der Gefühle.

In der neuen Woche dürfte es kaum besser werden. Auch die bislang weitgehend positiv verlaufene Berichtssaison könnte in den Hintergrund rücken. „Vor allem Trump ist ein nicht kalkulierbares Risiko. Man weiß nicht, wann er wieder einen Tweet losschickt und die Kurse bewegt“, sagt Marktstratege Heinz-Gerd Sonnenschein von der Postbank. Seit seinem Einzug ins Weiße Haus im Januar sorgt Trump immer wieder mit Kurznachrichten über Twitter für Furore.

Den Dow Jones hat er mit der Ankündigung von etwas „Phänomenalem in Sachen Steuern“ zu neuen Rekordmarken verholfen. Die gute Stimmung an der Wall Street lieferte dann auch vielen Aktienmärkten rund um den Globus Schub. Kein Wunder: Seit Wochen warten Börsianer begierig auf Details zu Trumps Plänen zu Steuererleichterungen für US-Unternehmen, Deregulierung und Infrastrukturprogrammen. Sie hoffen, dass die Wirtschaftspolitik des Immobilien-Unternehmers die Konjunktur ankurbelt.

Doch viele Experten sehen die Entwicklung an den Börsen seit der Wahl Trumps mit großer Skepsis. Einer von ihnen ist der amerikanische Ökonomie-Nobelpreisträger Paul Krugman. „Das Risiko einer Katastrophe wird derzeit an der Börse völlig ausgeblendet“, sagte Krugman im Gespräch mit dem Handelsblatt. Sollte die Finanz- oder die Eurokrise wieder aufflammen, wäre die Regierung Trump völlig unvorbereitet, kritisiert Krugman. „Es gibt kein ökonomisches Team in diesem Weißen Haus. Einige Leute, die den Präsidenten beraten, sind schlichtweg verrückt.“

 


Vorsicht vor zu viel Trump-Optimismus


Krugman warnt außerdem vor den Folgen einer protektionistischen Politik durch Trump. Es sei unklar, ob sich die neue Regierung an bestehende Regeln halte und die Welthandelsorganisatin als Institution ernst nehme. „Es droht ein Bruch des Handelssystems, wenn die USA tatsächlich einseitig Einfuhrzölle ve rhängen würden“, sagte Krugman. „Das wäre schlecht für alle Beteiligten. Auch die amerikanische Industrie würde leiden. Viele in den USA dürften am Ende schockiert sein“, sagte er.

Auch Marktanalyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets warnte vor zu viel Trump-Optimismus: „Am Ende werden wir von einem großen Vakuum sprechen, wenn der neue Präsident die Versprechen, die er gibt, nicht hält. Damit ist der Risikofaktor für die laufende Rally ganz klar eine enttäuschende Performance Trumps.“

Der Dax wird sein Auf und Ab daher wohl vorerst fortsetzen. In der alten Woche schwankte er bereits kräftig hin und her, auf Wochensicht kam er aber kaum voran und verharrte bei rund 11.660 Punkten. „Der deutsche Aktienmarkt zeigt sich weithin schwankungsanfällig. Eine klare Tendenz konnte der Dax zuletzt nicht etablieren“, sagt Helaba-Experte Schmidt. „Insofern überrascht es nicht, dass sich das technische Bild auf kurzfristiger Basis augenscheinlich eintrübt.“ Auf der anderen Seite würden die Trends im mittel- und im langfristigen Zeitfenster noch immer nach oben zeigen. Die Risikoaversion habe nachgelassen. „Dennoch geben weiterhin die politischen Unsicherheiten den Ton an“, so Schmidt.

Nicht nur Trump treibt die Anleger um. Spannend für Anleger ist auch die Entwicklungen im französischen Wahlkampf. Börsianer sorgen sich, dass die Politikerin Marine Le Pen mit ihrer rechtsextremen Partei Front National die Oberhand gewinnt. Sie will Frankreich aus der Euro-Zone nehmen und – wie die Briten – das Volk über einen EU-Austritt abstimmen lassen. „Bei einem Frexit wäre die Währungsunion kaum noch zu retten“, befürchtet Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. „Ein Austritt Frankreichs aus der EU hätte weit größere Auswirkungen als der Brexit.“ Analysten der Citigroup rechnen damit, dass ein Sieg Le Pens die Anleihemärkte durcheinander bringt und das Verbrauchervertrauen in der Euro-Zone massiv unter Druck gerät.


Quartalszahlen und Konjunkturdaten im Blick

Neben all den politischen Themen gibt es in der neuen Woche auch einige Zahlen. Von der Deutschen Börse beispielsweise kommen Quartalszahlen. Firmenchef Carsten Kengeter wird am Donnerstag erstmals seit Bekanntwerden der Ermittlungen gegen ihn wegen möglichen Insiderhandels öffentlich auftreten. Zudem wollen Anleger wissen, wie es mit der geplanten Fusion mit der London Stock Exchange weitergeht. Diese zieht sich länger hin als geplant.

In der Schweiz legt eine Rivalin der Deutschen Bank Zahlen vor. Bei der Credit Suisse erwarten Analysten am Dienstag einen Verlust von rund zwei Milliarden Franken. Mit Spannung beobachten Anleger auch, wie es im Streit zwischen Volkswagen und Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech weitergeht.

Zudem legen am Donnerstag der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé und der Chemiekonzern Clariant, am Mittwoch der Nestlé-Rivale Danone und am Freitag die Allianz ihre Bilanzen vor.

Außerdem stehen in der kommenden Woche zahlreiche Konjunkturdaten. Am Dienstag zeigt sich, wie stark die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal zugelegt hat. Analysten der DZ Bank rechnen mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Der Index des Mannheimer ZEW gibt ebenfalls am Dienstag einen Einblick über die Konjunkturerwartungen der Börsenexperten. Doch das Geschehen dürfte wohl weiterhin die Politik diesseits und jenseits des Atlantiks maßgeblich bestimmen.

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