Dax-Ausblick Trumps Wahlsieg spaltet Börsenexperten

Wie entwickeln sich Dax & Co. in den kommenden Tagen weiter? Und welche Richtung werden sie langfristig einschlagen? Experten sind nach dem Wahlsieg Donald Trumps uneins über die Aussichten an den Börsen.

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Können Dax & Co. ihre überraschende Rally nach dem Wahlsieg von Donald Trump auch langfristig fortsetzen? Quelle: dpa

Keine andere Frage treibt Aktienanleger nach dem überraschenden Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl stärker um: Welche Richtung werden die Kurse demnächst einschlagen, nachdem sich die stark schwankenden Notierungen meist unerwartet rasch von ihrem ersten Schock erholt haben?
Die Einschätzungen der Experten gehen weit auseinander über die Aussichten an der Wall Street – und auch hierzulande: Es sei klar, dass sich die US-Wähler für einen Kandidaten entschieden hätten, der Aufruhr predige und sich über Kontinuität lustig mache, sagt etwa Leon Cornelissen, Chef-Volkswirt des Vermögensverwalters Robeco. Die Schlussfolgerung des Fachmanns: „Die größere Unsicherheit bedeutet, dass die Rahmenbedingungen für Aktien in den nächsten Wochen negativ sein werden.“

Dem widerspricht Robert Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck – zumindest auf kurze Sicht: Mögliche positive Effekte von Trumps Politik auf den US-Konjunkturtrend könnten nicht nur der Wallstreet zunächst Rückenwind verleihen, sondern auch dem Dax helfen, aus seinem Seitwärtstrend nach oben auszubrechen, mutmaßt der Anlageprofi. „Während aus heutiger Sicht Trumps Pläne für die US-Wirtschaft kurzfristig eher positiv sein könnten, dürften sie langfristig tendenziell negativ sein“, ergänzt Greil allerdings.

Verhalten optimistisch zeigen sich die Marktstrategen der Helaba: Ein Wahlsieg Trumps sei bislang nicht das Basisszenario der Landesbanker gewesen, sagt Analystin Gertrud Traud. Daher habe man die Marktprognosen angepasst. „Die Aktienmärkte werden weiter steigen, wenn auch etwas weniger als bislang angenommen“, so Traud. Den Dax etwa trauen die Fachleute nun bis Ende des Jahres noch einen Anstieg auf 10.800 Punkte zu, was Kurspotenzial von rund einhundert Punkten entspricht. Zuvor lag die Prognose der Helaba bei 11.200 Zählern.


In welche Branchen die Anleger nun umschichten

An den weltweiten Aktienmärkten war vergangenen Mittwoch nach dem unerwarteten Erfolg Trumps der von vielen Experten vorhergesagte massive Einbruch ausgeblieben. Die bedeutendsten Indizes legten stattdessen unter dem Strich sogar mehrheitlich zu: Dem deutschen Leitindex Dax etwa gelang im Wochenverlauf ein Anstieg um knapp vier Prozent. Das US-Bluechipbarometer Dow Jones kletterte sogar auf ein neues Allzeithoch bei 18.873 Punkten.
Anleger schichteten dabei in Branchen um, die mutmaßlich von Trumps künftiger Politik profitieren könnten. Dazu gehörten wegen Spekulationen über geplante Deregulierungen innerhalb der der Finanzbranche unter anderem die Anteilsscheine von Banken.

Zudem setzten Investoren darauf, das vor allem Industrietitel von einem in Aussicht gestellten Infrastruktur-Programm profitieren dürften.
Die Pläne des designierten neuen US-Präsidenten für Zollschranken und eine insgesamt restriktive Handelspolitik drückten dagegen auf die Aktien von Technologie und Internetunternehmen, die in der Regel stark im Ausland engagiert sind: Dividendenpapiere von Apple, Google und Facebook verbuchten teils Tagesverluste von mehr als vier Prozent. "Die Nasdaq kommt unter Druck, weil Trumps Einstellung zum Silicon Valley nicht gerade gut ist", sagt Peter Cardillo, Marktstratege beim Broker First Standard Finacial gegenüber dem Nachrichtendienst Reuters. Auch in Europa legten Technologieindizes in den vergangenen Tagen den Rückwärtsgang ein.

Deutlich abwärts ging es auch mit der europäischen Gemeinschaftswährung: Der Euro gab bis Freitag fünf Tage in Folge gegenüber dem US-Dollar nach. Auf Wochensicht verlor der Wechselkurs mehr als zweieinhalb Prozent an Wert auf 1,085 US-Dollar. Der „Greenback“ verteuerte sich Experten zufolge wegen Trumps geplanter Ausgabenprogramme, die inflationstreibend wirken dürften. Das könnte die geldpolitische Straffung der US-Notenbank Fed beschleunigen. Dazu passt die jüngste Äußerung aus den Reigen der Währungshüter: Die US-Wirtschaft ist nach Ansicht des Vizechefs der Notenbank, Stanley Fischer, für sukzessive Zinserhöhungen gut gerüstet. Die Argumente für solche Schritte seien „ziemlich stark“, sagte der Währungshüter am vergangenen Freitag auf einer Banken-Konferenz in Santiago de Chile.


Drohen nun schneller steigende Leitzinsen?

Die Notenbank sei ziemlich nahe dran, ihre Ziele Preisstabilität und Vollbeschäftigung zu erreichen. Daher könne sie die Konjunktur stimulierende Geldpolitik schrittweise zurückfahren. Die Fed hat eine baldige Erhöhung des seit Dezember 2015 in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent liegenden Leitzinses signalisiert, falls die Wirtschaft auf Kurs bleibt.
Bisher rechnen Investoren mehrheitlich mit einem ersten Schritt im Dezember und zwei Anhebungen im kommenden Jahr. Von anstehenden Konjunkturindikatoren erhoffen sie sich eine Bestätigung ihrer Einschätzung über das Tempo der geplanten Zinserhöhungen: Im Fokus stehen dabei vor allem Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen am Dienstag, da der private Konsum als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft gilt. Am Donnerstag stehen zudem neue Inflationsdaten auf der Agenda.
Hinzu kommen die Konjunkturbarometer der Federal Reserve von New York (Dienstag) und von Philadelphia (Donnerstag). Außerdem äußern sich in der neuen Woche zahlreiche US-Zentralbanker öffentlich.

Diesseits des Atlantik liefert der ZEW-Index am Dienstag Hinweise auf die Stimmung der Börsenprofis. Am selben Tag werden zudem die vorläufigen Zahlen zum deutschen und europäischen Wirtschaftswachstum im dritten Quartal vorgelegt. Ersteres habe im dritten Quartal wegen eines schwächelnden Außenhandels voraussichtlich nur um 0,2 Prozent zugelegt, prognostiziert Commerzbank-Analyst Ralph Solveen. "Womit die Zuwachsrate so niedrig wäre wie zuletzt vor einem Jahr."

Unternehmensseitig richten Anleger ihren Blick auf die auslaufende Bilanzsaison. Aus dem Dax wollen in der neuen Woche der Versorger RWE (Montag) sowie der Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck (Dienstag) ihre Bücher öffnen. Aus dem Ausland haben der britische Mobilfunker Vodafone und der weltgrößte Einzelhändler Wal-Mart aus den USA die Veröffentlichung von Zwischenbilanzen angekündigt.

Mit Material von Reuters

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