Dax-Ausblick Wie lange hält der „Draghi-Effekt“?

Die Europäische Zentralbank hat wieder einmal ein Kursfeuerwerk gezündet. Doch was ist, wenn sich der Rauch lichtet? Einige Analysten bleiben sehr optimistisch. Aber nicht alle. Was die Woche den Anlegern bringt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Notenbanker auf dem Schirm: Händlerin an der Frankfurter Börse. Quelle: dpa

Die erste Adventskerze ist noch nicht angezündet, schon übertreffen sich die Banken mit Prognosen für das nächste Börsenjahr. Bei weniger als 9.500 Punkten dürfte der Dax zum Jahresende 2015 stehen, lautet die Prognose der DZ-Bank. „In einem wachstumsschwachen Umfeld dürfte der Dax deutlich korrekturanfälliger sein als in früheren Jahren“, erklären die Analysten.

Im Jahresverlauf soll der Index zwischen 8.500 und 10.000 Punkten schwanken. „Für konservative Investoren empfehlen sich die von uns geschätzten „Dividendenaristokraten“, für kurzfristig orientierte Anleger könnten sich im 1. Quartal Chancen auf ein Comeback der Zykliker ergeben“, lautet die Empfehlung an die Anleger.

Die Commerzbank ist optimistischer. „Der Dax wird im nächsten Jahr positiv überraschen und auf 10.800 Punkte steigen“, erklären die Analysten des Instituts. Der Beginn der Anleihekäufe der EZB dürfte dem Leitindex einen Schub geben. Auch die Commerzbanker empfehlen Dividendentitel. Die Ausschüttung der Dax-Unternehmen werde um zwölf Prozent auf rund 30 Milliarden Euro steigen. Mit einer Dividendenrendite aller Dax-Titel von 3,1 Prozent im nächsten Jahr könnten Bundesanleihen nicht mithalten.

Goldman Sachs sieht sogar eine kleine Rally bei europäischen Aktien. Im nächsten Jahr könnten Anleger beim Stoxx 600 mit einem Ertrag von elf Prozent rechnen. „Die Lage muss nicht gut sein, damit der Markt einen vernünftigen Ertrag liefert“, schrieben die Strategen um Peter Oppenheimer in einer Studie. Die Gewinne plus eine erwartete Dividendenrendite von 3,5 Prozent würden die Aktienkurse stützen, wobei die Bewertung nur geringfügig steigen werde, da die Risikoprämie sinke, hieß es weiter.

Bis zu diesen renditeträchtigen Zeiten müssen Anleger aber erst einmal die nächste Woche überstehen. Denn Europas Aktienanleger dürften Experten zufolge nach dem kräftigen Kursanstieg am Freitag wohl erst einmal verschnaufen.


„Jetzt können Gewinne mitgenommen werden“

Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte die Spekulationen auf weitere Geldspritzen zuletzt angeheizt - damit bescherte er dem Dax bis zum Handelsende ein Wochenplus von mehr als vier Prozent auf 9732 Zähler. Das ist der höchste Wochengewinn seit Juli 2013. „Damit ist die Luft erst einmal raus“, meint Nord LB-Stratege Tobias Basse. „Der Draghi-Effekt ist in den Kursen enthalten. Jetzt könnten in der neuen Woche Gewinne mitgenommen werden.“

Derzeit herrsche bei den Anlegern ohnehin Orientierungslosigkeit, meint Otmar Lang, Chef-Volkswirt der Targobank. „Die Faktoren, die die Märkte stützen beziehungsweise belasten, gleichen sich gegenseitig aus.“

Das zeige etwa das Beispiel Konjunktur: Während sich die Wirtschaft in den USA robust entwickelt, hinken Europa, Japan und China hinterher. Dort sprächen also weniger die ökonomischen Fakten, als die Hoffnung auf Rückendeckung durch die nationalen Notenbanken für steigende Aktienmärkte.

Aus China wurde am Freitag bereits entsprechende Nervennahrung für die Anleger geliefert: Die Notenbank senkte erstmals seit mehr als zwei Jahren den Leitzins. Sie verbilligte den Schlüsselzins überraschend auf 5,6 von zuvor sechs Prozent.

In Europa hoffen Anleger weiter auf breit angelegte Wertpapierkäufe der EZB. Draghi schürte mit seinen jüngsten Aussagen jedenfalls die Erwartungen auf eine neue Geldschwemme im Kampf gegen eine schwache Teuerung in der Euro-Zone. Die Inflation in der Euro-Zone liegt derzeit bei durchschnittlich 0,4 Prozent, die Zielmarke der EZB liegt bei knapp zwei Prozent.

Anleger dürften deshalb genau auf die Entwicklung der Verbraucherpreise achten, die am Donnerstag anstehen. „Kommt sie, oder kommt sie nicht, die Deflation, das bleibt hier die Frage“, sagt Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors. Die meisten Analysten rechnen damit, dass die Teuerungsrate wegen der niedrigeren Energiepreise leicht gesunken ist.


Die wichtigsten Termine der nächsten Woche

Zum Wochenauftakt steht in Deutschland der Ifo-Geschäftsklima-Index auf der Agenda. Nach sechs Rückgängen in Folge dürfte sich die Stimmung in den Geschäftsetagen kaum noch verschlechtern. Die Experten gehen davon aus, dass der Index nur noch minimal um 0,2 Punkte auf 103,0 Zähler sinkt. Die Konsumlaune in Deutschland dürfte sich aufgehellt haben: Am Donnerstag wird die Gesellschaft GfK Zahlen dazu liefern.

Aus den USA stehen an den beiden Tagen vor dem Thansgiving-Fest am Donnerstag ebenfalls noch eine Reihe Konjunkturdaten an. Dabei stechen vor allem die vom Conference Board (Dienstag) und von der Universität Michigan (Mittwoch) erhobenen Umfragen zum Konsumentenvertrauen ins Auge.

„Beide wiesen zuletzt neue Mehrjahreshochs aus und dürften im aktuellen Berichtsmonat erneut besser ausgefallen sein als im Vormonat“, sagt Thomas Amend von HSBC Trinkaus. Der Konsum fungiere wieder als Wachstumsträger für die US-Wirtschaft. Am Donnerstag bleiben die US-Börsen wegen des Feiertages geschlossen.

Spannend wird es an diesem Tag am Ölmarkt, wenn das Kartell Opec zu seiner Sitzung zusammentritt. Anleger schauen darauf, ob die Organisation Erdöl exportierender Länder auf den Preisverfall reagiert und die Förderung drosselt.

Auf der Unternehmensseite wird Infineon am Donnerstag Einblick in seine Bücher geben. Der Halbleiterkonzern scheint sich im Branchenvergleich gut zu halten. Spannend ist vor allem die Frage, wie es mit der Integration des Milliardenzukaufes International Rectifier weitergeht. Aus den USA liefert Hewlett Packard am Dienstag mit seinen Zahlen Hinweise, wie stark sich der PC-Markt erholen kann.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%