Dax-Bilanzen Anleger müssen oft im Nebel stochern

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Auf Sicht fahren bedeutet nichts anderes, als blind zu sein

Dabei haben die Anlegerschützer Verständnis dafür, wenn Unternehmen in besonderen Umbruchssituationen – etwa aus dem Finanzsektor – oder mit besonders zyklischen oder saisonabhängigen Geschäftsmodellen – etwa Baubranche oder Handel – sich nur schwer quantitativ festlegen können. „In solchen Fällen sollten die Vorstände ihren Aktionären aber immerhin die Parameter nennen, an denen sich die Unsicherheiten festmachen“, sagt der Unternehmensberater Klaus Rainer Kirchhoff.


DSW-Präsident Hocker sieht treffende Prognosen nicht nur als Service des Unternehmens für seine Aktionäre. Der Kapitalmarkt könne daran auch erkennen, wie es um die Qualität des Managements bestellt sei, sprich, ob der Vorstand sein Unternehmen im Griff hat und wie gut er das Geschäft versteht. Nur wer sich wirklich auskennt und informiert ist, kann schließlich Pläne schmieden und Prognosen aufstellen.
Wenn die Geschäftszahlen wesentlich besser ausfallen als vorhergesagt, sei das für den Kapitalmarkt einerseits eine gute Nachricht. Andererseits sehen vor allem Aufsichtsräte solche Abweichungen nach oben unter dem Blickwinkel der Managerqualität und der Zuverlässigkeit durchaus kritisch.


Laut DSW-Studie nützt es Unternehmen wenig, wenn sie ihre Prognosen in Nebel hüllen. Denn gerade bei den Gesellschaften, die das taten, gingen die ohnehin wagen Vorhersagen oft besonders weit an der Realität vorbei. Wer sich im Geschäftsbericht verbindlich festlegt, zum Beispiel eine Umsatzsteigerung von 17 bis 20 Prozent anpeilt, signalisiert dagegen, dass er seinen Laden im Griff hat. Auch auf Analysten wirken solche konkreten Aussagen besonders vertrauenserweckend. Sie trauen sich eine Einschätzung der Aktie eher zu, wenn die Vorstände des Unternehmens genaue Prognosen wagen.
Die auch in manchen Pressekonferenzen von Managern gern verwendete Formulierung „wir fahren auf Sicht“, sehen die Anlegerschützer als Euphemismus, als Beschönigung. Im Klartext bedeute sie laut DSW-Präsident Hocker nichts anderes als dass der Vorstand quasi blind unterwegs sei.

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