Dax-Check Wo sich der Einstieg lohnen könnte
Gute Chancen auf stabile Gewinne, attraktive Dividendenrendite oder vielversprechende Neuentwicklungen. Diese Dax-Unternehmen zählen zu den aussichtsreichen Kandidaten für das Aktienportfolio 2012.
BMW
Dem alten Reflex, dass bei lahmender Konjunktur Autowerte aus dem Depot fliegen, konnte sich BMW bisher besser widersetzen als Konkurrent Daimler. BMW setzt voll auf neue Techniken, treibt Kooperationen mit Peugeot, Toyota und General Motors zur Entwicklung von Elektro- und Hybridmotoren voran und entwickelt eine Autokarosse aus leichten Karbonfasern.
Wer den Ökoauto-Weg mitgehen will, sollte wissen, dass er holprig werden kann. Doch Jürgen Pieper, Autoexperte der Privatbank Metzler, hält die Münchner personell und finanziell für stark genug, um Fortschritte zu erzielen. „BMW zahlt die Pionierkosten, weniger innovative Hersteller warten ab, was herauskommt“, sagt Pieper. Ab 2013 könnte das belohnt werden, dann soll mit dem i3 ein BMW-Elektroauto im Karbonmantel starten. Missglückt das Experiment, leidet auch die Aktie.
Das im Februar startende neue 3er-Modell bringt wenig Neues, außer etwas Spritersparnis. Die BMW-Oberklasse ist mit der schlechten CO2-Bilanz nicht zeitgemäß. Käufer in Schwellenmärkten stört das aber nicht. Nur deren Regierungen sind kreativ beim Einführen von Straf- und Luxuszöllen, jede Nachricht dazu drückt den Aktienkurs. Im langjährigen Mittel ist die Marke mit Weltrang derzeit günstig zu haben, inklusive eines Wachstums in Schwellenmärkten, das noch jahrelang mögliche Rückgänge beim Verkauf in Europa ausgleichen kann.
Daimler
Viel ist von BMW die Rede, noch mehr von Audi, wenn es um die Verkaufserfolge der Oberklasse-Automobile geht. Etwas stiefmütterlich wird dagegen Daimler beachtet. Das schlug sich auch an der Börse nieder: Die Kursperformance der Stuttgarter war in den vergangenen zwölf Monaten deutlich schlechter als diejenige der anderen deutschen Autobauer. Bei Licht betrachtet zu Unrecht. Denn auch Mercedes lieferte fleißig Wagen, Busse und Vans in alle Welt und tariert dabei seine geografischen Risiken fein aus.
Jeweils rund ein Fünftel seiner Erlöse erzielte der Konzern zuletzt in Asien, den USA, in Deutschland, in Westeuropa (ohne Deutschland) und im Rest der Welt. In der Produktpalette ist noch Luft für kleinere Modelle, die sich die anderen Premiumhersteller mit Mini, 1er, A1 & Co. ja schon teuer bezahlen lassen. Zudem lassen die Spritverbräuche im Vergleich noch zu wünschen übrig. Trotz allem glänzt der Stern nicht so matt, wie die derzeitige Börsenbewertung von 35 Milliarden Euro signalisiert. Demnächst entledigt sich Daimler der Hälfte seines Anteils (15 Prozent) am Luftfahrtkonzern EADS. Das befreit und setzt Mittel frei. Die Dividendenrendite ist nicht zu verachten, Anleger kaufen an schwachen Tagen einige Stücke.
Deutsche Post
Seit Jahren verschicken die Deutschen weniger Briefe. Das Geschäft floriert trotzdem. Zum einen verschicken Unternehmen mehr Rechnungen und Werbebriefe, zum anderen bestellen immer mehr Privatleute Waren im Internet. Einen Großteil liefert die Post aus. So stieg die Anzahl der Pakete von Geschäftskunden in den ersten neun Monaten um elf Prozent, der Paketumsatz in Deutschland legte insgesamt um acht Prozent zu. Hinter dem Erfolg der Post, die ihre Gewinnschätzung vor Zinsen und Steuern (Ebit) für 2011 im November von 2,2 bis 2,4 auf über 2,4 Milliarden Euro angehoben hat, steckt aber vor allem das internationale Logistikgeschäft unter der Marke DHL.
Schon heute bringt das Ausland 68 Prozent des Post-Umsatzes; auch für 2012 erwartet die Post ein erfolgreiches Jahr. Während die Post in den vergangenen Jahren noch hohe Summen in den Konzernumbau stecken musste, profitiert sie nun von der Konzentration auf ihr Kerngeschäft. So stieg der freie Cash-Flow in den ersten neun Monaten auf 480 Millionen Euro (plus 47 Prozent). Außerdem hortet die Post 2,8 Milliarden Euro Bargeld und kommt auf 592 Millionen Euro Nettoliquidität. Bis 2015 werde der Geldberg auf 4,5 Milliarden Euro und damit auf ein Drittel des aktuellen Börsenwerts steigen, schätzt die Commerzbank.
Jetzt denkt die Post über eine Sonderdividende nach. Schon mit den 0,65 Euro für 2010 kommen Aktionäre auf fast sechs Prozent Rendite. Mit der Ausschüttung von 40 bis 60 Prozent des Nettogewinns will die Post sie auch künftig bei Laune halten. Erfolg erhöht aber den Druck: Verdi fordert für Postler sieben Prozent mehr Lohn, die Monopolkommission will mehr Wettbewerb, da der Marktanteil der Post-Konkurrenten bei zehn Prozent stagniert.
Deutsche Telekom
Die Telekom wird langweilig – und für Aktionäre interessant. „Größere Akquisitionen“ und Schwellenländerabenteuer seien „nicht geplant“, verspricht der jüngste Quartalsbericht. Künftig will sie sich vor allem auf Europa konzentrieren, allen voran Deutschland, wo die Telekom 2011 noch rund 40 Prozent ihrer erwarteten 59 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Wachstumsfelder sind DSL- und TV-Angebote sowie mobiles Internet, das bis 2015 zehn Milliarden Euro Umsatz bringen soll.
Schwach entwickelt sich das Geschäft der griechischen OTE, an der die Telekom 40 Prozent hält. Bislang macht sie dort sechs Prozent ihres Umsatzes und sieben Prozent des Gewinns vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda). Ein anderes unrühmliches Kapitel wollte die Telekom beenden: Ende März hatte sie den Verkauf ihrer Tochter T-Mobile USA für rund 28 Milliarden Euro bekannt gegeben. Doch der Verkauf ist geplatzt, Kaufinteressent AT&T zog sein Angebot Mitte Dezember wegen der Widerstände der Aufsichtsbehörden zurück. Als Ausgleich soll die Telekom immerhin 2,3 Milliarden Euro Ausgleichszahlung in bar bekommen und darf das AT&T-Netz mitnutzen. An den Gewinnprognosen soll der geplatzte Deal laut Telekom nichts ändern.
Die Chancen auf stabile Gewinne sind dank Kostensenkungsprogrammen gut. Solange die Telekom ihren freien Mittelzufluss bei 6,5 Milliarden Euro hält, sind auch die versprochene Mindestdividende von 0,70 Euro und fast acht Prozent Dividendenrendite nicht in Gefahr.
Fresenius Medical Care (FMC)
Der Bedarf, schwer nierenkranken Menschen durch eine Dialyse (Blutwäsche) zu helfen, wächst weiter. In den Industrieländern nimmt die Zahl älterer Menschen zu; in den Schwellenländern können sich viele Kranke dank mehr Wohlstand eine Behandlung leisten. FMC ist weltweit führend bei der Dialyse. Derzeit versorgt das Unternehmen 230 000 Patienten, neun Prozent mehr als vor einem Jahr.
FMC expandiert stark durch Zukäufe. 2011 übernahmen die Bad Homburger zwei kleinere Konkurrenten in den USA, dem wichtigsten Markt für das Unternehmen – deshalb wird auch in Dollar bilanziert. Fast 13 Milliarden Dollar hat FMC im abgelaufenen Jahr umgesetzt, 2012 können es mehr als 14 Milliarden Dollar werden. Bis 2020 versprechen die FMC-Manager pro Jahr durchschnittlich rund sechs Prozent mehr Umsatz. Das entspricht etwa dem bisherigen Wachstumstempo. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Geschäftsvolumen verdreifacht, die Gewinne haben sich vervierfacht – auch wenn es 2011 nur 1,07 Milliarden Dollar statt wie angepeilt 1,09 Milliarden geworden sind.
Offene Flanke von FMC ist die Verschuldung, die etwa beim 2,8-Fachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation liegen. Standard & Poor’s bewertet FMC als spekulatives Unternehmen. Die stabilen Einnahmen aus dem laufenden Geschäft begrenzen allerdings das Risiko. Billig ist die Aktie nicht mehr, deshalb nur an schwachen Tagen nachfassen.
Fresenius
Um sechs Prozent, so eine Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger, legt der weltweite Gesundheitsmarkt pro Jahr zu. Durch mehr Kaufkraft, medizinischen Fortschritt und eine immer älter werdende Bevölkerung kann sich das jährliche Gesamtvolumen medizinischer Produkte und Leistungen von derzeit 5,7 Billionen Dollar bis zum Jahr 2030 auf 20 Billionen Dollar erhöhen. Dieser große Trend macht die Aktien des Gesundheitskonzerns Fresenius, der 2012 rund 18 Milliarden Euro umsetzen dürfte, zu einem aussichtsreichen Investment.
Gut die Hälfte zum Fresenius-Umsatz steuert die ebenfalls im Dax notierte Tochter FMC bei (siehe dort), die als Dialyse-Marktführer vor Rekordzahlen steht. Mit Zukäufen von FMC-Aktien hält der Mutterkonzern Fresenius seinen Anteil stabil bei über 30 Prozent und sichert sich damit » » die entscheidende Mehrheit. Ebenfalls zulegen wird der Geschäftsbereich Kabi (Infusionen, intravenös verabreichte generische Arzneimittel, klinische Ernährung). Hier zahlt sich der Zukauf des amerikanischen Generikaherstellers APP Pharmaceuticals aus. Kabi dürfte 2012 ein Viertel zum Fresenius-Umsatz beisteuern.
Drittes Standbein ist die Krankenhaussparte Helios. Durch Übernahmen (zuletzt die norddeutsche Klinikgruppe Damp und die Mehrheit am Katholischen Klinikum Duisburg) steigt Helios zum größten privaten Krankenhausbetreiber Deutschlands auf. 2012 stehen weitere Zukäufe auf dem Plan. Mit der guten Entwicklung von Kabi und Helios gleicht Fresenius die bisherige Dominanz des Dialysegeschäfts aus. Für Anleger ist das ein Vorteil, der das Risiko eines Investments in Fresenius-Aktien um eine Stufe senkt.
Merck
Das Medikament Rebif (gegen multiple Sklerose) von Merck hat von der Europäischen Arzneimittelbehörde eine Empfehlung für eine erweiterte Anwendung bekommen. Aller Voraussicht nach folgt die EU-Kommission diesem Vorentscheid. Rebif, mit rund 1,7 Milliarden Euro Jahresumsatz das wichtigste Medikament von Merck, wird damit weiterhin die Stütze des Pharmageschäfts sein. Dennoch werden die nächsten Jahre nicht einfach.
Die Darmstädter müssen dringend ihr Angebot an neuen Medikamenten ausbauen. Um Kosten und Risiken überschaubar zu halten, wird Merck vermehrt mit kleinen Pharmaspezialisten zusammenarbeiten. Vielversprechend wäre eine verbesserte Version des Blockbusters Erbitux (gegen Krebs). Stärker als im Pharmageschäft hängt Merck in seinem zweiten Geschäftsbereich, der Sparte Chemie, von der allgemeinen Konjunkturentwicklung ab. Kern ist das Geschäft mit Flüssigkristallen für Displays und Bildschirme, das 2012 leicht rückläufig sein dürfte. Einen Ausgleich verspricht das stabile Geschäft des 2010 gekauften US-Laborausrüsters Millipore.
Insgesamt hat Merck eine gute Chance, nach einem schwächeren Jahr nun 2012 den Gewinn wieder deutlich zu erhöhen. Nach dem schwachen Kursverlauf der vergangenen Jahre bietet die Aktie durchaus Nachholbedarf. Für einen Pharmawert birgt das Papier aber ein hohes Risiko.
SAP
Über die deutsche Softwarebranche wird gern gejammert, sie sei global wenig konkurrenzfähig, das Internet habe sie verpennt, mit dem Silicon Valley könne sie nicht mithalten; immer weniger auch mit Südwest-London und Bangalore in Indien. In SAP, der einzigen deutschen Softwarefirma von Weltrang, spiegelten sich die Untugenden wider: Wachstumsschwäche und mangelnde Zukunftsfähigkeit. Doch das stimmt nicht.
Der schlechte Ruf stammt noch aus den 2000er-Jahren, als SAP sich auf dem Erfolg von SAP-R/3 ausruhte und der Hybris erlag, ohne jene Standardsoftware für Einkauf, Personal, Vertrieb und Controlling könne kein Unternehmen der Welt mit über 500 Mitarbeitern mehr leben. Zu leiden hatten SAP-Aktionäre, weil die Aktie dem Kursverlauf anderer Softwarepapiere oft hinterherhinkte.
Inzwischen hat sich SAP eine gute Position in den Schwellenländern erarbeitet; neun von zehn indischen Unternehmen etwa laufen schon auf SAP. Mit dem Kauf von Success-Factors nimmt SAP den Kampf um den Zukunftsmarkt Cloud Computing (Programme, Rechner-Kapazität und Speicher nicht mehr kaufen, sondern bei Bedarf im Internet mieten) gegen Oracle, IBM und Salesforce.com an. Der Cloud-Markt wächst um 20 Prozent im Jahr.
Siemens
Wer passiven Indexfonds (ETFs) misstraut, kann sich auch einfach die Aktien von Siemens ins Depot legen. Keine andere Dax-Aktie läuft auf Dauer so ähnlich wie der Dax: 2011 betrug die Korrelation zwischen dem Kursverlauf von Siemens und dem des Dax fast eins (0,96). 2012 könnte sich das aber ändern. Denn der Münchner Konzern steht insgesamt besser da als die meisten Unternehmen im Auswahlindex. Siemens spürte im vierten Quartal (bis 30. September) zwar auch die bevorstehende Konjunkturabschwächung, allerdings weit glimpflicher als erwartet. So sank der berichtete Auftragseingang um 2,0 Prozent; währungsbereinigt legte er leicht zu auf 21,16 Milliarden Euro.
Der Umsatz stieg, dank eines guten Industrie- und Energiegeschäfts, sogar nochmals an; währungs- und portfoliobereinigt um 9,0 Prozent auf mehr als 20 Milliarden Euro. Weiter positiv: die sogenannte Book-to-Bill-Ratio, das Verhältnis neuer Aufträge zum aktuellen Umsatz, liegt deutlich über eins und signalisiert, dass Siemens auch 2012 gut ausgelastet sein wird. Auch wenn Aufträge im Fall eines weltweiten Abschwungs natürlich storniert werden könnten: Krise oder gar Konjunktureinbruch sehen anders aus. Nur der Gewinn blieb zuletzt mit 1,23 Milliarden Euro leicht hinter den Erwartungen. Schuld waren Abschreibungen im Gesundheitssektor.
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