Dax-Geschäftsberichte 2016 Es hapert bei den Prognosen

Unternehmensprognosen sind ein wichtiger Hinweis auf die künftige Geschäftsentwicklung und auf die Qualität des Managements. Eine Studie zeigt: Nicht alle Berichte der Dax-Konzerne sind wirklich aussagekräftig.

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Anlegerschützer fordern von Unternehmen möglichst präzise Prognosen. Quelle: dpa

Frankfurt Unternehmensprognosen sind für Anleger extrem wichtig: Sie sind nicht nur eine Hilfe, wenn es darum geht, die Entwicklung der Geschäftszahlen im nächsten Jahr einzuschätzen. Die Zielgenauigkeit der Prognosen, also ihre Überprüfung im Rückblick, ist zudem ein bedeutender Hinweis auf die Qualität des Managements.

Beim Blick auf die Prognoseberichte der 30 Dax-Konzerne für das Geschäftsjahr 2016 lässt sich immerhin eines sagen: Sie sind minimal besser als die des Vorjahres. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Beratungsgesellschaft Kirchhoff Consult. Demnach hat sich kein Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, eines konnte sich sogar deutlich verbessern. Zufrieden geben sich die Anlegerschützer damit aber noch nicht: „Die Prognoseberichte sind leider nicht in allen Fällen wirklich aussagekräftig“, bemängelt DSW-Präsident Ulrich Hocker.

Die Studienautoren teilen die Prognoseberichte der Unternehmen in die drei Kategorien hohe, mittlere und niedrige Transparenz. Um in die Kategorie „hohe Transparenz“ eingestuft zu werden, muss ein Unternehmen unter anderem einen quantitativen Ausblick zum Konzernergebnis und den Segmentergebnissen für das Jahr 2017 sowie umfangreiche quantitative Prognosen zur Konzernentwicklung gegeben haben. Dazu zählen beispielsweise Angaben zu Investitionen oder der Dividendenpolitik.

Immerhin zwölf Dax-Konzerne haben es dieses Mal in die höchste Kategorie geschafft, nach elf Unternehmen im Vorjahr. Neu hinzugekommen ist BASF. Daneben sind die Experten auch mit den Prognoseberichten von Allianz, Bayer, Continental, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Fresenius, Linde, Munich Re, Siemens, Thyssen-Krupp und Volkswagen sehr zufrieden.

Als ein positives Beispiel für präzise Angaben zur Ergebnisprognose hebt Klaus Rainer Kirchhoff, Gründer und Chef von Kirchhoff Consult, unter anderem eine Formulierung des Gesundheitskonzerns Fresenius hervor: „Das Konzernergebnis soll währungsbereinigt um 17 bis 20 Prozent steigen.“ Auch der Rückversicherer Munich Re macht Kirchhoff zufolge klare Ansagen: „Dennoch streben wir für 2017 ein Konzernergebnis von 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro an.“


Die Länge ist kein Hinweis auf die Qualität.

Wie im Vorjahr schaffen es elf Dax-Konzerne in die Kategorie „mittel“. Doch die Experten schreiben immerhin sieben Unternehmen eine „niedrige Transparenz“ bei ihren Prognoseberichten ins Zeugnis. „Unternehmen mit niedriger Transparenz verzichten grundsätzlich auf quantitative Prognosen zur Ertragslage und größtenteils zur Finanzlage“, erklärt Kirchhoff. Ein Beispiel gibt er aus dem Geschäftsbericht von Heidelbergcement: „In Anbetracht der Annahmen zur Umsatz- und Kostenentwicklung rechnen wir für das Jahr 2017 mit einer moderaten Steigerung des Ergebnisses des laufenden Geschäftsbetriebs...“ Neben dem Baustoffkonzern fallen auch die Berichte von Beiersdorf, Commerzbank, Daimler, Deutsche Bank, Deutsche Lufthansa und Merck bei DSW und Kirchhoff durch.

Der Umfang der Berichte sei indes kein Indiz für die Qualität und Transparenz der Prognose, betont Kirchhoff: Sowohl die beiden zweitlängsten Prognoseberichte mit jeweils zehn Seiten von Deutsche Bank und Heidelbergcement als auch der kürzeste, nur zweiseitige Bericht von Beiersdorf fallen in die Kategorie „niedrige Transparenz“.

Auch die Treffsicherheit der im Geschäftsbericht 2015 abgegebenen Prognosen nahmen die Experten unter die Lupe: „Von unplanbaren externen Einflüsse einmal abgesehen, sind deutlich Unter- und Überschreitungen der Planzahlen gleichermaßen ein Zeichen für Schwierigkeiten des Managements, die Entwicklung des Marktes, in dem das jeweilige Unternehmen sich bewegt, korrekt zu bewerten“, betont DSW-Präsident Hocker.

Von den 23 Unternehmen, die quantitative Ergebnisprognosen abgaben, lagen viele richtig: In 14 Fällen wurden die Ergebniserwartungen größtenteils erfüllt, in sieben Fällen sogar übertroffen. Nur zwei Konzerne unterschritten in diesem Jahr ihre quantitative Prognose aus dem letztjährigen Geschäftsbericht – nämlich Eon und Thyssen-Krupp. Die sieben Unternehmen mit nur qualitativen Ergebnisprognosen waren insgesamt weniger treffsicher. Drei Firmen konnten offenbar selbst diese Prognosen nicht einhalten.

Hocker bedauert zudem, dass die Unternehmen immer weniger bereit seien, auf freiwilliger Basis auch längerfristige Prognosen abzugeben, die über den vorgeschriebenen Ein-Jahres-Zeitraum hinausgehen. Nach 14 Gesellschaften, die vor zwei Jahren eine quantifizierbare längerfristige Prognose wagten, sind es jetzt nur noch sechs.

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